Erstellt am: 25. 3. 2011 - 18:30 Uhr
Vom Überleben in der Metropole
Vom Überleben in der Metropole
Als Vorbereitung zum Release von DMD KIU LIDT
I. Das Flanieren als Lebens-, Denk- und Liebesform
II. Das Gemeinsame und die Gemeinschaft. Möglichkeiten und Gefahren.
III. Verzweifeln, Liegenbleiben, Flennen. Manchmal: Resignieren.
IV. Das Mantra der Vernünftigen: Sinnlos, Sinnlos, Sinnlos.
V. Die Wahrheiten am Nachbartisch
VI. Der Tratsch und das Gelächter
VII. Verlass die Stadt.
VIII.Liebe und Anarchie
IX. Sich Erinnern.
X. Fenster einschlagen. oder F.I.R.E.I.N.C.A.I.R.O.
XI. Versuch über die Party.
XIII. Dinge zu Ende bringen. Alles offen lassen.
XIV. Die Manifestation des Kapitalismus in unseren Leben ist die Traurigkeit
Ohne Grausamkeit kein Fest.
Friedrich Nietzsche
Sie sieht sich um und muss bemerken, dass sich Geld und Geschmack, entgegen anderer Meinungen, ganz grundsätzlich und vehement ausschließen. Jeder stillos in einen zu kleinen, hochhackigen Schuh gestopfte Zeh, jedes teure, so bohème um den Hals geschnürte Seidentuch, das sich in schreckliche Farbkämpfe mit einem viel zu weit offenen Hemd wirft, verwandelt ihre These zunehmend in eine unumstößliche Wahrheit. Ein Gedanke, den sie, wie manche vielleicht wissen, schon vor längerer Zeit einmal ausformuliert hat.
Das Beste am Baum sind die Äste, das Beste am Fest sind die Gäste.
DPA/JOERG CARSTENSEN
Man hat sie auf diese Party eingeladen und sie ist gekommen, aus Neugierde und einigen anderen niederen Lüsten. Am Eingang empfängt man sie mit ekligem Stierhodensaft, eine erste Enttäuschung, sie hatte sich Champagner erwartet. Die bulligen Sicherheitsleute stoßen sie auch schon gleich zur Seite, Mr. Strawberry Williams und sein Hofstaat drängen sich den roten Highway entlang. Auf der Toilette kommt sie kurz danach mit dem derben Humor eines Jugendidols in Berührung, sie muss sich sehr anstrengen nicht zu viele Körperöffnungen zu bedienen. Es gelingt ihr aber Ärger und Mittagessen hinunterzuschlucken und sie begibt sich auf ihren Sitzplatz, ganz vorne, nahe am Buhurt. Was jetzt folgt, sollte man sich besser selbst ansehen, denn es fehlt dieser Sprache an treffenden Worten.
ARD
Wir müssen uns laufend verteidigen gegen die Dichtung der Barden, die der Konditionierung das Wort reden, wir müssen ihre Botschaften abfangen, ihre Lieder in ihr Gegenteil verkehren.
Müssen wir? Während sie das bunte Treiben so beobachtet, denkt sie an diese ambitionierten Worte eines alten Freundes, die ihr in dem Moment nur noch übertrieben vorkommen. Denn gegen das, was sich hier vor ihren Augen abspielt, muss sich zum Glück niemand mehr wehren. Diese Lieder sind frei von jeglicher Botschaft, wie das unverständliche und zusammenhanglose Gestammel eines alten senilen Mannes.
DPA/SOEREN STACHE
Und als man im Saal dann dem eben verstorbenen Alexander dem Großen gedenkt, wird ihr endgültig klar, dass sie hier an einer bombastischen Leichenfeier teilnimmt. Beschämt verlässt sie noch vor dem Grande Finale ihren Platz in Richtung Smokers Lounge, wo süße Jungs ihr Zigaretten auf einem Silbertableau servieren. Sie greift dankbar und des öfteren zu.
Auf der Party nach der Party versucht man mittels exotischster Alkoholika der verwesenden Abendgesellschaft neues Leben einzuhauchen. Da den meisten hier aber nichts mehr ins Blut fahren kann, bleibt es bei einem Versuch. Vor Mitternacht noch verabschiedet sie sich angsterfüllt von dem Geschehen. Im Taxi kippt dann der Tag, sie sieht auf die Uhr und befühlt nervös ihre Eckzähne. Alles ok. Gerade noch einmal rechtzeitig davongekommen.
The days of the living dead are numbered: noch 21 Tage bis DMD KIU LIDT.