Erstellt am: 5. 2. 2011 - 15:44 Uhr

Staubig und betörend

Schlanke Schatten und düstere Stoßgebete: Mark Lanegan und Isobel Campbell im FM4 Spielzimmer.

"I'm not scared of the dark though you tangle and tease me
But worse than your bark you said you'd never leave me"
(Mark Lanegan & Isobel Campbell - "Come Undone")

Unzählige Klischees werden bedient, wenn ungleiche Partner aufeinander treffen. Handelt es sich um Mann und Frau, wobei er den Dreck auf der Seele durch sein raues und kratziges Organ repräsentiert und sie die lieblich betörende Fee darstellt, die ihm sein Höllenfeuer lindern kann, sind wir mitten in abgedroschenen Rollenmodellen. Oder in den ganz neuen, denn die defekten Männer, von Hank Moody bis Dexter Morgan, begegnen uns gegenwärtig immer öfter und tatsächlich scheint ihr Seelenheil, wenn überhaupt, nur durch das andere Geschlecht erreichbar. So abgedroschen solche Markierungen auch sind, irgendwie versagt die Sprache einem dann doch individuellere Formulierungen, wenn man Seelenverwandtschaften wie jene von Mark Lanegan und Isobel Campbell fassen möchte.

Und tatsächlich rettet sie hier nicht ihn, sondern sie retten einander.

Mark Lanegan/Isobel Campbell

To Hell and back

Vor einigen Jahren hätte wohl kaum einer gedacht, dass diese Verbindung so lange hält. Erste fruchtbare Aufnahmen für die EP "Time is just the same" münden in das großartige Debüt "Ballad of the Broken Seas", das prompt für den prestigeträchtigen Mercury Prize nominiert wird. Es folgen zwei weitere Werke, jüngst "Hawk", ein erneuter Beweis, dass Lanegan und Campbell schon lange keine Fußnote mehr sind, sondern ein Markenzeichen für die staubige und gleichzeitig betörende Berührung von Americana und Chanson.

Wie bei allen prägenden Verbindungen zwischen Mann und Frau liegt die künstlerische Kraft dieser Partnerschaft in dem Raum, den sie einander gewähren. Auf Songs wie "Lately" oder "Come Undone" verbinden sie Country mit Soul, lassen einander die Möglichkeit, ihre eigenen Dämonen einzubringen, ohne je kitschig oder abgeflacht zu wirken.

Wie bei sämtlichen Projekten, bei denen Lanegan seine Finger im Spiel hat, ist auch hier der Höllenschlund zum Greifen nahe. Lanegan, der ewig Getriebene, die Ex-Screaming-Trees-Legende, Teilzeit-Sänger der QOTSA und der nicht minder großartigen Soulsavers, präsentiert sich wie immer als gebeutelter Wandersmann mit dem rabenschwarzen, staubigen Organ. Die Schottin Isobel Campbell wiederum, ohne die Belle and Sebastian meiner Meinung nach nie wieder in selbem Glanz erstrahlen werden, besticht durch ihre körperlose, fragile Stimme, mit der sie schon auf ihren Soloalben (auch unter dem Pseudonym The Gentle Waves) bezaubert. Und kaum jemand kann das Cello schöner weinen lassen, als sie.

Mark Lanegan und Isobel Campbell erinnern in vielen Momenten an andere hingebungsvolle Paare wie Lee Hazlewood und Nancy Sinatra oder jüngst Angus and Julia Stone. Mit ihren flehenden Stoßgebeten und düsteren Liebesgedichten sind Mark Lanegan und Isobel Campbell zum Garanten für melancholisch-sehnsüchtiges Songwriting geworden. Und vielleicht retten sie damit nicht nur einander, sondern auch uns.

Im FM4 Spielzimmer

FM4 sendet am Mittwoch, 9. Februar, ab 20.30 Uhr als exklusives FM4 Spielzimmer einen Mitschnitt von ihrem Konzert Ende letzten Jahres im Les Docks, Lausanne. Am besten jetzt schon zwei Finger auf "Record" und "Play" legen.