Erstellt am: 2. 2. 2011 - 17:45 Uhr
Ein Youtube für Texte?
Newsgrape startet am 9. Februar in die Beta-Phase. Auf deren Website kann man sich als Beta-UserIn bewerben.
Es ist ein großes Projekt, das sich die beiden Gründer von Newsgrape, Felix Häusler und Leo Fasbender, vorgenommen haben. Sie wollen nicht weniger, als das Web verändern. Was Youtube für Videos geleistet hat und Facebook für persönliche Profile soll Newsgrape für Texte werden: eine zentrale Anlaufstelle.

newsgrape
Wie viele andere BloggerInnen haben Felix und Leo die Erfahrung gemacht, trotz guter Texte und viel Einsatz mit ihrem Blog critics.at, nicht die gewünschte Aufmerksamkeit und Reichweite zu erzielen. Ihre persönliche Ursachenforschung hat unter anderem ergeben, dass UserInnen sich in den unzähligen unterschiedlichen Blogoberflächen schwer zurechtfinden. Individualität ist zwar schön, aber nicht praktikabel - deshalb habe auch Myspace den Kampf gegen Facebook verloren.
Ein Kaufhaus für Texte
Felix vergleicht die Blogosphäre gern mit Geschäften in der Wiener Innenstadt, wo man zwar alles finde, wenn man die Wege kenne, es aber für die meisten KonsumentInnen zu umständlich sei, die einzelnen Geschäfte zu suchen. Unserer Konsumwelt angepasst hat Newsgrape so was wie ein Kaufhaus entwickelt, das nicht nur die bisherigen Geschäfte vereint, sondern auch deren KundInnen an einem zentralen Ort sammelt.
Im Schaufenster dieses Kaufhauses, also auf der Frontpage von Newsgrape, werden Texte ausgestellt - alle haben das gleiche Layout. Damit soll die Orientierung, vor allem für nicht blog-affine UserInnen, erleichtert werden. Von dieser zentralen Seite aus kann man in verschiedenen Sprachen gezielt Artikel anwählen, bzw. nach einem bestimmten Thema eine Auswahl von Texten zusammenstellen. Ein differenziertes Kommentarsystem soll die Beteiligung der Community erhöhen.

newsgrape
AutorInnen können ihre Texte pushen, indem sie sich Magazinen anschließen oder gleich selbst welche gründen - z.B. ein Literaturmagazin. So kann ein Text mehrmals und von verschiedenen Personen vermarktet werden. Gute Beiträge werden durch ein hohes Ranking zusätzlich gepusht. Die Texte werden dazu über einen komplizierten Algorithmus bewertet. Bis zu 75 Prozent der Werbeeinnahmen von Newsgrape sollen direkt an die Content-ProduzentInnen gehen. Eine Menge weiterer Innovationen stehen vor der Einführung.
Das Konzept für Newsgrape klang für die amerikanische Finanzierungs-Plattform kickstarter, über die sich auch der Facebook-Konkurrent Diaspora finanzieren konnte erfolgsversprechend genug, um es in ihr Programm aufzunehmen - als eines der ersten europäischen Projekte. Innerhalb kurzer Zeit konnten auf kickstarter über 12.000$ gesammelt werden, um den Launch der Beta-Phase von Newsgrape zu ermöglichen. Um alle geplanten Features zu verwirklichen fehlt Newsgrape aber noch einiges.
Euphoriebremse
Doch nicht alle sind so euphorisch, was den Erfolg des Startups angeht. Zwar meint auch der Blogger Helge Fahrnberger, dass die gemeinsame Frontpage LeserInnen anziehen könnte, die über Blogtexte sonst nur stolpern, das zentrale Problem von BloggerInnen sieht er aber nicht gelöst. Auch wenn die Plattform tausende BesucherInnen hätte, die AutorInnen stünden immer in Konkurrenz um deren Aufmerksamkeit. Neue Schreibende auf Newsgrape stehen in einer ähnlichen Konkurrenz wie neue Twitter-UserInnen gegenüber "Twitter-Stars" wie Armin Wolf. Egal wo man blogge, man sei immer im Wettstreit mit anderen AutorInnen.
Erfolgreiche BloggerInnen würden kaum zu Newsgrape migrieren, spekuliert Helge Fahrenberger. Sie hätten bereits ihre LeserInnen und ihre Plattform und wären auf Alternativen nicht angewiesen. Den eigenen Blog aufgeben würde bedeuten auf Unabhängigkeit zu verzichten.
Eine Beteiligung von AutorInnen an Newsgräpe würde erst interessant, wenn Newsgrape eine kritische Masse an UserInnen errreicht. Dann könnte man seine Texte dort bewerben, indem man Kurzversionen reinstellt, wie man das bis jetzt etwa mit Twitter oder Facebook macht. Das ist übrigens auch ein Form der Kooperation, die sich die Newsgrape-Gründer mit Zeitungen vorstellen können.
Alternativen
Beispiele für Gruppenblogs:
Angehende BloggerInnen empfiehlt Helge Fahrnberger einen Wordpress-Blog aufzusetzen, weil es momentan die ausgereifteste Möglichkeit sei - und den entsprechend zu bewerben.
Vor allem sollte man sich gut überlegen, welche Nischen und Themen man mit dem Blog besetzen will.
Eine Alternative zu einem eigenen Blog kann durchaus der Beitritt zu einem Gruppenblog sein.