Erstellt am: 2. 4. 2011 - 13:39 Uhr
Hilfe die Touris kommen!
Wie durch ein Wunder ist es jetzt doch warm geworden in Berlin, das erste Grün sprießt, der Frühling ist da. Die Menschen kriechen aus ihren Wohnungen, gehen durch die Straßen und in die Parks und müssen aber erkennen: Sie sind nicht alleine, es sind noch sehr viele andere da- denn im Frühjahr fängt die Touristensaison an. Vor allem im Stadtteil Kreuzberg leidet man unter den vielen Besucher aus aller Welt.
Die Kreuzbergbesucher schauen sich nämlich keine Museen oder Sehenswürdigkeiten an, sie sind hier um das Lebensgefühl eines Stadtteils zu besichtigen und in den vielen Clubs und Bars Halli Galli zu machen. Sind sie in der Überzahl kommt sich der Stadtbewohner manchmal vor wie im Zoo.
Die Berliner Grünen wollen ja gerne nach den nächsten Wahlen die Bürgermeisterin stellen und sich deshalb bei den Berlinern beliebt machen. So hingen sie vor zwei Wochen im hinteren, linksalternativen Teil Kreuzbergs giftgrüne Plakate mit der Aufschrift „Hilfe die Touris kommen“! aus und luden zu einer Bürgerversammlung ein. Dort wunderten sich die Initiatoren darüber, wie viel aufgestauter Ärger ihnen entgegen schlug.
Der Kreuzberger, eigentlich berühmt für seine Toleranz, mit der er in seinem „Problemviertel“ seit Jahrzehnten mit Dingen fertig wird, die in anderen Bezirken zu großen Auseinandersetzungen führen würden, dieser erztolerante Kreuzberger verzweifelt so langsam an den durch die Straßen marodierenden Hostelhorden, und anderen Auswirkungen des Billigtourismus: Alteingesessene Geschäfte machen Billig-Fressläden Platz, immer mehr Wohnungen werden zu Ferienwohnungen. Die Mieten steigen, es kommt zur Verdrängung. Gleichzeitig sinkt die Lebensqualität wenn Kreuzberg zu einem Freizeitpark, in dem die jungen Erwachsenen aus aller Welt anders als in ihren reglementierteren Heimatorten die Sau raus lassen können. Die Ballermannisierung des Viertels ist zu befürchten.
Christiane Rösinger
Und so seufzt manch einer dieser Tage: Früher hat man sich immer so auf den Sommer gefreut, weil der Berliner Winter so schlimm ist. Jetzt ist es im Sommer so furchtbar, dass man sich auf den Winter freut, weil da die Touristen weg sind!
Die Berliner Tageszeitung taz berichtete am Freitag von geplanten drastischen Maßnahmen gegen die Tourifizierung des Bezirks. So denke man bei den Grünen darüber nach die Sperrstunde, nach Kriegsende von den Alliierten abgeschafft, nun wieder einzuführen – um so für Ruhe zu sorgen und gegen den Ruf Berlins als Partyhauptstadt Europas anzugehen.
Christiane Rösinger
Wer sich aber über blödsinnigen Vorschlag wunderte und aufregte, den beruhigte ein Blick auf den Kalender: Es war der 1. April.