Erstellt am: 7. 4. 2011 - 17:30 Uhr
Quetsch 'n' Roll
"und wieda draht si olles,
und weida geht die show,
wir bleim jo no a zeidl do,
we don't wanna go."
(Attwenger - "Trip")
Die bloße Lust am gemeinsamen Spielen, am Machen, am Auftreten - das sei laut eigener Aussage die wichtigste Triebfeder von Attwenger, der Grund, warum das markante Ziehharmonika-und-Schlagzeug-Duo auch am siebten Studioalbum noch genauso lebendig wirkt wie vor 20 Jahren. Hans Peter Falkner und Markus Binder entgegnen verschwurbelten Journalist/innen-Fragen stets mit klaren, unverblümten Antworten. Geradliniges Auftreten und Bodenständigkeit statt künstlichem Verkomplizieren und "hintn umi" gehen: "kumm liaba von vurn, donn homma olle wos davau".
Fluxus
Keine Metaebenen, keine aufwändigen Verpackungen, keine Distanz zum Publikum: Attwenger ist, was es ist oder was man jeweils daraus machen möchte. Das ist zwar kein neuartiger Zugang zu künstlerischer Arbeit, aber einer, der von Binder und Falkner seit Beginn ihrer Karriere vorgelebt wird - einfach deshalb, weil das ihrer Wesensart entspricht. Die Fluxus-Bewegung aus den 1960er Jahren agierte von einer ähnlichen, wenn auch ideologisch prägnanteren Grundidee aus: Die Idee des Kunstwerkes sollte dekonstruiert und die Verschmelzung von den Schaffenden mit ihrem Publikum vorangetrieben werden.
Weiterlesen: über die Geschichte von Attwenger.
Rein musikalisch fließt es beim Attwenger-"Flux" aber weitaus nicht so experimentell wie bei originalen Fluxus-Vertretern wie George Brecht oder John Cage, die etwa mit Wassertropfen und Stille musiziert haben. Ganz im Gegenteil: Wie schon bei den Vorgängeralben "dog" (2005) und "sun" (2002) wird auch auf der aktuellen Platte der verstärkte Quetschn-Pop ein weiteres Mal in unterschiedlichen Formen, Geschwindigkeiten und Laufzeiten ausgespielt: Von der 1-Minute-21-Sekunden-Sprachspielerei mit Punk-Anmutung ("Woat") über Power-Landler mit Hang zum Zungenknoten ("Durchdrahn") bis hin zu mit Kopfnicker-Grooves unterlegten Sprechgesang-Geschichten ("Proberaum") wirkt jede neue Nummer auf "Flux" wie das Öffnen eines Überraschungs-Eis. Neu hinzugekommen ist ein von der Band in jüngsten Jahren entwickeltes Faible für klassischen Rock 'n' Roll.
Die normative Kraft des Faktischen
Ebenso zwingend wie die Geradlinigkeit von Binder und Falkner als Personen und Musiker ist ihr traditionelles Spiel mit der Sprache: Dialekt-Worte und -Ausdrücke werden durch den phonetischen Reißwolf gedreht und anschließend mantraartig bis übersprudelnd wieder aneinander gereiht. Wie schwierig das vor allem bei der Wiedergabe ist, kann man an sich selbst erfahren. Um schnelle Attwenger-Stücke, etwa "Kugl" oder "Kantri", mitsingen zu können, bedarf es einiges an Übung und Konzentration.
Das siebente Studioalbum von Attwenger, "Flux", ist auf Trikont erschienen.
Trikont
Die nächsten Live-Termine:
- 8. April: Wien/Flex
- 9. April: Wien/WUK
- 11. April: Zell am See/Burg Kaprun
- 15. April: Wien/Flex
Alle weiteren Tour-Termine in Deutschland und Österreich gibts hier.
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Ein paar Lieder am neuen Album sind wieder konkreten Themen und kritischen Stellungnahmen gewidmet, darunter das bereits genannte "Hintn umi" und die schlaue Schmähschrift "Internet ged", die unreflektierte Online- und News-Hysterie hinterfragt. Ein konzeptueller Attwenger-Klassiker, der auch auf "Flux" ein Wiedersehen an mehreren Stellen erlebt, ist das Herausstellen substanzieller Fakten und Notwendigkeiten. So wie es bereits 1992 klar war, dass "wer koan rahm ned hot" auch "kan rian" kann, finden sich in aktuellen Stücken wie "one" nun weitere, ausgefeilt formulierte Attwenger-Unbedingtheiten.
"one gwond bist du nockat,
one pflug wird ned g'ockert,
one berg is ois eben,
one herz konnst ned lebn,
one hirn konnst ned denga,
one uns kane attwenger,
one attwenger wärs enger,
oba wir bleim eh no länga."