Erstellt am: 2. 2. 2011 - 15:19 Uhr
Small Screen Stories: Stillstand
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Letzte Woche wurden an dieser Stelle die Vorzüge des neuen, unterbudgetierten Musikvideoschaffens romantisiert - prompt kommt ein alter Bekannter, um uns zu zeigen, dass es mancherorts eh noch dicke Budgets gibt. Zugegeben, es handelt sicht um Dr. Dre, und bei dessen Videos zu sparen käme einem Eingeständnis des kurz bevorstehenden Unterganges der Musikindustrie gleich. Schließlich ist der Westcoast-Produzent und Teilzeit-Rapper mit der Klotzen-statt-Kleckern Schule der Rapvideos großgeworden. Deshalb fahren hier Lamborghinis, fliegen Privatjets und tanzen Models herum - bis auf die Hauptdarsteller aber allesamt "eingefroren".
Dieser Effekt des "die Zeit stillstehen lassens" findet sich schon einmal - viel früher - in der Dr. Dre Diskografie. Damals stand der Doktor für "Guilty Conscience" als Engelchen dem von Protegé Eminem verkörperten Teufelchen gegenüber, um drei Männer in brenzligen Situationen zu beraten. Wie da die Handlung im entscheidenden Moment stoppt, während sich die beiden Seiten des Gewissens streiten, das war 1999 für ein Musikvideo ziemlich eindrucksvoll. Heute wirken die visuellen Effekte ein wenig angestaubt...
Die Kamera, die sich um die "eingefrorene" Szene dreht, war eindeutig von 'The Matrix' abgeschaut, der einige Monate zuvor die Kinobesucher verblüfft hatte - unter anderem mit dem sogenannten Bullet Time Effekt. Interessanterweise nennt der Effektbeauftragte John Gaeta neben dem Anime-Klassiker 'Akira' auch Regisseur Michel Gondry als Inspiration dafür. Der hatte nämlich schon 1995 gemeinsam mit den FX-Spezialisten BUF für das Video zu "Like A Rolling Stone" unter anderem zwei zeitgleich geschossene Fotos aus unterschiedlichen Perspektiven ineinander morphen lassen und so den Eindruck räumlicher Wahrnehmung erweckt.
Die Geschichte des Videos
Bonus Beat
Der wahre Bullet Time Effekt ist natürlich etwas komplizierter und erfordert unter anderem mehrere im Kreis aufgestellte Kameras (bei 'The Matrix' sah das zB so aus). Etwas Ähnliches hat der polnische Regisseur Zbig Rybczynski bereits 1985 für ein Video der mittlerweile weitgehend vergessenen deutschen Haarmetalband Accept realisiert. Momente des"Stillstands" gibt's hier nicht, dafür kann dieses Festival der Gitarrenposen mit seinen rasanten Kreisbewegungen durchaus leichte Übelkeit auslösen...