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Conny Lee

Prokrastinative Hinterstübchen des Alltags

21. 2. 2011 - 19:36

Hast du Worte

Yallah, Fika, Feierabend - manche Worte lassen sich nicht übersetzen, sind aber sehr praktisch. "Untranslatables" ist eine Sammlung unübersetzbarer Wörter, die nur darauf warten, unseren Wortschatz zu erweitern.

cover von Intranslateble

Onomatopee

"Untranslatables" ist erschienen im Onomatopee Verlag und wird hier zum Download zur Verfügung gestellt.

Mit der Sprache versuchen wir die Welt in der wir leben zu beschreiben. Die grundlegenden Dinge des Lebens, wie "Essen", "Schlafen" oder "Mutter" gibt es deswegen in jeder Sprache. Und dann gibt es Wörter, die nicht in jede Sprache übersetzt werden können.

In Gesprächen mit Menschen aus anderen Ländern, beim Versuch, sich in Pidgin-English auszudrücken, stieß Sarah Vanhee immer wieder auf Begriffe, die sich nicht übersetzen lassen. Sie beschreiben ein Konzept, für das es in anderen Sprachen kein eigenes Wort gibt. Das brachte sie auf die Idee, derartige Wörter aus allen Sprachen zusammen zu tragen und in einem Buch zu veröffentlichen.

Daraufhin hat die belgische Künstlerin zusammen mit Kollegen und Freunden Wörter gesammelt und von mehreren Übersetzern immer wieder überprüfen lassen, ob diese Begriffe tatsächlich nicht in anderen Sprachen existierten.

Von allen Wörtern, die sie gefunden hat, haben sie und ihr Team schließlich die ausgewählt, welche im Alltag am nützlichsten wären. Diese werden in "Untranslatables" in einigen Sätzen erklärt und anhand von Beispielen wird demonstriert, wie man die Wörter verwenden kann.

seite 16 aus "Untranslatables"

Onomatopee

Die Grundidee hinter dem Buch ist, dass die Leser und Leserinnen sich die Wörter aneignen und in ihre Alltagssprache integrieren. Zu diesem Zweck haben Sarah Vanhee und ihr Team bei der Auswahl der Wörter darauf geachtet, dass sie leicht auszusprechen sind und etwas beschreiben, dass jeder kennt - universelle Konzepte, die Kulturübergreifend verstanden werden können.

Ein Jufli zum Beispiel (Schweiz) ist jemand, der immer etwas zu hektisch und ungenau arbeitet, und deswegen nicht so gute Ergebnisse leistet, wie er könnte. Oder ein(e) Colorido/a (Portugal) ist eine Person, zu der man ein mehr als nur freundschaftliches Verhältnis pflegt, aber auch keine Beziehung. Ein "Colorido" ist irgendwo zwischen Freundschaft und Flirt einzuordnen.

Wir verwenden im Deutschen bereits viele Wörter aus fremden Sprachen, wie zum Beispiel die "Chuzpe", das "Klischée" oder sogar den "Friseur". Im täglichen Sprachgebrauch haben diese Wörter bereits einen festen Platz eingenommen und wären nicht mehr wegzudenken.

Sarah Vanhee bezieht sich dabei auf den Begriff der "Linguistic Hospitality", der von dem französischen Philosophen Paul Ricoeur geprägt worden ist. Es geht darum, dass wir fremde Wörter in unseren Sprachgebrauch integrieren und damit einhergehend das Konzept, das dahintersteht. Wir erkennen in den neuen Wörtern Ideen, die uns zwar auch davor bewusst waren, für die wir allerdings keinen Namen hatten. Anhand der neuen Wörter können wir die Gedanken besser begreifen und unsere Ausdrucksmöglichkeiten erweitern.

Während der Lektüre von "Untranslatables" lernen wir nicht nur neue Wörter (die tatsächlich so praktisch und eingängig sind, dass sie zumindest in meinen alltäglichen Sprachgebrauch bereits aufgenommen wurden), sondern auch viel darüber, was Sprache kann und ausmacht. Wir bemerken, wie wir mit den fremden Wörtern auch fremde Kulturen aufnehmen und wie uns das bereichert. Wenn uns dann das nächste Mal die Xenophobie politischer und medialer Panikmacher um die Ohren schlägt, können wir dem vielleicht mit neuer Wortgewalt antworten.