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Burstup

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31. 3. 2011 - 15:45

Nuklearer Notstand?

Zwanzigfach höhere Grenzwerte: Eine Bestimmung zur Abwehr von Lebensmittelknappheit wird auf japanische Importe in Europa angewandt. "Absurd", sagen Experten.

Fast jeden Tag kommen neue Schreckensmeldungen aus dem Atomkraftwerk in Fukushima. Auch im Ausland steigt die Nervosität, vor allem wegen radioaktiv belasteter Lebensmittel, die auf dem Teller landen könnten. In Japan sind Milch, Gemüse und Trinkwasser verstrahlt - außerdem steigt die Belastung des Meerwasser bei Fukushima ständig an, mit noch unbekannten Auswirkungen auf den Fischbestand. Die EU aber hat ihre Einfuhrbestimmungen nicht etwa verschärft, sondern die Höchstwerte für Radioaktivität japanischer Lebensmittel angehoben - und zwar gleich um das zwanzigfache.

Japanische Nudeln

flickr.com/paldies

Grundlage für die Erhöhung der Grenzwerte ist eine Bestimmung, die nach dem Super-GAU von Tschernobyl eingeführt wurde. Darin heißt es, im Falle eines "nuklearen Notstandes" könnten die Höchstgrenzen angehoben werden, um eine drohende Nahrungsmittelknappheit zu verhindern. Franz Floss, Geschäftsführer des Vereins für Konsumenteninformation, sagt, ein solcher Notstand sei in Europa derzeit nicht gegeben: "Bei Tschernobyl war es so, dass die Radioaktivität in Österreich deutlich meßbar war. Das ist jetzt erstens nicht der Fall. Und zweitens: Nur 0,05 Prozent der Importe sind aus Japan. Daher ist die Anhebung der Grenzwerte unsinnig. Sie ist eine Fleißaufgabe, die nur zu Verwirrung führt." Für Österreich sei es aber schwer, eigene Bestimmungen zu erlassen, sagt Floss: "Es gäbe die Möglichkeit, niedrigere Grenzwerte zu verordnen, wenn es die Gesundheit in Österreich erfordert. Bei 0,05 Prozent der Importe wird das aber schwer zu argumentieren sein."

Die neuen Grenzwerte der EU gelten für radioaktives Jod und Cäsium in Lebensmitteln. Andere, viel schädlichere Stoffe würden dagegen nicht untersucht, sagt Floss, der nicht nur Konsumentenschützer, sondern auch Lebensmittelchemiker ist: "Was die EU-Kommission jetzt andenkt, aber schleunigst umsetzen sollte, wäre die Untersuchtung auf Plutonium. Dieses Schwermetall ist hochgiftig, schwer krebserregend, und in einem der beschädigten Reaktoren von Fukushima enthalten."

Unzufrieden mit der Anhebung der Grenzwerte ist auch Gesundheitsminister Alois Stöger. Österreich, sagt Stöger, habe gegen die Anwendung der Notverordnung gestimmt: "Aus meiner Sicht wäre es besser gewesen, niedrigere Grenzwerte zu nehmen." Ein völliges Importverbot für japanische Lebensmittel sei EU-rechtlich nicht möglich, so der Minister. Angst vor dem Genuss von Sushi oder japanischen Nudeln muss man laut Experten derzeit nicht haben - eine Meinung, die auch Franz Floss teilt: "Alles, was jetzt am Markt ist, ist schon lange vor dem Reaktorunfall nach Österreich gelangt. Jetzt kommen die ersten Tankerschiffe in die deutschen Häfen. Sie werden dort auf Radioaktivität überprüft. Außerdem stammt sehr viel, was bei uns als japanisch verkauft wird, in Wirklichkeit aus Korea oder Vietnam. Denn dort kann man es billiger produzieren. Und unser Suhsi kommt größtenteils aus der Nordsee. Also: Fürchten muss man sich derzeit nicht. Deswegen ist die Verunsicherung ja noch dümmer."

Ständig aktualisierte Informationen gibt es auch bei der Ernährungshotline des Vereins für Konsumenteninformation.