Erstellt am: 29. 1. 2011 - 14:40 Uhr
Ich bin kein Star, lasst mich hier drin!
Wer jetzt Dschungelkönig oder -königin der RTL-Show "Ich bin ein Star holt mich hier raus!" wird, stand zum Redaktionsschluss noch nicht fest. Aber eines lässt sich jetzt schon sagen: Es war die spannendste Staffel aller Zeiten. Mögen andere: "Trash –TV! Schande! Untergang der Zivilisation!" aufschreien - selten ist Fernsehen so amüsant und aufschlussreich gewesen. Im Vergleich zu dem, was auf dem deutschen Marineschiff Gorch Fock passierte, ging es bei der Dschungelshow bis jetzt doch recht gesittet und menschlich-zivilisiert vor.
RTL
Gegen die Ekelrituale, Drill, sexuelle Nötigung an Bord der Gorch Fock sind Dschungelprüfungen wie Kakerlakendusche und Rattenschwanzcocktail-Trinken Kinkerlitzchen. Über menschliche Gruppenprozesse lässt sich in der Dschungelshow einiges lernen. Menschen in Extremsituationen verhalten sich extrem: Lagerkoller, Hospitalismus Stockholmsyndrom sind einige Varianten. Schon auf einer Gruppenreise oder einer Bandtour fühlt sich bald jeder einer verschworenen Gemeinschaft angehörig. Sehr bald muss dann allerdings ein Buhmann oder eine Buhfrau gefunden werden, um die Gruppe im Innersten zusammen zu halten. Diese Aufgabe übernahm im Dschungelcamp ein Model namens Sarah. Sie machte es den anderen leicht, sie zu hassen. Interessant und erschreckend ist, wie die durch die Teilnahme bei "Germanys Next Topmodel" bereits vor-verdorbene junge Frau sich die Castingshow-Sprache zu eigen gemacht hatte. In ihren langen Monologen ging es immer darum, zu kämpfen, zu lernen, aus dem Dschungel viel mitzunehmen, ein bisschen an die eigenen Grenzen zu gehen, zu wachsen, den Leuten da draußen zu beweisen, wer man ist.
Gorch Fock
Richtig schlimm wurde es als Sarah Key - Superstar das Dauer-Rappen - anfing. Ein abgehalfterter Schauspieler flehte sie auf Knien an: "Sarah, bitte verlass uns!" Auch da gibt es große Parallelen zur Musikgruppe: Wie oft hat man doch in verschiedenen Bands darauf gehofft, dass einer oder eine von alleine geht. Allein - es hilft nichts, stilvolles Schlußmachen ist in der Beziehung und in der Band gefragt. Bei Sarah hätte man in einer Band allerdings zu drastischeren Mitteln gegriffen, sie zum Beispiel - alter Trick - nach dem Tanken einfach an der Autobahnraststätte vergessen.
Im Dschungel wurde es in den letzten Tagen immer spannender: Ein neuer Außenseiter wird gemobbt, es werden Liebesgeschichten vorgespielt, es wird das geflüsterte Privatgespräch im Dunkel als dramaturgisches Mittel eingesetzt, die Ebenen der Inszenierung verschachteln sich immer mehr. Der tumbe Urwald-Adonis wird zum shakespearschen Intriganten im Gewand des Schmierenkomödianten. Hier endet allerding die Analogie von Dschungelcamp und Band. Bei einer Band gibt es am Abend immer noch das Konzert, das der ganzen Unternehmung ein wenig Sinn verleiht. Der Auftritt erschafft ein Gemeinschaftsgefühl, im günstigsten Fall kommt es zu großer Euphorie und durch die wohltuende Wirkung des Alkohols werden die Spannungen aufgehoben und die Karten immer wieder neu gemischt.