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Robert Rotifer London/Canterbury

Themsenstrandgut von der Metropole bis zur Mündung: Bier ohne Krone, Brot wie Watte und gesalzene Butter.

14. 2. 2011 - 18:00

A look inside the box

Lass liegen den Grammy, wir besuchen Box Codax in Hackney. Heute im Heartbeat

Nach der Sendung gibt es das aktuelle Heartbeat auch zum Nachhören On Demand

Wie alle wissen, haben wir nichts anderes zu tun hier, als den untoten Resten der Musikindustrie gehorsame Diener zu sein, deshalb ja heute auch hier auf der FM4-Website der große Schwerpunkt zum Grammy-Sieg von Arcade Fire (eben nicht).

Ja, da kann man sich jetzt freuen, oder es kann einem wurscht sein oder man nützt den Anlass, sich vollinhaltlich zu distanzieren, wie zum Beispiel drüben im australischen Exil der streitbare Everett True, siehe dies oder das.

Andernfalls kann man sich auch nostalgisch daran erinnern, wie es damals 1997 war, als das Establishment uns unsere Band weggefeiert hat und mit einem abgeklärten Kopfschütteln direkt zum neuen Radiohead-Album The King of Limbs weiterklicken.

Nick McCarthy im Heimstudio

Robert Rotifer

Dort angelangt, stellen wir fest, dass Radiohead den „Zahl soviel du willst“-Gedanken wieder aufgegeben haben. Der Dreh mit dem „Newspaper Album“ hat natürlich schon was.

„Niemand kauft mehr Platten...“
„Ich weiß was, wir geben unsere Platte einfach als Zeitung heraus. Alle kaufen Zeitungen...“
Ups...

Wir dürfen annehmen, dass Radiohead diese Ironie nicht entgangen ist.
Obwohl Ironie ja sonst eher weniger ihre Sache ist.

Aber von all dem wollte ich hier eigentlich gar nicht erzählen, sondern von einer Platte, die überhaupt erst in drei Monaten beim Münchner Label Gomma Records rauskommen und die Grammy-Jury vermutlich gar nicht tangieren wird.

Nick McCarthys Gitarren

Robert Rotifer

"Ich hab in der Zwischenzeit noch ein paar mehr Gitarren bekommen", sagt Nick

Im Dezember schon gab mir Nick McCarthy von Franz Ferdinand bei „Michael Rother plays the music of Neu!“ im Barbican eine nackte CD in die Hand, die dann über die Weihnachtsferien ungehört herumgelegen ist, da stand nichts als „Box Codax“ drauf.

Wer sich an den Erstling dieses Seitenprojekts, eine LP namens „Only An Orchard Away“ aus dem Jahre 2006 erinnern kann, weiß, dass dies bisher eine ausgesprochen lose, lockere, ja bruchstückhafte Affäre war, mit wesentlich mehr Gewicht auf Charme und Esprit, denn auf Ausführung (sagen wir es einmal so).

Große, weiße Space-Orgel

Robert Rotifer

Die große weiße Space-Orgel, gehört eigentlich Joe von Metronomy, der hat aber keinen Platz dafür

„Hellabuster“, der Zweitling, überraschte mich dann umso mehr, als ich ihn mir anhörte. Das war nicht weniger als die vor Sound-Ideen, Beats und Melancholie sprühende Pop-Platte, die man eigentlich von Franz Ferdinand erwartet hätte, wenn sie nicht letztlich immer ihrem Rockband-Format treu geblieben wären.

Und mehr als das: Von Ragnews in herrlich ungeniertem deutschem Akzent vorgetragenen Geschichten von Schokopudding und skeptischem Solipsismus über die mittlerweile als Dritte hinzugestoßene Manuela Gernedel mit ihrem Hang zu morbid-romantischen Strandromanzen bis zu den Filmsoundtracktendenzen und bizarren Keyboard-Workouts des Nick McCarthy.

Ich hab den in Rosenheim aufgewachsenen und dementsprechend bayrisch parlierenden Nick daraufhin gleich in seinem kleinen Studio in Nordlondon besucht (wo er derzeit mit Hrn. Kapranos Songs für die nächste Franz-Platte schreibt). Das dabei entstandene Gespräch und einen großen Teil von „Hellabuster“ wird es heute in FM4 Heartbeat zu hören geben. Gewissermaßen als Grammy-Schleim-Gegengift.