Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Alles hat ein Ende, nur das Geld hat keins?"

Robert Zikmund

Wirtschaft und Politik

8. 3. 2011 - 09:30

Alles hat ein Ende, nur das Geld hat keins?

Wie der Finanzkapitalismus die Wissenschaft in die Geiselhaft nahm und wie wir sie wieder zurückbekommen, oder: Show me, on this doll, where the invisible hand touched you!

Dieser Artikel ist im März 2011 entstanden, als ich bei Professor Hoermann an der WU studierte, im Rahmen meines vorhergehenden Studiums wo doch teilweise unkritisch mit den Prämissen der Marktwirtschaft umgegangen wurde, empfand ich seinen unkonventionellen Zugang sehr erfrischend und vertaute wohl zusehr auf die Annahme der wissenschaftlichen Souveränität. Jedenfalls war damals, vor allem auch im persönlichen Umgang mit Professor Hörmann nichts von einer allfälligen antisemitischen Einstellung zu bemerken, eher ganz im Gegenteil. Nichtsdestotrotz kann ich aus dieser Sache eines mitnehmen, nämlich, dass man nicht mal den Dingen, die man an der Uni lernt, sakrosankt und vor allem zu wenig hinterfragt "vertrauen" kann. In jedem Fall distanziere ich mich als Journalist wie auch als Privatperson von jeder Form der Holocaust-Relativierung aufs aller Entschiedenste.
Suratthani, Thailand am 5.Februar 2012.

Bevor ich zu FM4 gekommen bin, hab ich zuerst Internationale Betriebswirtschaft an der Uni Wien, später dann Wirtschaftspädagogik an der WU studiert, vermutlich im Sinne jener Orientierungsprobleme, die viele 18-19jährige Richtung Wirtschaft treibt.

„Irgendwas mit Reich-werden“, am liebsten mit „irgendwas wie Marketing oder so.“ Und der Schock war groß. Professoren, die interne Zinsfüße mit der rechten Hand an der Tafel berechnen, während die linke nachlöscht. Personalentscheidungen als Matrix-Rechnungen – Outsourcing oder doch lieber Hire&Fire? Eine Zahl entscheidet. Die des höchsten Gewinns.

Prof. Franz Hörmann

Franz Hörmann

Prof. Franz Hörmann

Nach zehn Jahren Radio dachte ich mir, es ist ganz schön bescheuert ein Studium, dem nur mehr eine Prüfung und die Diplomarbeit fehlt, aus Desinteresse hinzuschmeißen. Es fand sich per glücklicher Fügung ein Professor, der bereit war, mir diese letzte ABWL Prüfung abzunehmen, Professor Franz Hörmann vom Institut für Unternehmensrechnung.

Die Prüfungsunterlagen, die er mir beim ersten Treffen überreichte, haben mich abermals aus den Socken gehauen, aber diesmal in eine andere Richtung. Ich zitiere:

Im Bereich der Wirtschaftswissenschaften werden praktisch längst widerlegte, ideologische Theorien vorgetragen, mittelalterliche Methoden (doppelte Buchhaltung, Bilanzierung etc.) dogmatisch gelehrt und all dies dann vermittels der „didaktischen Methode des Auswendiglernens“ indoktriniert. Die Absolventen dieses Gehirnwäscheverfahrens fühlen sich dann alleine dadurch als Mitglieder einer sozialen Oberschicht, ignorieren aus diesem Grunde mitunter abweichende Meinungen anderer Gesellschaftsschichten und verweigern mit diesen auch den Dialog, da sie ja „mangelnde Fachkenntnisse“ beim Gesprächspartner vorschützen können. Besondere Fachkenntnisse sind aber nicht erforderlich, wenn es um die Formulierung der Wünsche bezüglich der eigenen Lebensumstände geht!

Ich kürze ab: Zum ersten Mal seit Beginn meines Studiums hat eine Prüfung „Freude“ gemacht und auch die Diplomarbeit ist trotz aller Mühen eine persönliche Bereicherung, die ich nicht per Selbst-Qual irgendwo zusammenschustern oder abkupfern muss.

"Das Ende des Geldes" von Franz Hörmann und Otmar Pregetter ist im GALILA-Verlag erschienen, ein Homebase-Spezial gibt´s am 9.3. ab 19 Uhr auf FM4.

In den Wehen der größten Wirtschaftskrise der Nachkriegszeit, hat Professor Hörmann selbst ein weiteres Buch publiziert und widmet sich darin, unter anderem, der Fehlkonstruktion der kapitalistischen Geldschöpfung privater Banken in Gewinnabsicht. Es heißt, schlicht und am Punkt: „Das Ende des Geldes“.

Ich weiß jetzt schon, dass im Zuge eines visions-und zukunftsfeindlichen Umfelds, auch hier wieder einige selbsternannte Experten den Kopf schütteln werden und all dies als Fantasterei abtun. Mit dem ewigen Hinweis auf das vermeintlich wissenschaftliche Menschenbild des „Homo Oeconomicus“ wird der Egoismus und der Wettbewerb zum Selbstzweck, ganz egal, ob etwa die Psychologie längst belegt hat, dass intrinsische Motivation wie Kooperation und Selbstbestimmung der sinnentleerten Konkurrenz überlegen ist – der Kreis zum obigen Zitat schließt sich und die hausverständische Meinung bleibt weiter der Feind von Empirie und Falsifikation.

Präsentation des Buchesam 8.3. ab 10:30 im Thalia, mit anschl. Podiumsdiskussion, unter anderem mit Prof. Konrad Paul Liessmann

Denn weder für den Homo Oeconomicus, noch für die Geldschöpfung im Mindestreserve-System, noch für Zinseszinsen, gibt es eine haltbare, wissenschaftliche Theorie. Und auch Fragen wie „Wie kann es sein, dass Mangelberufe wie Lehrer um ein Vielfaches schlechter bezahlt werden als etwa Banker“ werden weiterhin mit dem Hinweis auf die Überlegenheit der Marktwirtschaft abgetan. Mit Mathematik kann man alles in sich stimmig beweisen, etwa einen sogenannten „Gleichgewichtpreis“ – auch wenn der in Realität nie vorkommt.

Und doch, allen ideologischen Verblendungen zum Trotz, gibt es eine Alternative zur Auslagerung aller Heilsversprechungen auf den Staat (Sozialismus), oder den Markt (Kapitalismus, die „unsichtbare Hand“ Gottes).

Eine paar Hinweise wie es gehen könnte und was zu tun ist, stehen in diesem Buch:

Ein Hauptkritikpunkt, auf den ich hier eingehen möchte, ist die Rolle der Geldschöpfung. Banken „erfinden“ Geld in dem Moment, in dem sie einen Kredit vergeben, als Bilanzverlängerung. Dieses Geld ist durch Schulden gedeckt. Alles Geld ist durch Schulden gedeckt. Dieses Geld muss aber später mit Zinseszinsen (theoretisch) zurückgezahlt werden und entzieht dadurch mehr Geld.

Die Folgen sind: Unternehmen stehen im vernichtendem Konkurrenzdruck, um diese Zinsen zu erwirtschaften, Staaten kürzen Ausgaben und die Dritte Welt hungert, weil ein Vielfaches des Sozial-Budgets zur Kredit-Bewirtschaftung ausgegeben wird. Rating-Agenturen „erfinden“ Fantasie-Rankings, um die Erpressung weiter voran zu treiben, siehe aktuell Griechenland. (Weder eine Ratingagentur noch eine der großen vier Wirtschaftsprüferkanzleien hat Lehman, oder AIG, oder Island vorausgesehen.)

Die Wirtschaftskrise

APA (Peter Zollhofer)

Die Verlierer sind alle, außer jene, die von der Umverteilung zum Bankensektor verdienen, etwaige Milliarden-Rettungspakete setzen allem die Krone auf.

Um die Menschen gefügig zu machen, droht man ihnen über die Medien mit dem Staatsbankrott, mit Schulden für die Kinder und Enkel. Dieses Argument zieht freilich nur so
lange, wie die Menschen im Irrglauben gehalten werden, Geld könne man nur dann ausgeben, wenn es vorhanden sei.
In der realen Praxis geschieht tagtäglich das genau Umgekehrte: Geld, das nicht vorhanden ist, wird ausgegeben. Und wir reden hier nicht einmal vom Schuldenmachen, sondern davon, wie Banken funktionieren.

Oder zum Thema Griechenland:

Was ist in Europa in den Jahren vor der Krise eigentlich abgelaufen? Sachlich betrachtet stieg Deutschland durch massiven Lohndruck, Entmachtung der Gewerkschaften und eine brutale Standortpolitik zur zentralen Exportmacht auf. Auf der anderen Seite befanden sich die Importländer, die sich die Importe aus Deutschland eigentlich nicht leisten konnten. Aber das sage einer dem Konsumenten: Du lebst über deinen Verhältnissen. Also verschuldeten sich Importländer wie Griechenland bei den deutschen Banken.

Die Banken zahlen – erfreulicherweise – die Importe direkt an die deutschen Exporteure, sodass das Geld in Deutschland bleibt; die Schulden hat die Bevölkerung der Importstaaten. Über den Zinseszinsmechanismus ist garantiert, dass die deutschen Banken auch in Zukunft davon profitieren, dass die Ungleichheit erhalten bleibt, d. h., dass ärmere Länder Schulden aufnehmen müssen, wenn sie Zahlungsmittel benötigen. In Griechenland führte diese absurde Entwicklung inzwischen zu massiven, auch blutigen Ausschreitungen.

Finanzkrise in Griechenland

dpa (Gregor Siamidis)

Unter dem Druck des Staatsbankrotts konnte schließlich die griechische Regierung dazu gebracht werden, die Europäische Zentralbank, EZB, darum zu ersuchen, in Griechenland das Bargeld abschaffen zu dürfen: Ab 1. Januar 2011 dürfen Beträge über 1500 Euro hinaus von Privatpersonen
bzw. 3000 Euro von Unternehmen nur noch elektronisch überwiesen werden. Die offizielle Begründung dafür lautet: Dies sei eine Maßnahme gegen die Geldflucht. Doch
die Wahrheit sieht leider völlig anders aus.

Sie hängt mit der Tatsache zusammen, dass Banken schon immer gegen Bargeld waren, da genau dieses sie beim »Run auf die Bank«, also wenn alle Kunden gleichzeitig ihre Einlagen beheben wollen, in arge Bedrängnis bringen kann. Auch diese geheimen Absichten werden Sie am Ende dieses Buches verstehen und damit Banken und ihr zentrales Geschäftsmodell in einem völlig anderen Licht sehen.

Ein zentrales Anliegen dieses Buches ist, keine Personen anzuklagen. Es gilt einen friedlichen Weg zu suchen, sich dieser Misere zu entledigen. Ohne Sündenböcke, ohne Hass und ohne Gewalt. Geistige Selbstverteidigung in Wirtschaftsfragen 2.0, für einen Übergang zu einem Wirtschaftssystem zum Wohle der natürlichen Personen dieser Erde und nicht zum Wohle der 500 größten transnationalen, juristischen Personen.

Nach der Lektüre von „Das Ende des Geldes“ wird es schwieriger, sich mit einem „Wenn Dir was nicht passt, schau halt nach Nordkorea“ abwimmeln zu lassen.

Es ist höchste Zeit, die Negativ-Selektion der Wirtschafts-Absolventen zu beenden, und richtig präsentiert ist dieses Fach eines der spannendsten und zentralsten einer Gesellschaft.

Das Grundvertrauen in Politik, Justiz und Finanzwelt könnte dieses Buch allerdings erschüttern, aber ehrlich – Wer will schon mit Illusionen leben? Lasst euch nicht bluffen!