Erstellt am: 3. 2. 2011 - 14:12 Uhr
From Kinshasa to New York
Nur wenige Minuten vom Linzer Hauptbahnhof entfernt, befindet sich ein von außen eher unscheinbares Haus, das seit vielen Jahren Treffpunkt und Oase für an Subkulturen interessierten Menschen ist. Wer von der KAPU noch nie gehört hat, dem oder der sei die Lektüre/der Film von Andreas Kump Es muss was geben ans Herz gelegt.
Kapu
Letztes Jahr hat die KAPU erstmals ein Filmfestival veranstaltet. Mit Screenings von Filmen wie "Bling - A Planet Rock" und einem interessanten Rahmenprogramm, war dieser Kick-Off ein voller Erfolg. Daher der Entschluss, das heuer wieder zu machen.
Kuratiert wird das Festival von Sandra Krampelhuber und Philipp Kroll, den manche als Flip von Texta kennen werden. Wie schon letztes Jahr, liegt der Schwerpunkt der gezeigten Filme (in erster Linie Dokumentarfilme) auch heuer wieder auf Musik aus Afrika bzw. der afrikanischen Diaspora.
Benda Bilili!
Mit "Benda Bilili!", der heute Abend in Linz Österreich-Premiere feiert, wird ein großartiger Eröffnungsfilm gezeigt.
Gedreht von den beiden französischen Filmemachern Florent de La Tullaye und Renaud Barret, erzählt "Benda Bilili!" die faszinierende Geschichte einer Gruppe älterer Straßenmusiker aus Kinshasa. Ihr gemeinsames Schicksal: Durch Polio sind sie an - meist selbstgebastelte - Rollstühle gefesselt. Musik ist ihre große Passion, die sie mit ihrer Community teilen und für die sie geschätzt werden.
Der Film begleitet die Gruppe zu Auftritten in den Straßen von Armenvierteln in Kinshasa und dokumentiert den Entstehungsprozess ihrer ersten CD. Eine Chance, die ihr Leben verändern wird. Es folgen Auftritte bei Musikfestivals in Europa, die Gänsehaut erzeugen. "Benda Bilili!" wurde bei der Quinzaine in Cannes mit Standing Ovations bedacht.
From Rock Steady to UK Soundsystem Culture
Am Freitag widmet sich das Filmfestival dem Sound Jamaikas und dessen Einfluss auf Englands Clubkultur: Superstonic Sound - The Rebel Dread erzählt die Geschichte von Don Letts und den Spuren, die der jamaikanische Bass-Sound hinterlassen hat. Von Kingston nach London, über Ska zu Punk zu Pop und von Dub zu Dubstep.
Rock Steady - The Roots of Reggae, so heißt ein Dokumentarfilm, der die Entstehung jener Musik zeigt, die später durch Bob Marley weltberühmt wurde. Zahlreiche Interviews mit den Pionieren jamaikanischer Musik und Eindrücke von Original-Schauplätzen, machen diese Doku zu einem kurzweiligen Sehvergnügen. Der Film wurde zwar vor kurzem zu später Stunde auf dem Sender eines Salzburger Energy-Drink-Herstellers gezeigt, auf großer Leinwand kann man ihn am Freitag in der KAPU sehen. Direkt im Anschluss an den Film folgt ein Publikumsgespräch via Skype mit dem Schweizer Regisseur Stascha Bader.
Ghetto Millionaires und die Geschichte von Wu-Tang
Samstag ist der Tag der "Ghetto Millionaires", zumindest in der Linzer KAPU. Mit dem gleichnamigen Film und "The Importance of being elegant" widmen sich gleich zwei Dokus den so genannten Sapeurs. Das sind Bewohner von Armenvierteln in Kinshasa, die ausschließlich Designer- und Luxusmarken tragen und die diese Obsession zu einem wahren Kult gemacht haben. Die Sapeurs verkörpern den Zugang zum Reichtum des Westens, obwohl sie davon weit entfernt sind. Warum das so ist, erklären die beiden Filme.
Wie echte Millionäre aus dem Ghetto aussehen, kann man anhand der Mitglieder des berüchtigten New Yorker Wu-Tang Clans sehen. "Wu - The Story of the Wu-Tang Clan" nimmt die Zuseher mit in die Straßen von Staten Island und beschreibt den langen Weg von den Projects (Sozialwohnungen) auf die Bühnen und in die Charts dieser Welt. Mit Archivmaterial aus den frühen Tagen des Clans und Interviews mit Akteuren und Wegbegleitern, zeichnet der Regisseur Gerald K. Barclay ein interessantes Bild dieser legendären Rap-Crew.
As old as my tongue
Am Sonntag, dem letzten Tag des Filmfestivals, liegt der Fokus wieder ganz auf Afrika. Am Nachmittag wird mit "Sankara dans mes Rimes" bei freiem Eintritt ein Film über den ermordeten Revolutionär Thomas Sankara aus Burkina Faso gezeigt. Allerdings sollte man dafür gut französisch sprechen, denn der Film wird ohne Untertitel gezeigt.
"Toumast - Gitarren und Kalaschnikovs" widmet sich der komplexen Geschichte der Tuareg.
Als Abschlussfilm wird eine der ältesten Performerinnen der Welt gewürdigt: Bi Kidude aus Zanzibar. Sie ziert auch das Plakat des heurigen KAPU Filmfestivals. Ihr Geburtstag ist nicht bekannt, die Frau verzaubert aber seit vielen Jahrzehnten die Menschen mit ihrer Musik und sorgt in ihrer Heimat immer wieder für Kontroversen. Ihr Verhalten fordert das traditionelle Frauenbild muslimischer Gesellschaften heraus. Der Film "As old as my tongue" ist ein intimes Portrait dieser lebenden Legende, die fast so lange singt wie Johannes Heesters.
Nach dem Screening gibt es die Möglichkeit, via Skype Fragen an den Regisseur Andy Jones zu stellen.
Konzerte und DJ-Lines
Von Donnerstag bis Sonntag wird das zweite KAPU Filmfestival auch von einem musikalischen Programm begleitet. Zur Eröffnung wurden die Foreign Beggars aus England und Homeboy Sandman aus Queens/New York eingeladen. Einige der DJs, die in den kommenden Tagen passend zum Programm Platten auflegen werden, sind DJ Hooray & Kensee, Selekta Bert, FM4-Kollege Trishes und Flip (Texta). Der Eintritt zu den Afterpartys in der Druzba/KAPU Bar ist übrigens frei.