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Erich Möchel

Netzpolitik, Datenschutz - und Spaß am Gerät.

20. 1. 2011 - 06:00

Festplatten empfindlich teurer

Die Vorräte an Festplatten, die noch vor Einführung der österreichischen Urheberrechtsabgabe am 1. Oktober 2010 auf Lager kamen, schwinden. Normale Harddisks mit einem Terabyte Speicher verteuern sich durch die neue Abgabe von etwa 55 auf über 80 Euro.

"Das Geschäft mit den Festplatten geht spürbar zurück", denn die Einführung einer Urheberrechtsabgabe Ende 2010 habe den Verkauf "massiv gestört", ѕagte Nikolaus Ruby, Einkaufsleiter beim PC-Fachhändler DiTech auf Anfrage von ORF.at.

DiTech habe zum Glück über die Möglichkeit verfügt, rechtzeitig vor dem Inkrafttreten der Abgabe "große Mengen" auf Lager zu legen, doch diese würden sich nun zunehmend leeren. Ab dann könne DiTech wie alle anderen PC-Händler aus Österreich mit der internationalen Konkurrenz, vor allem der aus Deutschland, nicht mithalten. Dort wurde zwar im vergangenen Jahr eine Pauschalabgabe auf PCs von 13,50 Euro (plus Ust.) eingeführt, die Platten sind aber nicht abgabenpflichtig.

Seit 1. Oktober werden in Österreich auch für Festplatten Urheberrechtsabgaben zwischen zwölf und 36 Euro (ohne Umsatzsteuer) verlangt. Die Höhe ist analog zum Speicherplatz, der immer billiger wird. Computerhersteller HP Österreich hat Klage dagegen erhoben.

55 und wie viel ist 83?

Die neue Abgabe verteuere die Datenträger signifikant, sagt Ruby und rechnet es an einem Beispiel vor.

Die aktuellen Großhandelspreise für eine Harddisk von einem Terabyte liegen irgendwo bei 45 Euro, mit Umsatzsteuer und einer Handelsmarge von gerade einmal 1,50 Euro könne man so einen Endverbraucherpreis ab 55 Euro bieten, so Ruby weiter.

Mit der neuen Festplattenabgabe von 22,50 Euro vor Umsatzsteuer fällt dieselbe Rechnung dann deutlich höher aus. Mit einem Endpreis von 83 Euro für dasselbe Produkt, das bei der ausländischen Konkurrenz nur 55 kostet, könnten die österreichischen Anbieter klarerweise nicht mithalten, sagte Ruby, "der österreichische Kunde kauft dann eben im deutschen Webshop ein".

Negative Skalierung

Man sei keineswegs grundsätzlich gegen Urheberrechtsabgaben, solange es eine europäische Regelung gebe. In Österreich betrage der Aufschlag satte 50 Prozent auf den aktuellen Einkaufspreis von Festplatten. Die Regelung ist noch dazu nach oben offen, für größere und externe Harddisks fallen 27 bis 36 Euro an (plus Ust.).

Dabei kommen seit Jahren laufend größere Festplatten auf den Markt, die Preise pro Gigabyte sind parallel dazu in stetem Sinkflug begriffen. Je mehr die Einkaufspreise sinken, umso stärker wirkt sich die Abgabe aus - und umso weniger können österreichische Händler mithalten. Im IT-Jargon ausgedrückt: Das skaliert negativ.

"Leerkassettenvergütung"

Bereits Ende August 2005 hatte der Oberste Gerichtshof in Österreich entschieden , dass die "Leerkassettenvergütung", also Urheberrechtsabgaben auf Festplatten in PCs und Notebooks, unzulässig ist.

Die österreichischen Urheberrechtsvertretungen hatten sich gegen diese Abgabe gewehrt, was zu einem jahrelangen Rechtsstreit führte. Entscheidend für den OGH sei dabei gewesen, dass Festplatten in PCs "regelmäßig zu einem gewichtigen - und nicht zu vernachlässigenden - Teil für andere Zwecke als für Vervielfältigungen zum eigenen Gebrauch genutzt werden", hieß es damals vom OGH.

Speicher in MP3-Playern und wechselbare Speicherkarten für Geräte, die in weit überwiegendem Maß zur Vervielfältigung zum eigenen oder privaten Gebrauch benützt werden, fielen hingegen auch nach 2005 weiterhin unter die Urheberrechtsabgabe.

"Reprografieabgabe"

Die von den Verwertungsgesellschaften verlangte "Reprografieabgabe" auf PCs wurde vom OGH im Februar 2009 verworfen. Entscheidend dürfte gewesen sein, dass Computer kein bedrucktes Papier ausspucken – im Gegensatz zu Druckern und Kopierern, für die ohnehin separat bezahlt werden muss.

Vor dem Jahreswechsel hat HP Österreich Klage gegen die Neuauflage der Forderungen von 2005 eingereicht. Aus der Rechtsabteilung von HP hieß es am Mittwoch auf Anfrage von ORF.at, man bedauere, angesichts des laufenden Verfahrens keine Stellungnahme oder Prognose abgeben zu können. Man stelle sich jedenfalls auf eine Verfahrensdauer von mehreren Jahren ein.

Der Zustand der Rechtsunsicherheit für Große wie DiTech, Marktführer mit 64 Millionen Euro Umsatz, vor allem für aber die vielen kleinen Onlineshops aus Österreich, ist damit prolongiert.