Erstellt am: 21. 3. 2011 - 13:04 Uhr
Lebe wohl, Groovekönig!
Dass ihm in der Kategorie "coole Sau" bis heute niemand das Wasser reichen kann, zeigte zuletzt das Ursula Stressned Video. Dort macht Kurt Hauenstein auf einem Couch-Thron dem abschätzigen Blick des Original-Königs absolut Konkurrenz. Dass das einer seiner allerletzten öffentlichen Auftritte sein würde, hätte niemand ahnen können - am allerwenigsten wohl Hauenstein selbst. Zuletzt arbeitete er an einer Bühnenversion seines an abenteuerlichen Geschichten nicht gerade armen Lebens.

Universal
Aufgewachsen in der Gegend um den Prater als Sohn des Wienerlied-Autors Hans Hauenstein, kam Kurt schon früh mit Musik in Berührung. Im Alter von 15 oder 16 Jahren entwickelten die verzerrten Gitarren von Hendrix und Clapton aber größere Anziehungskraft als klassische Wiener Klänge, und bald fand sich der junge Bassist in der Band Gipsy Love wieder - u.a. an der Seite von Karl Ratzer, Peter Wolf und Harri Stojka. Nachdem diese Band bald den Plafond erreicht hatte und unter anderem das "San Remo" (heute: Camera Club) über neun Monate hinweg ausverkaufte, und nachdem Kurt auch als Studiomusiker seine Bassspuren auf vielen frühen Austropop-Platten hinterlassen hatte (besonders legendär: diese funky Schimpfkanonade!), zog es ihn nach Deutschland.
Als Bass-Zampano an der Seite von Schlagersänger-turned-Produzent Frank Farian war er von Anfang an Teil der Boney-M-Hitmaschine. Besonders gefragt waren dabei sein intuitiver musikalischer Zugang und der Fakt, dass er seine Spur meist schon im ersten Take perfekt auf den Punkt brachte. Traditionelle Arrangeure, die mit Notenblättern daherkamen, trieb der Autodidakt in den Wahnsinn, in dem er laut eigenen Angaben "besser spielte als auf dem Blatt".
Um seine eigenen Groove-Visionen ohne Kompromisse umsetzen zu können, gründete Hauenstein das Projekt "Supermax". Entgegen späteren Kategorisierungen war das nie ein reines Disco-Ding - neben hypnotischen 4/4 Grooves gab es auch Reggae, Funk und Rock zu hören. Und "Love Machine", der große Hit mit der einprägsamen Bassline, kam erst als vierte Single heraus, wurde dann aber unaufhaltsam zum Welthit.
Weil er nach diesem Erfolg in den hiesigen Medien als "Disco-Maxi" abgestempelt war, wandte Kurt Hauenstein Europa zusehends den Rücken (oder gab ausgesprochen grantige Interviews). Aufgrund seines Songs "Watch Out South Africa" wurde er auf abenteuerlichen Wegen ins Apartheid-Südafrika eingeschmuggelt, sorgte mit Auftritten seiner gemischtfarbigen Band für großes Aufsehen und bekam auch Todesdrohungen. Später wurde er als erster weißer Musiker zum "Sunsplash" in Jamaica eingeladen und geriet mit dem bandeigenen Soundsystem mitten in die Wirren der auseinander fallenden Sowjetunion.
Das alles (und einiges mehr) erzählte mir Kurt Hauenstein 2005 auch in einem Interview. Anfangs sorgte sein Misstrauen gegenüber Journalisten noch für etwas einsilbige Antworten, später entfaltete sich sein Schmäh dann aber wunderbar:
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Sonntag Nacht ist Kurt Hauenstein im Alter von 62 gestorben, die Ursache dürfte laut seinem Manager "ein Herzproblem gewesen sein". Er wird als früher Vorkämpfer für Funk und Vielfalt in Österreich und der Welt in Erinnerung bleiben - und natürlich durch seine Musik!