Erstellt am: 26. 3. 2011 - 12:39 Uhr
Who killed Knut
Die geographische Nachrichtenlage der letzten Wochen verschob sich ständig: Zuerst schaute alles gebannt in den Nahen Osten, dann kam das Erdbeben in Japan- und Ägypten war vergessen. In den folgenden Tagen bildeten wir uns zu Kernenergie- und Reaktorsicherheitsexperten aus, diskutierten innenpolitisch den Ausstieg aus dem Ausstieg aus dem Ausstieg. Dann schaute wieder alles nach Libyen und Fukushima wurde traurige Nebensache. Nun lahmt die libysche Frontberichterstattung grad ein wenig, dafür spitzt sich die Lage am Reaktor wieder zu. So ist nun mal das Geschäft mit den Nachrichten.
Im Berlin gab es aber in der letzten Woche ein anderes Top-Thema. Zuerst kam die schockierende Nachricht: Knut ist tot.
BRITTA¦PEDERSEN
Der erst vier Jahre alte Eisbär wurde leblos in seinem Gehege aufgefunden. Knut war mehr als der Liebling der einsamen Damen im Berliner Zoo, er war ein Kinderstar, ein Weltstar, der Justin Bieber der Tierwelt. Er war goldig und hatte Charakter, die Berliner und viele andere liebten ihn.
Zum Glück gibt es auch im Falle des plötzlichen Eisbärentodes Fachleute, die Hilfestellungen geben. Professor Peter Walschburger, Biopsychologe an der Freien Universität (FU) Berlin, beschäftigt sich unter anderem mit Traumatisierungen, Katastrophenbewältigung und emotionalen Aspekten der Tierliebe: „Wenn man Liebe akzeptiert, muss man auch Abschied akzeptieren. Und die Trauer bewältigen”, gab er zu Bedenken. Außerdem empfahl er: “Knut sollte schnell obduziert werden, damit sich keine Legenden bilden wie beispielsweise beim Popsänger Elvis Presley”.
16 Sonderseiten brachten die Berliner Boulevardzeitungen zu Knuts allzu frühem Ende und gespannt wartete man auf das Ergebnis der Obduktion: Knut war hirnkrank, vielleicht sogar Epileptiker wie sein Vater Lars. Armer Knut!
Die Berliner legen für den toten Knut Blumen und Bilder im Zoo nieder, zünden Kerzen an – vor der japanischen Botschaft im Tiergarten liegen wohl weniger Blumen als vor dem Eisbärengehege.
Das wirft die moralische Frage auf: Darf man über den Tod eines Tieres mehr trauern als über den Tod eines Menschen?
knut
Knut wurde immer sehr vermenschlicht, schon als Eisbärbaby suchte man eine Partnerin für ihn, wollte ihm lange vor seiner Geschlechtsreife schon eine RZB (romantische Zweierbeziehung) einreden, sah ihn als Mobbingopfer, nur weil ihm die Bärin Katjuscha mal eine gelangt hatte.
Und nun, wo er tot ist, häufen sich die Verschwörungstheorien: Ist er aus Liebeskummer gestorben, oder ist am Mobbing zerbrochen, hatte er Borderline, wurde er vergiftet?
Tierschützer weisen darauf hin, dass Eisbären Einzelgänger sind und nicht in Zoos gehalten werden sollten.
Am Mittwoch dann eine weitere schockierende Nachricht: Knut soll ausgestopft und ins Naturkundemuseum gebracht kommen. Pietätlos!!!
Grausame Details über das Anfertigen einer Dermoplastik werden veröffentlicht und auf die Empörung der Knutfans folgte die herzlose Meldung des Zoodirektors: Knuts Fell ist schon im Museum!
Die vorläufig letzte Knutnachricht: Dem Eisbären soll ein Denkmal im Zoo gesetzt werden, damit ihn seine Fans in Erinnerung behalten.