Erstellt am: 9. 3. 2011 - 14:24 Uhr
Bemerkenswertes Debüt
Von: natalie brunner
An: trishes | beattown
Datum: 7. März 2011 18:03
Betreff: wildcookie
Es gibt Tage, mein Lieber, da droht dein Herz einzufrieren. Es ist eine transatlantische Verlorenheit. Du bist nicht mehr in deiner Stadt, sondern rutschst an ihrer Oberfläche entlang, kannst nicht mehr eintauchen in das Fabrikat, aus dem die Menschen rundherum Realität basteln. Hättst du an einem solchen Tag nicht Freunde, die in deiner Küche sitzen und dir über die heilende Wirkung von Musik erzählen und dir eine Dosis Wärme vorspielen, die den Eisklumpen zwischen den Rippen zum Schlagen bringt, dann würde deine beste Freundin möglicherweise Heroin heißen. Bizarr, dass du mich mit einer Nummer, die so heißt, zurück ins Hier und Jetzt gebracht hast ...
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Von: trishes | beattown
An: natalie brunner
Datum 7. März 2011 20:42
Betreff: Re: wild cookie
Stimmt! Wobei mit der Schreibweise "Heroine" ja wieder genug Doppeldeutigkeit hergestellt wäre. Der ambivalente Umgang mit dem Thema "Drogen" zieht sich übrigens wie ein roter Faden durch das Debüt-Album des in Stockholm zusammengetroffenen Duos Wildcookie. Den Produzenten Freddie Cruger alias Red Astaire könnte man als Clubmusikafficionada oder -do ja schon kennen, der amerikanische Sänger Anthony Mills stellt sich hier erstmals einer breiteren Öffentlichkeit als Soul-Zukunftshoffnung vor. Im Hintergrund hat er aber schon seit Jahrelang für Leute wie Leela James, Harry Belafonte oder KRS One gesungen - letzterer hat ihn indirekt dazu inspiriert, seine eigentliche Anti-Drogen-Message nicht zu plakativ zu predigen. Stattdessen werden auf Cookie Dough Weisheiten wie "Cocaine is a serious drug" schon mal über ein schmeichelndes Bossa Nova Riff gecroont.
Von natalie brunner
An trishes | beattown
Datum 7. März 2011 21:17
Betreff: Re: wild cookie
Genau diese Sanftheit macht für mich Wildcookie zu so einen schmackhaften Häppchen, an dem ich aber ziemlich lange herum kauen muss und das mir teilweise schwer im Magen liegt. Ich trau mich fast zu sagen, mit "Cookie Dough" könnte ich sowohl meinen Freunden als auch meine Mutter an einem sonnigen Nachmittag erfreuen, aber halt bei genaueren hinhören würden sich bei Frau Mama doch Irritationsmomente einstellen. "Cookie Dough" ist explizit ein Album über Drogen, nicht belehrend nicht glorifizierend, denn wie immer die komplexe Wahrheit liegt irgendwo dazwischen.
Sehr schön ist, dass auch das Cover des Albums von Sänger Anthony Mills gemalt wurde, eine Visualisierung von dem, was sie mit Musik und Text ausdrücken wollen.
anthony mills
Das Video zu "Heroine" ist harte Kost: so süß und einschmeichelnd die Nummer ist, es ist schon harter Tobak, den uns Freddie und Anthony schnüffeln lassen, dadurch, dass wir im Video mit auf die Reise genommen werden, in die warme watteweiche Welt, erfahren wir quasi ex negativo wie böse, hart, kalt und einsam sich dieser Planet oft anfühlt. The Bitter and The Sweet in einem Bissen sozusagen und eine niemals zu vergessene Fußnote des Jazz, die da so scheinbar beiläufig aus dem Anzugsärmel geschüttelt wird.
Von: stefan.trischler
An natalie brunner
Datum 8. März 2011 15:47
Betreff: AW: wild cookie
Beiläufig und mit Leichtigkeit ist das Ding auch entstanden, wenn man den Erzählungen der beiden Protagonisten Glauben schenkt: Freddie spielt einen Beat vor, Anthony singt drauf los oder schreibt in weniger als einer Stunde einen Song. Und das zu den bemerkenswert abwechslungsreichen Instrumentals, die von HipHop bis Latin bis Electro oder auch House ziemlich viele Facetten zeigen. Das alles macht „Cookie Dough“ zu einem bemerkenswerten Debut, das den Wunsch nach mehr weckt. Und laut Freddie Cruger wird dieser Wunsch auch in Erfüllung gehen, denn zehn bis elf Songs sind schon wieder „vokalisiert“. Wir freuen uns!