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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

26. 2. 2011 - 21:32

Journal 2011. Eintrag 44.

Über den Wert von Geld. Zu Franz Hörmanns Thesen.

2011 ist Journal-Jahr - wie schon 2003, 2005, 2007 und zuletzt 2009. Rechnet man das Fußball-Journal '11 dazu bedeutet das einen täglichen Eintrag, Anregungs- und Denkfutter inklusive.

Zumeist werden sich hier Geschichten/Analysen finden, die ich als passionierter Medien-Konsument selber gern gelesen/-sehen/-hört hätte, aber nirgendwo finden konnte; und deshalb selber ausforschen und durchdenken muss.

Heute mit einer möglichen Fortsetzung zum montäglichen Journal über den Wert von Arbeit unter Hilfe einiger Thesen des österreichischen Wirtschafts-Professors Franz Hörmann.

Im Rahmen der Anfang der Woche auch hier ein wenig bezündelten Debatte zum Thema Arbeit stand auch das ZDF-Nachtstudio vom letzten Sonntag im Mittelpunkt. Dort predigte der DM-Gründer Götz Werner sein Ceterum Censeo vom Grundeinkommen für alle. Und da kam unter anderem die Spekulation, dass die Grundsicherung die ganz überwiegende Mehrheit der Menschen dazu bringen würde, nach mehr zu streben, zur Sprache.

Und in diesem Zusammenhang hat mir dann der Kollege Robert Zikmund ein Interview seines Professors Franz Hörmann geschickt. Hörmann ist außerordentlicher Professor am Institut für Unternehmensrechnung an der Wirtschaftsuniversität Wien und war zuletzt mit seiner Veröffentlichung "Das Ende des Geldes - Wegweiser in die ökosoziale Gesellschaft" auffällig.

Und da widerspricht Hörmann der Anreiz-These. Nicht unbedingt dem Werner-Modell, die unterstreicht, dass Arbeitnehmer durchaus zu motivieren wären, sondern der von niemand hinterfragten Grundannahme These, dass die Wirtschaft, dass der Markt Knappheit über Geld reguliert, also Reize über den Einsatz von Geld setzt. Sein Beispiel: aktuelle Mangelberufe im Bildungs- und Sozialbereich werden zunehmend bescheidener bezahlt, während Geld in Form von Bonus-Zahlungen in Bereichen Anreize setzt, die aktuell ohnehin überbesetzt sind.

Geld ohne Arbeit ...

<<< Einschub zum Thema Anreiz und Arbeit: im aktuellen Brand Eins findet sich unter dem schönen Titel "Das Null-Bock-Rätsel" eine über die Jahre hin zunehmend schlechter werdende Statistik über Arbeits-Zufriedenheit. Die Motivation, die emotionale Bindung zu dem was hergestellt wird, ist bei 13% der Menschen hoch, bei 66% gering und bei 21 Prozent nicht vorhanden. Die erste Gruppe macht das was die dritte, fast doppelt so große Gruppe, diejenige derer die innerlich gekündigt haben, verbockt, kaum wieder wett. Gegenstimmen zu diesem Modell verweisen auf den Profi-Fußball: dort ist die emotionale Bindung auch so gut wie inexistent, was aber nicht automatisch mit der Leistungsbereitschaft korrelieren muss. Einschub Ende. <<<

Die Sache mit dem Geld-Anreiz stimmt also irgendwie nicht.
Und Hörmann kann auch erklären, warum das aus seiner Sicht nicht so ist. Und da wird es dann blasphemisch.
Geld, sagt Hörmann, wird mit Geld belohnt. Also nicht Leistung, sondern Eigentum werde belohnt.
Das geht deswegen so leicht, weil Geld innerhalb des aktuellen Systems aus Luft erzeugt wird, aus einer doppelten Buchführung entsteht, rein virtuell wirkt. Den Finanzmarkt nennt Hörmann ein Pyramidenspiel, Geschäftsbanken seien reiner Betrug.

... Arbeit ohne Geld ...

Die Tatsache, dass Geldwerte mittlerweile losgelöst von Identität wären, setzt Hörmann mit einem Hütchenspiel gleich, bei dem ja auch gar nichts unter den Hütchen liegt, sondern sich alles im Kopf des Spielers abspielt.
Niemand, vor allem nicht die großen Finanzzocker, würden reales Geld brauchen - es genügt der Nachweis, dass sie es haben würden, wenn sie es bräuchten. Dafür sorgen die Banken. Alles existiert aber nur rein virtuell.

Neu ist diese Erkenntnis nicht. Aber Hörmanns Lösungsvorschlag ist interessant: den Betrügern das Spielzeug wegnehmen, der Verzicht auf Geldverkehr.

Anders wäre die Geiselhaft der internationalen Finanzkartelle, in die sich die modernen gesellschaften allesamt begeben haben, nicht aufzukündigen. Die Alternative wäre ein System von Belohnungspunkten für gemeinnütziges Verhalten. Elektonische Vergütungssysteme wären heute problemlos herstellbar.

Das interessanteste an Hörmanns These ist ihr Selbstverständnis. Es würde sich bei solchen Forderungen nicht um eine Bitte oder ein Verhandlungsangebot handeln, sagt er, es wäre die einzige Chance in der die heutige Elite ungeschoren davonkommt. Andersfalls würde alles böse, im Chaos, im Zusammenbruch enden. Es würde sich um ein gesellschaftliches Vermittlungsangebot zur Güte handeln.

... kein Geld, keine Arbeit ...

Das bedingt nämlich: keine Sündenböcke suchen, wenn es um einen Neuaufbau geht - das ist das Modell der Populisten.
An die Gscheitheit der Menschen, an die Schwarm-Intelligenz zu appelieren, an die Motivierbarkeit zu glauben, das ist ganz schön gewagt. Denn gesamtgesellschaftliche Systemwechsel sind nicht nur schwierig herzustellen, sondern - in einem visionslosen und zukunftsfeindlichen Klima auch schwer vermittelbar.

Da hilft auch die Vereinnahmung der Vernunft und Intelligenz der arabischen Revolten nicht viel - die haben ganz konkrete Ziele und Adressaten und müssen sich nicht mit soviel zugemauerten Türen hinter denen ebenso viele Fehltritte und Versagen stecken, wie das der Westen zu verantworten hat, herumschlagen. Und den Fehler so kurz zu greifen wie das die Heroen der Jahrtausendwende aktuell im Guardian tun, werden die neuen Ökonomen wie es Hörmann einer ist, wohl nicht begehen.