Erstellt am: 8. 3. 2011 - 13:11 Uhr
Von der Party gezeichnet
Eine fröhliche Polonaise schwingt sich ausgelassen über Vorder- und Rückseite des Buches. Dreht man das Buch leicht, kann man je nach Lichteinfall einzelne Sätze lesen - transparent glänzend geben sie typische Gesprächsfetzen und Gelächter einer Party wieder. Aber schon der Titel lässt ahnen, dass irgendwas nicht stimmt: "Am falschen Ort" von Brecht Evens.
reprodukt verlag
brecht evens
Gert hat Freunde und Bekannte eingeladen. Akurat hat er alles vorbereitet und Schnittchen und Gläser derart symmetrisch angeordnet, dass nur mehr wenig Platz für Lockerheit bleibt. Folglich läuft die Party nicht richtig an. Die Gäste sitzen lustlos um die Getränke und die Gespräche wollen auch mit Gerts Hilfe nicht interessanter werden.
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Geraucht darf nur in der Küche werden - unter dem Dunstabzug.
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Aber die Party steuert dem Höhepunkt zu - denn alle warten auf Robbie, den Partytiger, der jede Party ins Laufen bringt. Gert ist befreundet mit Robbie und nur die Vorfreude auf den König aller Parties lässt die Gäste hoffend warten.
brecht evens
Robbieschwänke werden zum Besten gegeben, aber der Held taucht einfach nicht auf. Etwas enttäuscht und frühzeitig verlassen die Gäste die Party.
Damit endet die erste Sequenz der Graphic Novel "Am falschen Ort" von Brecht Evens. In der zweiten treffen wir auf Robbie in einem Club bzw. trifft eine Frau ihn und verfällt ihm schnell und ganz und in der dritten Sequenz begleitet Gert seinen Freund Robbie in diesen Club.
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Der Inhalt ist simpel und schnell erzählt. Aber bei dieser Graphic Novel ist es weniger die Geschichte, als vielmehr die Art, wie diese erzählt wird. Brecht Evens malt bunte kräftige Aquarelle, die ineinander zu fließen scheinen. Es gibt kaum Panelrahmen - jede Seite wirkt wie eine eigene Komposition: mal sind die Bilder angeordnet, mal füllt eine große Illustration die Seite aus, ein andermal bewegen sich die verschiedenen Abschnitte der Handlung im Hintergrund. Menschen werden immer blasser, scheinen fast durchsichtig, anderswo leuchten sie geradezu.
Nur Gert bleibt eine graue Existenz - Während die Party immer dort ist, wo Robbie ist, ist Gert meistens am falschen Ort. Oder sind es all die anderen?
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Neben den Panelrahmen verzichtet Brecht Evens auch auf Sprechblasen und erfasst so gekonnt typische Partyszenen. Hier ein Satz, da Gelächter, dort ein paar Wörter.
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Die subtile Geschichte wird mit lebensnahen Figuren bereichert: Einsame Herzen, Mitläufer, Ausgelassene neben Verlassenen - und mittendrin der graue Gert, der seinen Alltag irgendwie meistert, und der Herzensbrecher Robbie, dem Menschen und Möglichkeiten zu Füßen liegen. Am Schluss fragt man sich zwar, was diesen Robbie so besonders machen soll, aber egal, es sind die prächtigen Bilder, die überzeugen.
Brecht Evans