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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

1. 4. 2011 - 20:43

Fußball-Journal '11-26.

Verantwortung übernehmen. Was das Gfrastsackl über den Aufsichtspflicht-Vernachlässiger erhebt.

Bundesliga, Meisterschaft und der Cup, der ÖFB und das Nationalteam, das europäische Geschäft, der Nachwuchs und die vielen Irrsinnigkeiten im Umfeld: Das Fußball-Journal '11 begleitet nach dem Jahr 2010 auch das neue Jahr wieder ungeschönt und ohne Rücksichtnahme auf Skandalisierungen und die Stillhalte-Abkommen, die den heimischen Fußball-Journalismus so mutlos daherkommen lassen.

Heute mit dem "Vorabdruck" einer Kolumne, die ich für die April-Ausgabe der Mitglieder-Zeitschrift der VdF, der "Vereinigung der Fußballer", den "Spieler" verfaßt habe.

Anlaß: die von Österreich und anderen Mainstream-Medien gierig als Kampagne aufgeblasene Arnautovic vs Maierhofer-Kabinengeschichte, die dem ÖFB und seinem planlosen Chefcoach Dietmar Constantini wie gerufen kommt um von der verheerenden Performance der Nationalmannschaft abzulenken.

Marko Arnautovic ist das, was man in Wien ein „Gfrastsackl“ nennt; ein unangenehmer Typ, dem man besser aus dem Weg geht - denn dort, wo er sich herumtreibt, ist immer etwas los – und sein Temperament garantiert, dass das zumeist nichts Leiwandes ist. Die Diskussion ob die unglaublich lässigen, aber seltenen positiven Arnauto-Aktionen den ganzen Ballyhoo drumherum auf- oder sogar überwiegen, spar‘ ich mir jetzt. Das ist Geschmackssache, da geht es um Toleranzschwellen und die sind individuell verschieden.

Eines kann man Arnautovic aber nicht vorwerfen. Angestachelt durch etwas, was er in einer Welt aufgeschnappt hat und ein bissl diffus für „Ehre“ hält, hat er ein Gefühl für Verantwortung entwickelt.

Das ist deshalb so bemerkenswert, weil es so selten ist. Gerade im Profi-Fußball, vor allem in österreichischen: Verantwortung übernehmen. Alfred Hörtnagl hat das unlängst getan, in einem Akt der seinesgleichen sucht – und die Sesselpicker-Fraktion blamierte.

... aus halbstarke Art verantwortlich ...

Arnautovic fühlte sich in seiner halbstarken Art verantwortlich dafür, dass die Chance ins Türkei-Spiel zurückzukommen vergeben wurde. Weil er den Elfer in der Schlußphase schießen wollte; und weil er den Ball dem Alpha-Riesen Maierhofer überlassen musste. Maierhofer wuchtete den Elfmeter dann so wie er halt spielt: ungestüm und unbedarft.

Und Arnautovic war heiß; auch auf den Langen, mehr aber über sich selber und seine mangelnde Durchsetzungs-Kraft.

In diesem Hahnenkampf in der Kabine fragte Maierhofer dann provokant nach: was denn seine Leistung gewesen wäre, um hier Ansprüche stellen zu können. Eigentlich eine Frechheit, denn Arnautovic‘ Leistung sollte jedem Teamspieler bewußt sein: er ist der einzige sichere Elferschütze. Scharner gegen Kamerun, Fuchs gegen die Schweiz, Klein gegen Griechenland, Maierhofer gegen die Türkei – allesamt Strafstoß-Versager. Arnautovic gegen Holland – der einzige der in diesem Jahrzehnt überhaupt getroffen hat.

... am Beispiel der totalen Elfer-Wurschtigkeit ...

Klar ist es doof, wie sich sein Verantwortungsgefühl äußert – aber die Tatsache dass sich das Gfrastsackl um sowas Gedanken macht, stellt ihn über die Anderen. Deutlich.
Auch über den Coach. Der hat sich nämlich trotz seiner verheerenden Elfer-Bilanz nie Gedanken gemacht, nie Initiative gezeigt und demonstriert nach außen und innen totale Wurschtigkeit.

Zitate/Beispiele gefällig?

Im Kamerun-Match wurde niemand bestimmt, im Schweiz-Spiel soll es einen Zweier-Vorschlag gegeben haben: die Namen wollte Constantini aber nicht verraten.

Im Griechenland-Spiel gab eine Vierer-Liste an Schützen, sagt er. Aber: auf Nachfrage kannte ein Spieler die vier Namen auf dieser Elfer-Liste.

... wenn Heißgeher auf Achselzucker treffen...

Nach dem Türkei-Match sagt Constantini, es störe ihn nicht, dass sich die Kicker die Ausführung des Strafstoßes untereinander ausmachten:“ Wenn ich jemanden bestimme, verschießt der vielleicht auch". Nachsätze: "Wir werden schauen, dass wir keinen Elfer mehr zugesprochen bekommen." - "Ich kann mich nicht darüber aufregen, dass er verschossen hat, weil ich selbst kein hochklassiger Kicker war.“

Genauso sieht das dann auch aus: ein Teamchef, dem‘s wurscht ist, wer schießt – auch angesichts einer absurden 80%-Fehlerquote – sagt damit eindeutig, dass es ihn nicht interessiert. Verantwortung zu übernehmen. Und was so eine Achselzuck-Haltung den Spielern vermittelt, muss ich nicht extra erwähnen.

Ein Spieler, der sich kümmert, leistet mehr als ein Coach, der sich nix schert; selbst wenn der Spieler ein Gfrastsackl ist. Denn ein Gfrastsackl mit Verantwortungs-Bewußtsein tut mehr für sein Team als jemand der seine Aufsichtspflichten vernachlässigt.