Erstellt am: 16. 2. 2011 - 06:00 Uhr
White Wives
"His true goal was not to free the prisoners, it was to show that people without fear still exist. That, too, was playacting... There are situations which people are condemned to playact. Their struggle with mute power (the mute power across the river, a police transmorgrified into mute microphones in the wall) is the struggle of a theater company that has attacked an army."
Milan Kundera; The Unbearable Lightness Of Being
Die neue EP "Situationist" von den White Wives ist am 15. Februar auf dem lockandkeycollective erschienen.
![© Chris Lopes Punk Band White Wives](../../v2static/storyimages/site/fm4/2011026/l_7f63839ee6974dc28254fc85d38edf56_body.jpg)
Chris Lopes
Anti Flag wurde bereits 1989 in Glenshaw, Pennsylvania gegründet. Seit 1999 haben sie in unverändertem Line Up neue Akzente im Bereich des politisch motivierten Punk-Rock gesetzt. Sei es durch ihre sozialkritische Message, mit der Gründung ihres eigenen Labels AF-Records oder durch ihr friedenstiftendes Engagement mit der Gründung von Plattformen wie "Military Free Zone" oder "Underground Action Alliance". Kritisiert von der Szene wurde die Band rund um Frontman Justin Sane vor allem 2006 wegen ihres Wechsels zum Major-Label RCA. Alben mit Produzenten-Schwergewichten wie u.a. Tony Visconti (2008: The Bright Lights of America) und Tourneen mit den ganz Großen des Genres (u.a. Rage Against the Machine) folgten. Der große kommerzielle Erfolg blieb jedoch nur den Kollegen von Rise Against vergönnt. Anti Flag kehrten 2009 mit ihrem aktuellen Album "The People or the Gun" zurück in szeneinterne Gefilde und arbeiten seitdem mit dem Los Angeles-based Punk-Indie-Label SideOneDummy Records zusammen.
Aber hier geht's wie bereits erwähnt nicht um Anti Flag sondern um das brandneue Side-Project ihres charismatischen Bassisten und Hockey-Maniac Chris #2 und dem immer so schweigsamen Chris Head. Ergänzt werden die White Wives von Roger Harvey (Dandelion Snow), Andy T. (The Code) und Tyler Kweder (American Armada).
Geboten wird auf der erst gestern auf Lock & Key Collective erschienenen EP "Situationist" wunderschöner Post-Hardcore, dessen Roots weniger im punkigen Anti Flag-Milieu beheimatet sind, sondern der eher mit härterem Indie-Pop liebäugelt. Das sehr gute Pixies-Cover "Where is my mind" unterstreicht das stilistische Einzugsgebiet der White Wives. Zweifelsfrei hört man musikalisch die Beteiligung der Anti Flag-Members. Die charismatische Einzigartigkeit der Band liegt aber nicht an #2 und Head. Die große Überraschung liefert Roger Harvey aka Dandelion Snow, der der Band nicht nur jugendliche Frische verleiht, sondern durch seine erstaunlich charismatischen Stimme den Songs den Wiedererkennungswert verleiht, der die White Wives einzigartig macht. Harvey versetzt dem eher punkigen Song-Writing eines Chris #2 den notwendigen melancholischen Pinch, den das Projekt benötigt, um nicht als reine Anti Flag Side-Band abgestempelt zu werden. Auch wirkt das Projekt wie eine musikalische Frischzellenkur für #2 und Head. Man merkt die Spielfreude in den Songs; der Ausbruch aus dem musikalisch doch sehr engen Korsett von Anti Flag wird mit Song zu Song spürbarer. White Wives wirken so wie die musikalische Selbstverwirklichung der langjährigen 1,2,3 GO Protagonisten.
Anspieltipp der EP ist der Song "Hungry Ghosts", der durch die sehr gut arrangierten Gesangparts und den eingängigen Refrain auffällt. Die Songs auf "Situationist" sind allesamt roh und melodisch, verwurzelt in einer emotionalen und eher intellektuellen musikalischen Identität.
Man darf gespannt sein, ob die White Wives sich aus dem Schatten von Anti Flag herausspielen und von einem Side-Project zu einer, auch im Hinblick auf Tour-Aktivität , Full-Time Band werden. Das Potential dafür hätten sie allemal.
Die heutige FM4 Basement Show stellt u.a. die brandneue EP der White Wives vor und plaudert mit Chris#2 über sein neues musikalisches Tätigkeitsfeld und seine Hauptband Anti Flag und liefert überdies Neuigkeiten aus der wunderschönen, rohen Welt des Punk und Hardcore. Ab 22 Uhr im House of Pain. TUNE IN!