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25. 2. 2011 - 13:27

Filmmusik auf Knopfdruck

St. Pöltner Forscher entwickeln intelligente Algorithmen zur Komposition von Filmmusik. Arbeitstitel der Software: "Generative Music for Media Applications", kurz "GeMMA".

Das Ergebnis der automatischen Komposition ist kein fix fertig orchestrierter Soundtrack zum Anhören. Vielmehr gibt die "GeMMA" Software eine Datei im MIDI-Format aus. MIDI-Files enthalten Daten, mit denen teure Synthesizer und Sampler im Tonstudio angesteuert werden können. Alternativ können sie auch direkt am PC abgespielt werden – dann klingen sie zwar nicht so bombastisch, aber es geht ohnehin primär um die musikalische Idee:

GeMMA soll eine Alternative zur bisherigen Arbeitsweise ermöglichen: Bisher stellen Filmemacher den Komponisten so genannte "Temp Tracks" zur Verfügung, also Musik, die "so ähnlich" klingt wie das, was der Musiker komponieren soll. Das funktioniere aber nicht immer gut, sagt GeMMA-Entwickler Julian Rubisch: "Das ganze treibt manchmal sogar solche Blüten, dass die Temp Tracks im fertigen Film drinbleiben. Berühmtes Beispiel dafür ist Stanley Kubricks "2001 - A Space Odyssee": Da hat irgendwann mal einer "Also Sprach Zarathustra" und den "Donauwalzer" druntergelegt - und das ist dann dringeblieben, weil man davon einfach nicht mehr abrücken wollte. Für den Komponisten ist das natürlich nicht angenehm."

Julian Rubisch

Julian Rubisch

Die Forscher am Institut für Medienproduktion haben über 500 Filmsoundtracks analysiert und bereits existierende Computerprogramme für generative Komposition untersucht. Julian Rubisch: "Es gibt zum Beispiel viele Plugins für Videoschnittsoftware, die irgendetwas generieren. Sie treffen manchmal ganz gut eine gewisse Stimmung, aber das Problem ist: Es klingt immer gleich. Wir wollten da andere Parameter reibringen, aus der Musikpsychologie: Welche musikalischen Parameter beeinflussen, dass ein Mensch Musik als emotional bezeichnen würde? Es geht also weniger darum, dass die Emotion hervorgerufen wird. Sondern darum, dass man ziemlich schnell sagen kann: das ist eine traurige Musik, das ist eine spannende Musik, das ist eine lustige Musik. Im filmischen Kontext ist das ganz wichtig."

Grundkriterium für die Erstellung von Musik mit GeMMa soll also die Emotion der Filmszene sein, die durch die Musik verstärkt oder konterkariert wird. Diese Parameter gibt der Filmemacher in GeMMA ein. Rubisch: "Ein Regisseur redet nicht von Tonarten, Skalen und Melodien usw. Er will, dass eine bestimmte Wirkung erzielt wird. Er redet davon, was ein Komponist machen soll." Neben Emotion und Bedeutung einer Szene, kann der Regisseur auch Zusatzparameter wie das favorisierte musikalische Genre eingeben. "Der Algorihtmus legt dann ein musikalisches Grundbett und baut Schritt für Schritt auf mehreren Ebenen Musik auf - und zwar auf Basis von Ergebnissen, die wir aus Recherchen und Hörtests haben."

Den Filmmusik-Komponisten ersetzen will das Forscherteam aus St. Pölten nicht. Zwar wird man, etwa bei Low-Budget-Filmproduktionen, auch die Musik aus der Software direkt verwenden können. Aber vorrangiges Ziel sei es, die Arbeit für Musiker leichter zu machen. Rubisch: "Indem wir ihnen Material geben, mit dem sie etwas anfangen können, zum Beispiel eine MIDI-Notation oder was auch immer. Jedenfalls Material, das ihnen mehr bringt, als wenn der Regisseur sagt, ich möchte dass es so klingt wie der Donauwalzer aber lustiger."

Einen voll funktionsfähigen Prototypen von Generative Music for Media Applications soll es 2012 geben.