Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Klaus Koschwitz cares as long as you sing"

Nina Hofer

Krach. Bumm. Zack. Mittendrin und doch so fern.

5. 3. 2011 - 14:30

Klaus Koschwitz cares as long as you sing

Die Beatsteaks gestern und heute im Gasometer Wien

Nach 17 monatiger Auftrittsabstinenz sind die Berliner Schnauzen wieder auf Tour. Freitag und Samstag bespielen sie jeweils einen ausverkauften Wiener Gasometer. Mit im Gepäck eine Boombox, ein Plastikrabe, neue Outfits und eine Supportband die ihre, als auch unsere Hosenträger zum Schnalzen bringt.

Scheissindiedisko, weil Ich bin aus Karl Marx Stadt, Baby

kraftclub

Daniel Eberharter

Alle Fotos: Daniel Eberharter

Wir haben, wenn es nach Kraftclub geht, eine neue Lieblingsband. Eigentlich ist es Plan der Beatsteaks die schlechtesten Vorbands von hier bis nach Karl Marx Stadt mitzubringen, damit sie sich immer in sonniger Sicherheit der Publikumsgunst wissen, und wir ausgehungert nach akustischer Folter quasi um Erlösung betteln. Spitzenplan. Die Welt kennt ihn zur Genüge, wie schlecht allerdings die Umsetzung in diesem Fall ist, weiß man spätestens seit Turbostaat. Kraftclub waren da auch kein guter Griff. Wer letztere nicht kennt, versäumt definitiv eine Tanzband der kommenden Stunden. Mit launigen musikalischen Stimmungskanonen, voller rotziger Popkulturkritik wie: "Ich will nicht nach Berlin", machen sie Randale und haben einem für die Darbietung zahlenmäßig viel zu geringem Publikum demonstriert, wie Scheissindiedisko akustisch funktionieren kann. Adonis Maximus heißt das aktuelle Album, und die Übertreibung ist Teil des Welteroberungsplans in schwarz/weiß mit Hosenträgern. "Super, diese Brillenottos", meinte eine Begleitung, selbst übrigens der größte aller Brillenottos, und nur zwei Männer der Band tragen tatsächlich Brillen. Bitte schleunigst in einen Club dieser Stadt zu buchen.

Peter, sie gehören dir

Beatsteaks

Daniel Eberharter

Den eben noch synthesizernden Depeche Mode mit einer Strophe "I just can´t get enough" aus der Dose, wurde jähest der Saft rausgezogen: Eine fulminante Eröffnung mit "Hello Joe" und einer topmotivierten Band. Monate ohne Auftritte, das Regeln von persönlichem Kram und etwas Abstand zum mittlerweile heavy business haben sich positiv auf die Beatsteaks ausgewirkt.

Peter von den Beatsteaks

Daniel Eberharter

Klavier, Gitarre, Gesang. Ein Peter für alle Fälle

Eine Mischung aus Evergreens, Best of´s, vermengt mit einigen Tracks vom neuen Album spannte sich der akustische Bogen über den Abend. Mit Musikern, die beherrschen, wie sie das schmale Seil zwischen geborgener Wärme einer kleinen Clubshow und Massenunterhaltung von unterkühlten Mehrzweckhallen zu betanzen. Ganz ohne Netz, aber mit der Sicherheit von Löwendompteuren, die Frank Sinatra oder Harald Juhnke als ihre Meister des Entertainments hatten. Angeblich war gestern ihr fünfzehnter Auftritt in Wien, und wie sehr hierzulande mitgegangen wird, war nicht nur im Publikum zu spüren. Sänger Arnim meinte, im Vergleich zu Wien herrschte in Saarbrücken vor zwei Tagen Totentanz. Ja, wir waren gut und laut.
Beste Momente gab´s einige. Gitarrist Bernd drehte mit Frieda und den Bomben den feschesten Hüftschwung zu "Junge Frau liebt Tanz", Gitarrist Peter war beim Anblick von so viel Wien etwas überfordert und die Kostümchen á la Skelett am Ende der Show waren fesch, wenn auch wahrscheinlich etwas zu warm. Ein paar schweißfeuchte Männer haben "owe mit da panier" leider falsch verstanden und die Erotik von wabbelnden, schwitzigen, nackten, männlichen Publikumsoberkörpern werde ich auch nach hunderten von Konzerten aller Art nicht verstehen. Will sagen: Bitte. BITTE, god´s gift to humankind, beherzigt doch die prickelnde Spannung des Verborgenen und wischt euren Schwitz nicht an anderen ab.

Bernd von den Beatsteaks

Daniel Eberharter

Tanz, Gitarre und Gesang. Ein Bernd für jeden Hüftschwung

Was mach ick mit so viel Wien?

Nach diversen Diskussionen während und nach dem Konzert muss allerdings auch gesagt werden, die Beatsteaks 2011 spalten mit ihren Auftritten das Publikum. Begeisterungsstürme wie immer treffen da auf Aussagen wie: zuviel Stadionrock, zu kalt, zu distanziert, dreimal während einer Show umziehen ist nicht Punkrock, warum spielen die in der Location, ... waren da ein paar von den Genörgelereien, die meine Ohren so aufgeschnappt haben. Locationtechnisch würd ich mich persönlich der Kritik anschließen und wäre für traditionellere Ortschaften im selben Bezirk, einfach weil´s stimmiger ist. Allerdings kann man´s nicht allen Recht machen. Was bleibt ist das Wissen, dass die Band 2011 genau das ist, was sie auch schon 2001 war: eine gebündelte Portion Punkrockattitude, Bodenständigkeit, eingängiger Sound und Berliner Charmeattacke. Beatsteaks eben. Und die Verlässlichkeit, egal ob bei 50 oder 3.000 Fans, macht ihnen so schnell niemand nach.
Ob das Publikum heute dasselbe ist, die Show sich von gestern unterscheidet, wir werden sehen und vielleicht kommt dann dieser ominöse Klaus Koschwitz auch auf die Bühne. Der ist übrigens angeblich seit 25 Jahren (?!) Busfahrer der Band. Glauben darf man ihnen ja nicht alles, diesen Schnitzels.

Beatsteaks

Daniel Eberharter