Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Fußball-Journal '11-9."

Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

11. 2. 2011 - 21:18

Fußball-Journal '11-9.

Wenn das Fest beginnt. Behagen und Unbehagen zum heimischen Bundesliga-Start. Und die Sache mit den Kennziffern.

Meisterschaft und Cup, die Bundesliga, der ÖFB und das Nationalteam, das europäische Geschäft, der Nachwuchs und die vielen Irrsinnigkeiten im Umfeld: Das Fußball-Journal '11 begleitet nach dem Jahr 2010 auch das neue Jahr wieder ungeschönt und ohne Rücksichtnahme auf Skandalisierungen und die Stillhalte-Abkommen, die den heimischen Fußball-Journalismus so mutlos daherkommen lassen.

Heute mit ein paar Erwartungen und Befürchtungen zum Bundesliga-Start - mit einem unbeabsichtigten Wirtschafts-Schwerpunkt.

Ich bin nie so gespalten in eine neue Halbsaison gegangen wie dieser Tage. Zum einen haben es die Liga-Manager rund um Georg Pangl tatsächlich geschafft mich von ihrer guten Seite zu überzeugen. "Smart" ist das Losungswort der Stunde, smart will die Liga sein und ihrem schon vergessenen Grundsatz "Profis für Profis" entsprechen. Die von der Liga am Montag zum Saisonstart präsentierten Kennziffern sind in Ordnung, auch die nicht ganz so günstigen Werte werden nicht komplett verschwiegen, und in bislang im Sport-Bereich unterrepräsentierten Bereichen wie Symposien zu Ökonomie, Medien oder Psychologie, vor allem Social Campaigning (Jugend und Gewalt, geschickte Kombination aus Spots und Aktionen an Schulen und am Platz) und einem Brückenschlag zur Kunst (die Art Challenge ist das erste diesbezügliche Projekt, das nicht komplett lächerlich daherkommt) zeigt man sich tatsächlich auf der Höhe der Zeit. Der Werbewert der Liga ist deutlich gestiegen - durch stabil hohe Zuschauerzahlen, mehr Fernsehminuten und unaufgeregte General-Sponsoren. Und auch die neue Bundesliga-Website kann einiges mehr als die alte.

Da kann auch die überfällige und bitter nötige Aufklärung der verheerenden Ära Stronach/Westenthaler, die derzeit von der Investigativ-Redaktion des Kurier aufgeblattelt wird, nicht dran kratzen. Denn diese alten Player, die sind weg - ebenso wie die alte Garde der Geldverschieber und In-die-eigenen-Taschen-Wirtschafter in den Vereinen.

Dass sich beim großen Wettbetrugskandal-Prozess in Bochum ab dem 21.3. in der Anklageschrift doch auch geschobene Spiel der 1. Liga finden, obwohl die Offiziellen anderes behauptet haben - diese Schuld teilt sich die Liga mit dem ÖFB.

Und natürlich ist auch die Posse rund um die Bestellung des neuen Marketingleiters der Bundesliga nicht mehr als ein Gag, der niemanden wirklich kratzt.

Financial Fair Play

Irgendwie passen dann aber die tatsächlichen Kennziffern der Vereine, die Michael Fiala für die aktuell aufregendste Fußball-Website, 90minuten.at recherchierte, da gar nicht dazu: da tauchen Sorgenkinder auf, die man nicht erwartet hat, da kommt einiges an Negativ-Kapital und schlechten Bilanzen (hier der direkte Link) zusammen.

Wenn sich jetzt über dem geneigten Fußball-Freund bereits eine "Mir-wurscht!"-Denkblase über dem Kopf manifestiert - ich habe eine Botschaft: nicht mehr lange. FIFA und UEFA werden im Rahmen einer Financial Fair Play-Kampagne nämlich die ökonomische Fitness der Vereine demnächst zum entscheidenden Kriterium für internationale Auftritte machen. Weshalb die Bilanz der Liga und der Vereine auch so wichtig ist. Pangls wichtigste Kennzahl ist deshalb der europäische Top 4 Platz, neben der deutschen, der belgischen und der schwedischen Liga ist die österreichische Bundesliga die einzige Spielklassen in Europa, die 2009 ein Plus erwirtschaftet hat.

Umso trauriger muten dann also die Tricksereien der Vereine auf die Spur kommen zu müssen - mit dem LASK, Wr. Neustadt (beide logisch) und der Austria (doch sehr überraschend) als Sorgenkindern.

Die smarte Liga

Und auch die im Erfolgsbericht angeführte Tatsache, dass die Winter-Übertrittszeit so gelassen vonstatten ging, ist weniger auf mehr Überlegung und bessere Jugendarbeit, als auf das neue FIFA-Transfersystem und die dadurch erfolgte Verhinderung allzu vieler Haberer-Gschäftl-Transfers zurückzuführen. Dass die Liga bei einer ganz entscheidenden Kennziffer, der Export-Import-Quote auch im Jänner-Transfer-Fenster komplett versagt, hab ich bereits thematisiert. Und dass es den Top Ten des heimischen Fußballs ganz gut geht, im Bereich darunter allerdings nichts funktioniert, wird dann, wenn die Erste Liga wieder los startet (also Ende des Monats) hier definitiv Thema sein.

Es klappt also vieles noch nicht - das wenigste liegt aber in der Hand der Bundesliga, das meiste in Angelegenheit der Vereine.
Dass es die Liga diesesmal tatsächlich geschafft hat, sich nicht (wie noch bis zum Saisonstart im Herbst - wir erinnern uns an die erbärmliche Vorlage die - der aktuell glücklicherweise unsichtbare Präsident Rinner da gegeben hat) im bückenden Gefolge der partikulären Vereins-Interessen zu positionieren, sondern aus sich heraus ganz wichtige Angebote an die gesamte Branche zu legen, das überrascht mich.
Da hat sich eine neue Generation von Profis freigespielt, aus der Umklammerung der Frühstücks-Direktoren der Marke Rinner/Windtner befreit und versucht tatsächlich und seriös europäischen Anschluss zu finden - also auch ganz anti-constantinesk oder anti-pacultesk.

Muffeliges und das OM-Loch

Was mich zu den sportlichen Sorgenkindern führt. Den Vereinen, die entweder zerstritten und deshalb verheerend (LASK) oder einfach nur dämlich (Salzburg: Vittek, Douglas) eingekauft haben, oder sich an den Ötzi aus Kanada hängen (Neustadt ist schon erledigt, Sturm steht das bevor) ohne auf dessen Lebenszeichen zu achten. Wenn ich die davor besprochenen Vereine in Finanztroubles dazu zähle, dann ist das schon wieder die absolute Liga-Mehrheit.

Am Samstag geht die Frühjahrs-Saison los. Mit nur noch drei möglichen Spielterminen: 16.00, 18.30 und 20.30 - wegen der Verlässlichkeit. Um 16 Uhr beginnen Austria und Ried, dann folgen drei Spiele um 18.30. Sonntag folgt das West&Hass-Derby zwischen Innsbruck und Salzburg.

Und dann wäre da noch etwas aus der Abteilung "steter Tropfen". Weil ich darauf bestehe, dass ein Verein der sich international messen will, auch dementsprechende Vorkehrungen treffen und Maßnahmen setzen muss, nehme ich seit Jahren Rapid Wien besonders kritisch ins Kreuzverhör. Und bin wortreich entsetzt über das vorsichtig gesagt taktische Defizit, die schlechte Vorbereitung auf die jeweiligen Gegner, die unterirdische Kommunikationspolitik und die fahrlässige Ignoranz moderner Strategien. Und ich prangere seit Jahr und Tag das sogenannte Hofmann-Loch, einen gravierenden Systemfehler im Rapid-Mittelfeld, an.

Ersteres hat sich mittlerweile bereits zur U-Bahn-Zeitung durchgesprochen und sorgt für höhnische Veröffentlichungen.

Zweiteres taucht, etwas weiter gefasst (man spricht da vom OM-Loch), auf der Forza-Rapid-Site auf und stellt die Fähigkeit des Trainerteams modernen Fußball spielen zu können klar in Frage.

Auch diese Löcher sind sowas wie sportliche Kennzahlen. Und bereiten mir Behagen und Unbehagen zugleich.