Erstellt am: 28. 1. 2011 - 06:00 Uhr
Neueröffnung Computerspielemuseum
Noch pünktlich vor der Eröffnung traf ich Spiele-Experten Andreas Lange in seinem neuen Computerspielemuseum Im Radio lief bereits mein Beitrag mit seinen O-Tönen. Hier nochmal die Zusammenfassung. Drunter meine Gedanken.
@computerspielemuseum.de
Computerspiele erzählen nicht nur Geschichten - man kann auch Geschichte über sie erzählen. Einer, der das mit viel Charme und Eifer versucht, ist Andreas Lange. Andreas Lange ist Direktor des Computerspielemuseum ins Berlin. Nach zehnjähriger Pause, einem Umzug quer durch Berlin und einem kuratorischen Reset hat er Ende Januar 2011 mit dem neuen Computerspielmuseum die Wiedereröffnung gewagt.
@computerspielemuseum.de
Andreas Lange ist ein begeisterter Computerspieler - und ein noch viel begeisterterer Archivar der Computerspiel-Szene. Zusammen mit seinen Helfern häufte er in den letzten Jahren über 16.000 Spiele, unzählige Konsolen, Automaten und Computerspiel-Gimmicks an. Die Interessantesten gibt es seit der Eröffnung des neuen Computerspielemuseums vergangene Woche in der Berliner Karl-Marx-Allee 93A zu sehen. In verwinkelten Fluren piepst und surrt es dort - das Museum selbst ist ein Computerspiel, das zum Mitmachen auffordert.
@computerspielemuseum.de
Mitmachen heißt da: 3D-Brille aufsetzen, aufs verkabelte Trainingsrad springen oder mit dem überdimensionalen (aber funktionsfähigen) Joystick ringen. Doch Lange, dem Direktor des Berliner Computerspielemuseums, geht es nicht um Obskures und Unerwartetes. Lange will ein Verständnis dafür schaffen, welchen gesellschaftlichen Stellenwert Computerspiele haben: Kulturell, aber - und dass das immer wieder betont wird, kann man schade finden - auch wirtschaftlich. Computerspiele sind im Computerspielemuseum immer auch Entwicklungsmotor, Gradmesser des technischen Fortschrittes und - nur ein bisschen - gesellschaftlicher Seismograph.
@computerspielemuseum.de
Und was halte ich davon?
Dass Computerspiele Kultur sind, muss meiner Ansicht nach, nicht immer wieder betont werden. Das Computerspielemuseum ist ein großes Fest der Computerspiele, beweist dutzendfach, wie wirtschaftlich, kulturell, künstlerisch wichtig, wie vielfältig, vielschichtig und vielbedeutend Spiele sind. Zumindest für mich ist das zwar unterhaltsam (deshalb auch eine Empfehlung für das Museum) - aber im Grunde auch stinklangweilig. Mir muss niemand mehr beweisen, dass Spiele wichtig sind. Mir muss einer beweisen, dass sie nicht unwichtig sind. Will heißen: Gibt es mehr als nur eine technische oder geschichtliche Brille, durch die man Spiele betrachten kann? (Automatenspiele vs. Konsolen, Alte Spiele vs. Neue, 3D-Brille vs. Audiogames). Ich will Konfliktlinien in der Entwicklung der Spiele bis zum heutigen Zeitpunkt sehen, nicht Harmonie. Welche Entwickler sabotierten die Mainstream-Entwicklung der Spiele, wie steht es mit Sexismus in der Branche - und was, Gutes oder Schlechtes, könnte daraus entstehen. Was sind das überhaupt für Welten, die Spiele aufmachen? Welche Kulturgeschichte spielt sich innerhalb(!) und zwischen den Spielen ab? Wie verhält sich - abseits von langweiliger Augmented Reality/Virtual Reality-Kuriositäten-Parade - der virtuelle Raum zu anderen? Wo kollidieren technische Entwicklung und Abbildungen von technischen Entwicklungen im Spiel? Was hat es eigentlich mit all der Gewalt in Spielen auf sich? Und so weiter und so fort …
@computerspielemuseum.de
Lauter (pseudo-?)akademische Fragen, die von der Spielekritik großteils ignoriert werden. Ich will mir jedoch auch nicht anmaßen, dass ich hier tolle Fragen gestellt habe - ich wollte damit eher zeigen, dass ich überhaupt Fragen habe, auf die es keine Antworten gibt. Und auch im Computerspielemuseum ist mir kein Licht aufgegangen.
Wären jedoch meine spielkritischen Verwandten dabei gewesen, hätte ich mit warmen Gefühlen und einer gewissen Arroganz auf die Ausstellungen zeigen können: "Seht, das ist schon auch Kultur." Aber diese Pose gefiele mir am allerwenigsten … Aber ist das nicht die Pose, die viele Computerspiel-Fans (nicht: -Spieler) aus Schutz, Trotz, Alternativlosigkeit gerne einnehmen - und so auch das Museum?