Erstellt am: 19. 2. 2011 - 12:49 Uhr
Vom Finden und vom Stöbern
Das Caritaslager Mittersteig ist auf einem ehemaligen Fabrikgelände im fünften Bezirk untergebracht. Gleich beim Eingang ist die Spendenannahme. Gerade liefert eine Frau alte Kinder-Skischuhe und Bücher ab, "weil die kann sicher noch wer brauchen." Die Spendenbetreuerin ist umgeben von Bergen von Textilien und anderem vermischten Zeug. Sie zählt auf, was alles hereinkommt: "Gut erhaltene Kleidung, Schuhe, Hausrat, Möbel, viele Bücher, … Es gibt nichts, was es nicht gibt!"
Irmi Wutscher
Hinter einem Plastikvorhang beginnt anschließend der Verkaufsbereich, er erstreckt sich über vier Fabrikhallen. Neben einer große Platten- und Büchersammlung werden in der ersten Halle vor allem die schöneren Antiquitäten angeboten. Sogar mehrere Klaviere gibt es. Auch der Hausrat ist hier untergebracht: Regale voller Teller, Tassen und Gläser und Kisten voller Besteck laden zum Kramen ein. Weiter hinten gibt es eine Elektronikabteilung mit Fernsehern, Stereoanlagen oder Kaffeemaschinen. Es gibt eine Schrank- und Sofaabteilung und eine Kleiderhalle. Auch ein eigenes Kinderland mit Spielzeug, Dreirädern und Kuscheltieren ist eingerichtet.
Irmi Wutscher
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Dass gebrauchte Dinge im Trend liegen, das merkt man auch in den Caritas-Lagern, die es immerhin schon seit über 20 Jahren gibt, sagt Elisabeth Mimra, die Leiterin der beiden Wiener Caritashallen: "Wir merken einen vermehrten Zustrom. Ich glaube, es ist auch das Bewusstsein bei den Menschen gestiegen, dass man nicht mehr alles wegwirft. Für die Leute ist da auch der Umweltgedanke wichtig. Nicht nur das Mülltrennen zu Hause ist mehr wichtig, sondern, dass man sagt: "Der Sessel ist noch völlig in Ordnung, den kann jemand anderer noch brauchen!"
Die Sachen stammen ausschließlich aus Spenden und von Entrümpelungen, sagt Elisabeth Mimra, vom Mistplatz o.ä. wird nichts geholt. "Die einen bringen etwas, weil sie ganz froh sind, dass sie es wiederverwertet wird. Und die anderen suchen etwas, das sie nicht haben oder sie finden bei uns die kuriosesten Dinge."
Die gespendeten Sachen werden vor Ort sortiert, gesäubert und repariert, meist von Menschen, die schon lange keine Arbeit mehr gefunden haben. Denn die zur Halle gehörenden Werkstätten sind ein sozialökonomisches Projekt, bei dem Frauen und Männer wieder in den Arbeitsmarkt integriert und qualifiziert werden. Das Sozialprojekt funktioniert aber nach zwei Seiten: Denn die Sachen werden teilweise wieder zu sehr günstigen Preisen verkauft. So können sich hier auch Menschen mit einem sehr geringen bis gar keinem Budget eine Wohnungseinrichtung oder den warmen Wintermantel leisten.
Irmi Wutscher
Das Publikum ist sehr durchmischt, sagt Zivildiener Severin: "Von ganz armen bis ganz reichen Leuten, sehr viele Sammler, man kann eigentlich gar nicht genau sagen, wer am ehesten kommt." Elisabeth Mimra bestätigt das, sie meint von AntiquitätenjägerInnen über Studierende, die ihre erste WG einrichten, bis zu MindestpensionistInnen sei alles dabei. Auch Filmleute suchen manchmal in den Carlas nach Requisiten.
Irmi Wutscher
Aus dieser Mischung ergeben sich auch immer wieder Herausforderungen, sagt Zivi Severin: "Die Leute hier haben eine ganz andere Einstellung, als wenn sie jetzt in den Möbelmarkt einkaufen gehen. Verhandlungen sind an der Tagesordnung, mit dem muss man lernen umzugehen."
Caritas Läden in ganz Österreich
Für alle BesucherInnen gilt: Einen besonderen Schatz hat jedeR schon mal in der Caritashalle gefunden:
"Es war eine Tortenplatte, ich glaube, das nennt man so. Die macht mich persönlich total glücklich, denn meine Mutter hatte so eine ähnlich, die wurde aber leider entsorgt. Jetzt ist die mein kleiner Schatz!"
"Ich habe das Glück gehabt, hier ein paar Grafiken zu Bekommen, von einem jetzt sehr geschätzten Kunstprofessor an der Universität von Warschau!"
"Ein Kaffeeservice! Von dem hatten wir nur fünf Teile und jetzt kann meine Mutti für neun Personen decken!"
"Das Spannende hier ist: Man weiß ja nie, was man kauft!"
"Ich finde die bereits beschriebenen Postkarten genial! Jedes einzelne Ding erzählt seine Geschichte!"