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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

4. 3. 2011 - 16:28

Fußball-Journal '11-15.

Sapperlot - doch Schiebereien im vom Wettskandal angeblich gar nicht betroffenen Österreich! Wer hätte das gedacht!

Bundesliga, Meisterschaft und der Cup, der ÖFB und das Nationalteam, das europäische Geschäft, der Nachwuchs und die vielen Irrsinnigkeiten im Umfeld: Das Fußball-Journal '11 begleitet nach dem Jahr 2010 auch das neue Jahr wieder ungeschönt und ohne Rücksichtnahme auf Skandalisierungen und die Stillhalte-Abkommen, die den heimischen Fußball-Journalismus so mutlos daherkommen lassen.

Heute mit einem Update zum großen globalen Fußball-Wettskandal, der seit Monaten in Bochum untersucht und vorverhandelt wird - und wie er Österreich erreicht hat. Ein Thema das hier im Fußball-Journal seit jeher aufmerksam verfolgt wird.

Für alle hier Beteiligten gilt, wie in solchen Fällen selbstverständlich üblich, die Unschuldsvermutung. Und das meint der oberste heimische Sportwetter, Fast-Ligachef Dietmar Hoscher.

Ende letzten Jahres, als ich versucht habe die da bereits über ein Jahr anhängige Geschichte rund um den in Deutschland von der Staatsanwaltschaft Bochum (unter der Leitung von Andreas Bachmann und der Soko unter Hauptkommissar Thomas Lücke) aufgedeckten Fußball-Wettskandal aufzubereiten, war es die zentrale Frage des damaligen Fußball-Journals: warum sollte ausgerechnet Österreich die Wett-Insel der Seligen sein? Wie kommen die Verantwortlichen dazu anzunehmen, dass just hierzulande nichts ge/verschoben worden sei, wo ringsherum, auch im großen Deutschland oder der seriösen Schweiz die Infos über Spiel- und Wettbetrug wie Unkraut aus dem Boden schießen.

Heute platzte die kleine, nicht ganz unerwartete Bombe: in den Aussagen der Wettpaten Ante Sapina und Marijo Cvrtak tauchten endlich auch österreichische Teams (Kapfenberg und Hartberg, auch nicht ganz unerwartet - bekanntlich war Graz eine der Drehscheiben des Wett-Skandals, Sapina besitzt auch Konten hier) und Spieler auf, auch ganz konkrete Spiele (siehe weiter unten). Nur die Reaktion von ÖFB und Bundesliga, die hier gleichermaßen zuständig sind, war dieselbe: "Wir haben keine neuen Informationen aus Bochum bekommen."

Nun könnte man einwenden, dass es im Sinn des österreichischen Fußballs wäre nicht passiv auf den Amtsweg (Verständigung durchs Gericht/Staatsanwaltschaft an den Verband) zu warten, sondern einen Sonderermittler nach Bochum zu schicken um sich mit den inoffiziellen Details vertraut zu machen - nur um gerüstet zu sein. Aber das würde echte, in Österreichs Fußball völlig unbekannte Management-Skillz voraussetzen.

Was ist also passiert?
Sapina/Cvrtak haben, das melden Österreichs intelligentester Blog 90minuten.at, die deutsche Site spox die Agenturen SID und AFP (und seitdem einige mehr, aber diese Portale waren die ersten) weiter ausgepackt und Kapfenberg bzw Hartberg in den Korruptionssumpf um geschobene Spiele & gezielten Wettbetrug hineingezogen. Betroffen sind zwei Vereine, einer der Bundesliga, einer der 1. Liga, und mehrere Spieler (deren Namen nicht bekannt sind).

Die offizielle Liga/ÖGB-Stellungnahme, die sich beschämenderweise weder auf der Homepage des ÖFB noch auf der der Bundesliga wiederfindet (sie exisiert nur als Presseaussendung) im Wortlaut.

ÖFB und Bundesliga: keine neuen Informationen zu möglichen Manipulationen.

Im Zusammenhang mit diversen Medienberichten, in denen aktuell verschiedene österreichische Fußballspiele in Zusammenhang mit Ermittlungen um mögliche Wett- oder Spiel-Manipulationen gebracht werden, liegen dem Österreichischen Fußball-Bund (ÖFB) bzw. der Österreichischen Fußball-Bundesliga keine neuen Informationen vor.

Bekanntlich erfolgte bereits im Dezember 2009 die Kontakt-Aufnahme mit UEFA und Staatsanwaltschaft Bochum, zudem wurde in weiterer Folge mit dem österreichischen Bundesministerium für Justiz eine enge Zusammenarbeit in dieser Angelegenheit vereinbart. Der ÖFB ist seither in stetigem Kontakt mit den österreichischen Justizbehörden. Diese haben zugesichert, dass bei Aufkommen etwaiger Verdachtsmomente, die die Integrität der Bewerbe gefährden könnten bzw. gegenüber dem ÖFB angeschlossenen Vereinen oder Spielern bestehen, den ÖFB darüber umgehend in Kenntnis zu setzen. Bislang allerdings gab es diesbezüglich keinerlei Informationen an den Verband.

„Die Bundesliga unterstützt - in Abstimmung mit dem ÖFB - eventuelle Behördenanfragen oder Ermittlungen mit allen Kräften. Ich weise aber deutlich darauf hin, dass es weiterhin keine verbindlichen Belege für mögliche Spiel- oder Wettmanipulationen gibt “, stellt Bundesliga-Vorstand Georg Pangl klar.

Es geht konkret um die Spiele Salzburg - Kapfenberg am 29. August 09 (4:0), Kapfenberg - Rapid am 23. September 09 (0:1) und Kapfenberg - Austria Wien am 28. Oktober 09 (1:0).

Das letztgenannte Match wurde scheinbar versehentlich gewonnen, weshalb die bestochenen Spieler das bereits erhaltene Geld Sapina nach Nürnberg zurückbringen mussten. Die in diesem Zusammenhang in den deutschen Medien erwähnten Spieler Zickler und Hofmann haben mit der Sache nichts zu tun - sie standen in der gegnerischen Mannschaft. Kapfenberg-Tormann Raphael Wolf wird wohl auch deshalb erwähnt, weil er Deutscher ist und die Meldung dort erschien.

Der Bestochene ist allerdings laut Aussage von Sapina/Cvrtak ein KSV-Abwehrspieler, der die Gelder dann auch weiter verteilte. Diese und andere absurde Wildwest-Details stehen in den verlinkten Berichten und sie sind allesamt lesenwert.

Außerdem geht es um die 0:7-Niederlage von Hartberg bei den Red Bull Juniors in Salzburg am 22. September 2009 und um ein Hartberger Cupmatch gegen Zwettl am 14. August 2009 (2:4). Bestochen wurden mehrere Hartberger Abwehr- und Mittelfeldspieler.

Die KSV-Spiele:

Um das auch an Personen festzumachen:

Das war die Aufstellung beim 0:4 gegen Salzburg:
Raphael Wolf; Patrick Osoinik, Milan Fukal, Boris Hüttenbrenner, Mario Majstorovic; Arno Kozelsky, David Sencar, Patrik Siegl, Robert Schellander; Marek Heinz, Srđan Pavlov. Eingewechselt wurden Max Scharrer, Georg Krenn und, spät, Deni Alar.
Mehrere Profis wurden für eine Niederlage mit zumindest 3 Toren Unterschied bezahlt. Das Spiel fiel dem Wettradar schon im Vorfeld auf.

Die Aufstellung beim 0:1 gegen Rapid:
Raphael Wolf; Gerald Gansterer, Milan Fukal, Andreas Rauscher, Patrick Osoinik; Manuel Schmid, Mario Majstorovic, Markus Scharrer, David Sencar; Deni Alar, Marek Heinz. Eingewechselt wurden Arno Kozelsky, und, spät, Boris Hüttenbrenner.
Hier sollten es zwei Tore Unterschied sein - was die Kapfenberger aber nicht zusammenbrachten.

Die Aufstellung beim versehentlichen 1:0-Sieg gegen die Austria:
Raphael Wolf; Gerald Gansterer, Thomas Schönberger; Mario Majstorovic, Patrick Osoinik; Manuel Schmid, David Sencar, Patrik Siegl, Robert Schellander; Deni Alar, Marek Heinz. Eingewechselt wurden Max Felfernig, Srđan Pavlov und spät, Boris Hüttenbrenner.
Statt anständig zu verlieren, gewinnt der KSV das Spiel. Sowas passiert, wenn man nur einzelne Spieler besticht.

Bitter: die meisten der Akteure sind immer noch respektable Bundesliga-Spieler.

Die Hartberg-Spiele:

Beim 0:7 in Salzburg spielte Hartberg mit folgenen Abwehr- und Mittelfeldspielern: Michael Gruber, Mario Hirz, Dominic Pürcher, Fabian Harrer, Robert Strobl, Michael Kölbl, Nejc Omladic, Stefan Rakowitz und Igor Sekic.

Beim Cupspiel gegen Zwettl, das mit einem 4:2 Auswärtssieg endete waren es Markus Groiss, Michael Gruber, Mario Hirz, Dominic Pürcher, Nejc Omladic, Igor Sekic, Roland Kelbert und Tamás Somorjai.

Von diesen Spielern haben Gruber, Sekic, Somorjai und Groiss sowie die Sturm-Leihgabe Pürcher den Verein inzwischen verlassen.

Die erste Stellungnahme von Hartberg ist witzig: bei der 7-Tore-Niederlage wäre man doch noch so frisch und ahnungslos in der Liga gewesen. Es handelte sich jedoch bereits um das neunte Liga-Spiel. Ansonsten herrscht törichte Ungläubigkeit.

Die Folgen

Ich habe die Wette auf meinen Favoriten eben platziert... Schlechter Scherz, musste aber sein...
Und gewonnen, leider! Siehe Foren-Einträge ganz unten...

Wie die Wiener Zeitung berichtet, hatte Kapfenberg-Präsident Erwin Fuchs nach eigenen Angaben in der Vorsaison bei einem Spieler "Bedenken was Kontakte zu dubiosen Personen rund um die Wettszene betrifft" weshalb dessen Vertrag im Sommer auch nicht verlängert wurde. Die Querschnittsmenge mit den in den betreffenden Spielen eingesetzten Akteuren spuckt da mit Scharrer, Majstorovic, Schellander, Siegl, Heinz, Osoinik und Gansterer praktisch die halbe Mannschaft aus.

Bei den bewußten Spielen sei Fuchs allerdings nichts aufgefallen wie er der Presse verriet.

Bemerkenswert auch die bei Sport10 zitierte Stellungnahme von DDr. Kapl, dem Chef der für Wettbetrug zuständigen Task-Force: Task Force-Chef Kapl beruhigt: "Es gibt überhaupt keine Beweise. Das Ganze läuft schon seit 2009 und ist ein alter Hut." So kann man sich auch in den Sack lügen. Die permanente Task Force übersieht ein von Bundesliga, Buchmacherverband, Sportwetten GmbH und ÖFB initiiertes Wettfrühwarnsystem zur Früherkennung und umgehender Bekämpfung möglicher Wettmanipulationen. Theoretisch.

In der Kleinen Zeitung wird KSV-Präsident deutlicher, was die Identität des verdächtigen Spielers betrifft: das Profil trifft nur noch auf Gansterer, Heinz, Majstorovic und Scharrer zu. Sollte es sich beim von Fuchs erwähnten Spieler um den Sapina-Verteiler, einen Verteidiger handeln, kommen gar nur noch zwei Spieler in Frage; von denen jedoch einer in Salzburg gar nicht dabei war.

Die Katzen kommen langsam aus dem Sack

... Fortsetzung folgt...

Im ORF-Sport-Interview ist KSV-Präse Fuchs dann weniger zurückhaltend und spricht offen davon, dass Mario Majstorovic schon seit zwei, drei Jahren unter Verdacht, "auf Fangschaltung" gewesen sei - Nachweis habe es aber keinen gegeben.

Immerhin: die erste Katze ist aus dem Sack.
Wen Majstorovic aller angefixt hat (Sapina sprach ja von mehreren Spielern, unter denen das Geld verteilt wurde), ist allerdings noch offen.

PS: Schau an! Gerade hab ich das Tape mit Salzburg - Kapfenberg vom 29. 8. 2009 gefunden; wird morgen angeschaut! Für das vorschnelle Urteil hier die Zusammenfassung.