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Simon Welebil

Abenteuer im Kopf, drinnen, draußen und im Netz

28. 1. 2011 - 22:40

Katz und Maus

Die Demo gegen den WKR-Ball wurde untersagt, was sich die antifaschistischen DemonstrantInnen aber nicht bieten lassen wollen. Demonstriert wird dezentral.

Die Vorgeschichte:

WKR-Ball-Demo untersagt

Weil die offiziell angemeldete Demo gegen den Ball des Wiener Korporationsring in der Wiener Hofburg mit dem Argument der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit untersagt wurde, hat sich der antifaschistische Widerstand etwas anderes einfallen lassen, um sein Recht auf Versammlungsfreiheit wahrzunehmen. Mensch demonstriert dezentral. Mit dem Uni-Campus, der Urania und der Alser-Straße gibt es mindestens drei Versammlungs- und Informationsorte, von denen potentielle Demos starten.

15 Polizisten umkreisen 10 DemonstrantInnen

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Erster kleiner Kessel im AKH-Gelände

Während Irmi Wutscher und ich von einigen Polizeiwagen bewacht im Uni-Campus warten, lesen wir auf Twitter schon von ersten Demonstrationen auf der Mariahilfer-Straße. Eine halbe Stunde später setzen sich auch die ca. 200 Menschen, die im Uni-Campus zusammengekommen sind, in Bewegung. Rascher als jede Demo, auf der ich bis jetzt war, geht es über Nebenausgänge in Richtung Innenstadt. Doch die Polizei kriegt Wind davon und holt mit ihren "Wannen", wie die VW-Busse auf genannt werden, den Demozug ein.

Die Polizei hat anscheinend aus der gestrigen Spontandemo, bei der die DemonstrantInnen auch sehr mobil waren, gelernt. Um einer Einkesselung zu entgehen, weicht die Demo aus, zuerst durch einen Park, dann ins AKH. Dort werden wir Zeuge, wie die Polizei eine erste Splittergruppe der DemonstrantInnen einkesselt. Ca. einem Dutzend DemonstrantInnen stehen etwa mehr als doppelt so viele PolizistInnen gegenüber. Sie müssen alle einzeln ihre Personaldaten angeben.

Polizisten kesseln ca. 50 Demonstrantinnen ein

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Kessel in der Westbahnstraße

Wir hören von einem weiteren Kessel in der Nähe des Urban Loritz-Platz. 100-200 Personen werden von der Polizei am Weiterziehen gehindert, angevlich weil sie zwei Mülltonnen umgeworfen und den Inhalt auf der Straße verteilt haben. Mittendrin auch die Gemeinderätin Martina Wurzer von den Wiener Grünen, die sich mit den DemonstrantInnen solidarisiert. Im Gegensatz zu ihnen kann sie allerdings aus dem Kessel heraus.

Grünen-Gemeinderätin Martina Wurzer im Interview von FM4 mit lila Jacke vor einem Polizeiwagen

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Grünen-Gemeinderätin Martina Wurzer solidarisiert sich
Eine Reihe von Polizisten kesselt DemonstrantInnen in der Westbahnstraße ein

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Kessel in der Westbahnstraße

Die anderen müssen stundenlang in der Kälte ausharren. Der Protest gegen diese Behandlung äußert sich in Sprechchören wie "Wiener Polizisten schützen die Faschisten" oder "Alerta, Alerta Antifaschista". Einzeln werden die Personen aus dem Kessel geleitet, um ihre Personalien aufzunehmen.

Polizisten in voller Montur hinter einem Metallzaun

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Demonstrant hinter einem Zaun auf dem Boden sitzend, umgeben von Polizisten

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Verhaftungen auf der Mariahilfer Straße

Auch in der Mariahilferstraße gibt es inzwischen Polizeieinsatz. Dort werden einzelne AntifaschistInnen sogar verhaftet. Ein Demonstrant erzählt: "Die Demonstration war friedlich bis auf ein paar Ausnahmen. Die Polizei hat hart durchgegriffen und Leute niedergeprügelt, die eigentlich friedlich herumgegangen sind. Sie haben Leute festgenommen wegen aggresiven Filmens, sie also daran gehindert zu dokumentieren."

Der Polizeisprecher Roman Hahslinger ist auch gleich vor Ort und versucht die Anwesenden zu beruhigen. Er sagt: "Hier vor Ort hat die Festnahme einer Person stattgefunden, die eine Auslagenscheibe eingeschlagen hat."

Angeblich müssen zwei Personen medizinisch behandelt werden. Roman Hahslinger bestätigt nur eine, das sei eine Obdachlose gewesen, die sich in eine Diskussion verwickelt habe, ihr gehe es bereits wieder gut.

Das Fazit eines Demoteilnehmers in der Mariahilferstraße: "Es werden Leute der Reihe nach verhaftet, wenn man nachfragt bekommt man die Antwort: 'Die wissen schon was sie getan haben'. In meinen Augen ist eine pure Eskalation der Polizei hier im Gange."

Laut Polizei gab es heute bisher 160 Identitätsfeststellungen und vier Verhaftungen.

Der Pressesprecher der Wiener Polizei Hahslilnger beim Interview

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Roman Hahslinger, Pressesprecher der Wiener Polizei

Währenddessen hören wir von massiver Polizeipräsenz beim Volkstheater und bei der Technischen Universität, die Maus rennt weiter und die Katze folgt.