Erstellt am: 26. 2. 2011 - 09:00 Uhr
Manchmal reicht gutes Aussehen aus
cross cult
Nimmt man "The Rocketeer" das erste Mal in die Hand, ist man erstmal von der Optik recht angetan, denn hübsch anzusehen ist es auf jeden Fall. Wenn man dann ein bisschen darin geschmökert hat, fallen einem gewisse Mankos auf, stoßen einem Stereotypen bitter auf und die Handlung ist auch nicht so fesselnd. Und trotzdem blättert man weiter und weiter. Warum?
In den frühen 1980ern trat der Rocketeer das erste Mal auf - in einem kleinen Comic-Magazin. Weil dort noch ein paar Seiten frei waren, bekam Dave Stevens den Auftrag, sie zu füllen. Nach diesem Erstauftritt tauchte die Figur immer wieder in verschiedenen Magazinen auf und gewann zunehmend an Popularität.
Angesiedelt ist die Geschichte in Hollywood 1938. Der junge Showpilot Cliff Secord findet einen Raketenrucksack und wird dadurch zum Held der Story. Die meiste Zeit der Handlung benutzt er den tollen Apparat allerdings nur beruflich oder um seine Freundin zu beeindrucken. Heldenhafte Taten passieren ihm dabei eher zufällig. Hinter dem Jetpack sind natürlich jede Menge Leute her. Einerseits die, die es ursprünglich gebaut haben und andererseits - wie könnte es anders sein - die Nazis. Cliffs Angebetete ist die verführerische Bettie. Die interessiert sich allerdings immer mehr für einen erfolgreichen New Yorker Fotografen, weshalb Cliff mit allem was er tut versucht, sie zurückzugewinnen.
Das habe ich also gemeint mit die Handlung sei nicht so fesselnd.
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Bettie
Die liebreizende Bettie ist allerdings ein Grund, weshalb man immer weiter blättert. Ihre Figur ist angelehnt an das berühmteste Pin-Up Model der 1950er - Bettie Page. Mit ihrem Look, ihren Fotos und ihren Auftritten sorgte sie in den 50ern für viel Aufsehen und war eine Stilikone. Und dank Dave Stevens Comic wurde Bettie Page in den 80ern wieder populär. Natürlich ist die Figur von den Grenzen der stereotypen Opferrolle in ihrem Handlungsspielraum stark eingeschränkt. Der diesbezügliche Diskurs sei allerdings hier ausgeklammert. Nicht nur die Frauen in The Rocketeer sind stereotyp - alle Figuren sind das. Die Bösen werden beispielsweise über ihren Körperbau charakterisiert. Wenn man einen Bösen sieht, weiß man auch sofort, dass er einer ist.
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Retro-Chic
Die plantschbeckengleiche Tiefe der Figuren und der Handlung versus hübschen Bildern im Retro-Chic also. Auf der anderen Seite - muss denn jedes Comic wie ein illustrierter Dostojewski daherkommen? Neben all den Comics und Graphic Novels, bei denen der Text mittlerweile eine größere Rolle spielt als die graphische Gestaltung, kann es doch ruhig auch einmal umgekehrt sein.
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Der Reiz der Bilder in The Rocketeer liegt allerdings nicht nur am Retrostil, sondern auch am Pulp-Flair, den das Comic ausstrahlt. Es stammt eben aus den kleinen Comic-Magazinen der 1980er und das verleiht ihm einen ganz bestimmten Charme. Diese "Pulpigkeit" ist leider im Glanz-Outfit der neuen, gebundenen Gesamtausgabe wenig spürbar, wodurch dem unbedarften Leser der Zugang zur Pulp-Ästhetik leider erschwert wird.