Erstellt am: 17. 3. 2011 - 10:42 Uhr
Konono Nº1 Congotronics live in Wels
Konono Nº1 haben mit ihren aus Müll gebastelten Instrumenten einiges vorweggenommen. Konono Nº1 spielen traditionelle afrikanische Instrumente namens Likembes (Daumenpianos, bei denen Lamellen auf einem Brett oder Resonanzkasten befestigt und mit den Fingern abgezupft werden), Percussions und selbstgebastelte Instrumente. Konono Nº1 waren die ersten, die Likembes elektronisch verstärkten, einstöpselten und so diesen ganz eigenen Klang erzeugten, der heute Besucher von Clubs wie dem Berghain in Berlin oder der Sonar in Barcelona fasziniert.
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- Konono Nº1 spielen am 18. März im alten Schlachthof Wels.
Für unsere Ohren gibt es durchaus Ähnlichkeiten zwischen dem, was Konono Nº1 aus ihren aus Fundstücken zusammengebastelten Instrumenten locken, und den Geistern, die Elektronik Weirdos in ihren Maschinenparks beschwören. "Aphex Twin auf Afrikanisch" wird einem als Schlagwort um die Ohren geknallt und das wird Konono Nº1 aber nur ansatzweise gerecht. Musikerinnen wir Björk sind große Fans und haben bereits mit Konono Nº1 gemeinsam Konzerte gespielt. 2006 gewannen sie den BBC World Music Awards.
Konono Nº1 wurden in den 60er Jahren von dem LKW-Fahrer, Musiker und Likembespieler Mingiedi gegründet, seine Kinder und Enkelkinder komplettieren heute das Line Up des Orchesters. Die Mitglieder von Konono Nº1 kommen aus der Grenzregion des Kongos zu Angola und die Geschichte und der Kontext ihrer Musik sind eng mit der traurigen Geschichte der afrikanischen Region verbunden. Konono ist ein Wort für Leichenstarre. Bei Konono Nº1 geht es um Trance, Kommunikation zwischen dem Leben und der anderen Welt.
Ich habe Konono Nº1 vor ein paar Jahren bei der Sonar, dem riesigen Festival für elektronische Musik, gesehen. Am Nachmittag gab es eine Pressekonferenz, die ein Albtraum für alle Beteiligten war. Mit versteinerter Miene saßen 12 Mitglieder um den Tisch und starrten auf denselbigen. Zwei Dolmetscher waren zwischengeschaltet und gleich die erste Frage wurde abgeblockt: Gründer Mingiedi wird keine politischen Fragen und keine Fragen zur Geschichte seiner Heimat der Demokratischen Republik Kongo beantworten.
1965, im gleichen Jahr, als sich Konono Nº1 formierten, putschte sich Joseph Mobutu an die Macht und errichtete eine lange, blutige und korrupte Diktatur. Bei der Pressekonferenz wurde gefragt, ob die Gründung von Konono Nº1 im Kontext dieser Zeit zu sehen sei. "Nein", meinte Mingiedi. "Musik hat nichts mit Politik zu tun. Musik ist ein Pflaster, etwas, das die Wunden heilt, die von Politik und Gewalt geschlagen werden, etwas, das uns aus dieser Welt heraustreten lässt."
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Konono Nº1 touren selten in Europa. Ihr Auftritt bei der Sonar ist beim ersten Versuch auch an bürokratischen Hürden gescheitert. Eine Europatour für eine afrikanische Band zu organisieren, ist ein mehrmonatiges Projekt, das nach vielen bezahlten Visa-Gebühren dann an einzelnen Personen scheitert, erzählen Konono Nº1.
Einmal vor dem Ende des besagten Interviews musste Mingiedi doch lachen. Er wurde gefragt, wie das tags zuvor war, bei der Sonar vor den ganzen Ravern zu spielen. Seltsame Geister seien da umgegangen, sie hätten die Trance der Leute nicht kontrollieren können.
Letztes Jahr ist der in Kinshasa gedrehte Kurzfilm "Welcome to Life in Limbo" erschienen, für den der MC Baloji mit Konono Nº1 zusammenarbeitet.