Erstellt am: 20. 2. 2011 - 15:50 Uhr
Bad Gastein ist eine Hüpfburg
Rund 60 Freeskier und Snowboarder tummeln sich Freitagabend bei der Talstation der Stubnerkogelbahn in Bad Gastein. Es ist das zehnte Jubiläum des Imperium Gastunum, eines kleinen Contests mit familiärer Atmosphäre. Reggae-Tunes dröhnen aus den Boxen und die Teilnehmer mischen sich selbstverständlich unter die Zuschauer. Langgediente Profis, wie der Schladminger Freeskier Flo Wieser, sind genauso mit dabei, wie völlige Newcomer, und sie alle müssen sich für den Bewerb erst mal qualifizieren.
Rupert Brandstätter
Die Skipiste ist hell erleuchtet. Direkt am Ende steht ein Snowpark mit einer großen Schanze, ein paar Rails und Boxen. Freeskier sowie Snowboarder brettern da drüber, aber nicht alle sind mit den Bedingungen hundertprozentig zufrieden. "It’s hard for us snowboarders, because we don’t get enough speed for the big kicker", meint ein aus Tschechien angereister Teilnehmer. Beim Imperium Gastunum scheint es aber ohnehin nicht darum zu gehen das Maximum aus den Fahrern herauszuholen. Vielmehr geht es um den Spaß an der Sache und darum eine große Brettlparty zu feiern – mit einfachen Mitteln und DIY-Flair. Und es geht darum zu zeigen, dass das Klischee der Feindschaft zwischen Freeskiern und Snowboardern längst überholt ist.
klaus thyri
In einer Jam Session, d.h. jeder kann innerhalb einer Stunde so oft fahren wie er möchte, zeigen die Teilnehmer ihre Tricks – von einfachen 360-ern bis zu mehrfachen Umdrehungen um die eigene Achse und Flips ist alles dabei, was derzeit auf der Freestyle-Trickhitliste ganz oben steht. Einige der Sprünge sind jedoch wackelig, und auch der Style lässt teilweise zu wünschen übrig. Kein Wunder, denn viele der Teilnehmer stehen erst am Anfang ihrer Board- und Skikarriere und haben nur an den Wochenende Zeit zu trainieren, wie etwa der 12-jährige Freeskier Dominik Rangger, der trotzdem beeindruckende Double Front Flips zeigt. "Ich hab mir das alles selbst beigebracht", sagt er schüchtern und in tiefstem Tirolerisch. "Daheim in Ischgl fahr ich immer mit meinen Freunden im Powder".
Rupert Brandstätter
Von den Imperium Gastunum Teilnehmern wird nicht nur an den Obstacles einiges abverlangt. Während der Qualifikation müssen die Rider immer wieder zu Fuß den Hügel bis zum Start raufstapfen. Erst im Finale zieht ein Skidoo die zwanzig Verbliebenen die Piste hoch. Im Minutentakt stürzen sich Freeskier und Snowboarder den Park hinunter. Den Überblick zu behalten, ist dabei schwer, und auch der Moderator hat Schwierigkeiten die Tricks zu kommentieren und die Fahrer auseinander zu halten. Dass das Imperium Gastunum in seinem zehnten Jahr geschlagen ist, merkt man nur daran, dass sich irgendwann keiner mehr über den Kicker wirft. Das Chaos nimmt allmählich Überhand. Bei der verspäteten Siegerehrung ist die Hälfte der Gewinner nicht auffindbar oder kommt zu spät. Das Publikum ist fast zur Gänze nach Hause gegangen und Preise werden an die falschen Teilnehmer vergeben. "Das macht aber gar nichts", meint einer der ausdauernden Zuschauer. "Es ist voll super, dass man hier so viele Newcomer gesehen hat, dass die Locals zammkommen und a Gaude haben."
Ergebnisse des Imperium Gastunums 2011:
Freeski:
1. Christoph Walchhofer
2. Flo Wieser
3. Rene Schwabl
Snowboard:
1. Peter Walchhofer
2. Kevin Scherübl
3. Tomas Tuzar
Rupert Brandstätter
Szenenwechsel. Samstagabend in der Bad Gasteiner Innenstadt. Hier, im ehemaligen kaiserlichen Kurort, ist alles bereit für den Start der Red Bull Playstreets, für die man offensichtlich keine Kosten und Mühen gescheut hat. Komplizierte Holzgerüste sind aufgebaut und 2.000 Kubikmeter Schnee per LKW in das Zentrum gekarrt worden, damit der Bereich vom Hotel Salzburger Hof bis zum Meran Garten zum Spielplatz für die weltbesten Freeskier wird. Achtzehn geladene Profis aus der ganzen Welt sind gekommen, um zu zeigen, dass sie nicht nur am Berg, sondern auch in der Stadt mit ihren Brettern umgehen können. "Die Playstreets sind mal was anderes als die Standardcontests, die jetzt überall sind. Der Parcours ist sehr kreativ angelegt, und es macht Spaß, weil auch die Zuschauer so nah dran sind." Der Tiroler Luggi Brucic ist einer von vier Österreichern, die in Bad Gastein am Start stehen, und er ist der Einzige, der es bis ins Finale schafft.
erwin polanc
Der international besetzte Event ist bis ins kleinste Detail durchorganisiert. Zwei Moderatoren sorgen dafür, dass das Publikum bei Laune bleibt und die technisch ausgereiften Tricks der Freeskier auch mitbekommt. Denn nicht von überall sieht man den gesamten Parcours ein. 500 Meter lang windet er sich an Häuserfronten vorbei, über Stiegengeländer hinab und endet schlussendlich auf einem Hausdach, von dem aus viele der Fahrer hübsche Salti hinuntermachen. Große Videowalls zeigen die spektakulärsten Sprünge in Zeitlupe und die Gesichter der adrenalingeschwängerten Freeskier im Zieleinlauf. Danach wird jeder Fahrer mit einem eigenen Quad wieder zum Startbereich hinaufgefahren. Pausen gibt es während des Contests kaum. Alles geht zacki zacki und fast ein bisschen zu schnell. Von achtzehn Teilnehmern sind irgendwann nur noch vier übrig, die sich im Finale ein Battle-Highlight liefern sollen. Doch dann kommt alles anders als geplant.
erwin polanc
Publikums-Liebling Luggi Brucic steht am Startgate und wird mit "Luggi"-Schreien angefeuert. Es geht um den dritten Platz. Doch schon nach dem zweiten Obstacle stürzt der Tiroler und sein weit gereister Gegner Jossi Wells aus Neuseeland hat ein leichtes Spiel. Auf Nummer sicher und uninspiriert fährt er den Parcours hinunter, gewinnt somit das kleine Finale und lässt sich feiern. "All of us are pretty much glorified show-offs. We love to get in front of a crowd and do our thing."
"Täglich grüßt das Murmeltier" heißt es dann auch im großen Finale. Der erst 16-jährige Finne Antti Ollila verpatzt ebenfalls seinen Finallauf, und somit ist schon vor Ende klar, wer am Podest ganz oben stehen wird – der Schweizer Elias Ambühl. Auch er gibt bei seinem letzten Run nicht mehr alles, sondern hüpft wie ein Newcomer über die Kicker. Ein spannendes Finale ist jedenfalls etwas anderes. Das Publikum dankt es dem Sieger trotzdem. "Der ist einfach so fesch", sagt eine Zuschauerin in der ersten Reihe, und sie ist nicht die Einzige, die während der Siegerehrung rote Wangen bekommt - ob aus Liebe auf den ersten Blick oder wegen der eisigen Temperaturen sei jetzt mal dahingestellt.
Ergebnis der Playstreets 2011:
1. Elias Ambühl (CH)
2. Antti Ollila (FIN)
3. Jossi Wells (NZL)
erwin polanc