Erstellt am: 6. 3. 2011 - 12:41 Uhr
Teheran im Kino
Die wenigsten von uns waren wirklich einmal dort, und trotzdem glaubt man Teheran zu kennen. Immerhin weiß man ja einiges aus den Nachrichten: Die Menschen dort scheinen ständig unzufrieden mit ihrer Regierung zu sein und gehen seit mittlerweile Jahrzehnten auf die Straßen, um gegen sie zu demonstrieren. Der iranische Präsident versteckt Atomwaffen, oder auch nicht, lässt Menschen in seinen Gefängnissen foltern, oder auch nicht und verleugnet den Holocaust. Die Staatsform der "Islamischen Republik" äußert sich vor allem durch stark verschleierte Frauen in schwarzen Tschadors, SittenwächterInnen auf Teherans Straßen und das auf Plakate gedruckte Gesicht Ruhollah Chomeinis, dem Großajatollah und geistigen Führer der islamischen Revolution 1978/79.
Aber abseits davon - was weiß man da schon über diese Stadt und den Staat, dessen politisches und kulturelles Zentrum sie ist?
تهران | Teheran
Um mehr über die persische Hauptstadt erfahren zu können, braucht man aber nicht gleich die Koffer zu packen, denn der iranische Kulturverein Andischeh hilft derzeit mit einer Filmreihe im Admiralkino im 7ten Wiener Gemeindebezirk aus:
Admiralkino
"Teheran im Kino" lautet dort der cineastische Schwerpunkt dieser Tage. Eine ganze Woche lang steht diese Stadt im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit und dabei wird eines ganz klar: In Teheran findet Leben statt! Und zwar ganz normaler Alltag, abseits von Demos und Revolution(sversuch)en, SittenwächterInnen und Atomwaffenpolitik. Immerhin zählt die Metropole fast so viele Einwohner wie ganz Österreich, und wenn man das Umland - sozusagen "Teheran Umgebung" - mit dazu rechnet, sogar rund 14 Millionen Menschen. Kaum auszumalen, welche Geschichten das Leben dort schreibt. Einige dieser Geschichten Teherans werden nun im Admiralkino auf die Leinwand projiziert.
Admiralkino
Der Eröffnungsfilm "About Elly" führte zwar erst mal aus Teheran hinaus, ans Kaspische Meer, hat aber dennoch das Lebensgefühl der jungen Generation der Stadt zum Thema. Regisseur Asghar Farhadi hat für diesen Film bei der Berlinale 2009 den Silbernen Bären für die beste Regie gewonnen, und erst dieses Jahr hat er mit seinem neuen Film "Nader and Simin - A Separation" fast alle Preise abgeräumt, die es auf der Berlinale abzuräumen gibt. "About Elly" beginnt mit einer ausgelassen, fröhlichen Autofahrt in den Sommerurlaub und entwickelt sich nach und nach zu einem Psychokrimi, der einem den Atem stocken lässt. Die Handkamera spielt nicht nur hier, sondern in der ganzen iranischen Filmindustrie eine wichtige Rolle.
Auch Hip Hop existiert in Teheran, wenn auch nur im Untergrund. Ausschnitt aus "No One Knows About Persian Cats"
Da viele der gezeigten Streifen ohne Drehgenehmigung, also illegal, in Iran gefilmt wurden, ist die digitale Handkamera für iranische RegisseurInnen oft der einzige Weg einen Film zu drehen, ohne aufzufallen. Auch der Film "No One Knows About Persian Cats" gehört in diese Kategorie. Regisseur Bahman Ghobadi erzählt darin die Geschichte von zwei jungen Menschen, die einer Szene angehören von deren Existenz bis zur Veröffentlichung des Films nur die Wenigsten etwas wussten: Die Indie-Rock-Szene Teherans. Innerhalb von 17 Tagen wurde der Film in Untergrundlokalen und geheimen Proberäumen gedreht und produziert und durfte bis zum heutigen Tag nicht in Iran aufgeführt werden.
Teheran | تهران
Admiralkino
Weitere Highlights der Filmreihe sind das wunderschöne Melodrama "The Hunter" von Regisseur Rafi Pitts, der Doku-Essay "Green Days" von Regisseurin Hana Makhmalbaf über die Grüne Revolution des Jahres 2009 und das Erstlingswerk von Fardin Saheb-Zamani "There Are Things You Don't Know", in dem die Kamera einen Taxifahrer und dessen Kundschaft durch das nächtliche Teheran begleitet.
Die Filmreihe "Teheran im Kino" läuft noch bis Donnerstag den 10.März im Wiener Admiralkino
Alles Filme eines aufstrebenden jungen iranischen Kinos, die nur zu einem sehr kleinen Teil auch in den regulären österreichischen Kinos anlaufen werden oder bereits gelaufen sind. Daher sollte man sich diese Schwerpunkt-Woche nicht entgehen lassen.