Erstellt am: 4. 2. 2011 - 11:09 Uhr
Wenn Schüler ihre Lehrer beurteilen
Wovon viele Schüler träumen, ist im Internet schon lange möglich. Viele Webseiten widmen sich der Benotung von Dienstleistungen. Auf solchen Plattformen kann man die Leistung von Hochschulprofessoren, Ärzten und Richtern bewerten. Lediglich eine Berufsgruppe wehrt sich vehement gegen solche Beurteilungsmethoden, obwohl sie selbst tagtäglich mit Noten zu tun hat: die Lehrer.
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Tatsächlich sind Bewertungsportale, auf denen Schüler ihre Lehrer bewerten können, bei der Lehrerschaft äußerst umstritten. 2009 klagt etwa eine Deutschlehrerin aus Köln gegen die Internetseite spickmich.de, da sie sich bei der Beurteilung ihrer Person in ihren Persönlichkeitsrechten angegriffen fühlt. Neben Kriterien wie "menschlich" oder "motiviert" kann auf der Plattform nämlich auch die Qualität des Unterrichts bewertet werden und besagte Deutschlehrerin kam gerade mal auf die Gesamtnote "Genügend". Grund genug für sie zu klagen, jedoch nicht Grund genug auch Recht zu bekommen. Die Klage wurde abgewiesen. Begründung: Das Recht auf Meinungsaustausch und Kommunikation dürfe nicht angegriffen werden. Die Lehrerschaft bleibt kritisch: Denn in ihren Augen werden Pädagogen auf diese Weise öffentlich an den Pranger gestellt.
Franz-Peter Tschauner/dpa
Recht auf Bewertung?
Die Öffentlichkeit ist tatsächlich ein Knackpunkt. Der Bildungsexperte Andreas Salcher befürwortet die Feedback-Möglichkeit für Schüler, jedoch sollte eine solche Umfrage nicht öffentlich, sondern innerhalb der Schule gemacht werden und die Ergebnisse der Bewertung nur dem betreffenden Lehrer und dem Dienstvorgesetzten, also dem Direktor, zugängig sein: "Ich bin für Noten für Schüler, aber genauso für Feedback für Lehrer. In den meisten Berufsgruppen ist es selbstverständlich, dass die Qualität einer Dienstleistung evaluiert wird." An österreichischen Schulen ist das allerdings nicht selbstverständlich, denn Feedback für Lehrer gibt es wenn überhaupt nur auf freiwilliger Basis.
Eine Vorreiterschule in Sachen Feedback-Kultur ist die Handelsakademie Linz-Auhof. Dank einer Initiative mehrerer oberösterreichischer Handelsakademien können Schüler am Ende des Jahres in einem Online-Fragebogen die Leistung ihrer Lehrer bewerten. Beurteilt werden neben dem Fachwissen und dem verständlichen und nachvollziehbaren Unterricht außerdem Gerechtigkeitssinn, Verlässlichkeit oder Beliebtheit. Die Fragen sind standardisiert und eine überwiegende Mehrheit der Schüler nutzt die Bewertung für konstruktives Feedback. Direktor Max Dirisamer erklärt was mit den Ergebnissen gemacht wird: "Die Schüler sind unsere Kunden und wir wollen die Meinung unserer Kunden kennen. Wenn ein Lehrer besonders schlecht bei einer solchen Bewertung abschneidet, werde ich diese Ergebnisse bei einem Dienstgespräch miteinbeziehen."
Konsequenzen für Lehrer?
Dass in Österreich Feedback für Lehrer nicht verpflichtend ist, hängt wohl auch mit der Angst zusammen, von den "Kunden" allzu schlecht beurteilt zu werden. Denn hier geht es ja nicht nur darum, dass eine Dienstleistung bewertet wird, sondern es besteht auch die Befürchtung, dass Schüler ihre Lehrer schlecht beurteilen, weil sie entweder selbst schlecht von ihnen benotet wurden oder weil sie sie schlicht und einfach nicht mögen. Die öffentliche Bewertung wie auf vielen Plattformen wird von Experten und Schulen daher abgelehnt, jedoch auch bei einer ausschließlich schulinternen Feedback-Kultur befürchten manche Lehrer berufliche Konsequenzen und langwierige Rechtfertigungen.
Der Bildungsexperte Andreas Salcher relativiert: "Angst vor Feedback müssen nur die ganzen schlechten Lehrer haben. Weil sie zum Beispiel nur sehr frontal unterrichten und menschlich nicht die notwendigen Qualitäten haben. Und so haben sie schwarz auf weiß, dass sie für diesen Beruf eigentlich nicht geeignet sind. Bei unserer Lehrausbildung ist es leider möglich, dass manche in dem Beruf landen, die dafür nicht geeignet sind. Und dann auch nicht mehr so leicht herauskommen. Die meisten Lehrer bekommen allerdings meist ein weitaus positivieres Feedback, als sie es selbst erwartet hätten."
Die Feedback-Möglichkeit an allen Schulen wäre eine wichtige Verbesserung der Lehrer-Schüler-Beziehung und schlussendlich kann und soll ein positives Feedback für Lehrer ja auch eine Motivation darstellen.