Erstellt am: 17. 1. 2011 - 17:14 Uhr
Kurt Kulac, Wikipedia-Autor
Vergangenen Samstag hat die Online-Enzyklopädie Wikipedia ihren zehnten Geburtstag gefeiert. Wikipediagründer Jimmy Wales sagte einmal, die Seite frei und nicht-profitabel zu machen, sei das Dümmste und gleichzeitig Schlaueste gewesen, das er je gemacht hatte. Hinter Wikipedia stehen mittlerweile Millionen von Autorinnen und Autoren, die unentgeltlich und in ihrer Freizeit Artikel verfassen, sie beobachten und editieren oder fotografieren und die Fotos lizenzfrei zur Verfügung zu stellen.
Einer davon ist der Österreicher Kurt Kulac. 1.100 Artikel hat er alleine angelegt, rund 2.000 Artikel gehen mehr oder weniger auf ihn zurück, schätzt er. Laut Edit-Count hat er bisher ca. 25.000 Beiträge zu Wikipedia geleistet. "Das ist aber ein bisschen nichtssagend", relativiert Kurt Kulac im Interview. "Das kann ein ausgebesserter Beistrich sein, kann aber auch das Einstellen von zwei Seiten Text sein. Aber es ist einmal ein grober Richtwert in Relation zu jemandem, der vielleicht nur ein paar hundert hat, oder zu jemandem, der hunderttausend Edits hat."
FM4 / Irmi Wutscher
Was aber bringt jemanden dazu, seine Freizeit der Enzyklopädie zu opfern und was bekommt man dafür zurück, wenn schon nicht Geld (wie bei Arbeit) oder Ruhm (wie beim Bücherschreiben)?
"Das gehört ordentlich gemacht"
"Angefangen hat es bei mir 2004", erzählt Kurt Kulac im Interview. "Da habe ich gehört, es gibt etwas, wo jeder mitmachen kann. Dann schaut man sich das mal an, tut ein bisschen herum, man fängt an mit der Heimatgemeinde und so Dingen, die man halt aus dem Allgemeinwissen heraus kann." Allerdings stößt man bei diesem Allgemeinwissen ziemlich schnell an seine Grenzen, und dann muss man sich ein Thema suchen, bei dem man mehr beitragen kann. "Man verfolgt das ja mit einem gewissen Ehrgeiz und denkt sich: Das gehört ordentlich gemacht, nicht so wischiwaschi. Ich bin nach einer kurzen Pause auf die Biologie gekommen, hab mir gedacht: da kaufe ich mir ein paar Bücher und mache etwas Gescheites draus."
Kurt Kulacs Spezialgebiet sind mittlerweile Insekten und Käfer - und das, obwohl er kein Biologe, sondern eigentlich Jurist und Rechtsanwaltsanwärter ist. Er ist in der Käferkunde aber mittlerweile so gut eingearbeitet, dass er sie quasi auf wissenschaftlichem Niveau betreibt.
Kurt Kulac
Wichtige Rolle spielte für Kurt Kulac dabei auch die Fotografie: Er hatte sich hobbymäßig mit Makrofotografie beschäftigt. "In Wikipedia habe ich dann eine Plattform gefunden, wo ich diese Fotos so loswerden kann, dass andere auch etwas davon haben." Aus aller Welt bekommt er mittlerweile Rechteanfragen, aber auch Belegexemplare seiner Bildern: "Zum Beispiel Zeitschriften, aber auch Spiele. Es gibt zum Beispiel Kartenspiele, wo meine Fotos verwendet werden. Die sammle ich dann daheim."
Und tatsächlich: Wenn man Kurt Kulacs Namen zum Beispiel bei Bildergoogle eingibt, kommen seine Fotos von Spinnen, Heuschrecken oder Marienkäfern, eingebunden auf Seiten von Unis oder naturwissenschaftlichen Forschungsseiten.
Aufwand vs. Lohn
Kur Kulac betreibt einen unglaublichen Aufwand, wenn man bedenkt, dass die Arbeit an Wikipedia unbezahlt und freiwillig passiert: „Ich bekomme dafür nichts bezahlt und opfere dafür einen großen Teil meiner Freizeit, aber auch meines Geldes“, sagt Kulac. „Aber es macht Spaß und man ist in dem Ganzen ein wenig gefangen. Man kann nicht einfach aufhören, denn man hängt ja auch mit der ganzen Gruppe zusammen. Wenn einer aufhört, dann ist man traurig und möchte den anderen das auch nicht antun, dass man geht. Und man will es ja auch gar nicht.“
Kurt Kulac
In diesem Zusammenhang spricht Kulac sogar von Wikipedia-Sucht: Mindestens einmal am Tag schauen aktive Wikipedia-AutorInnen auf ihre so genannten Beobachtungslisten, um zu sehen, was passiert ist, ob sie etwas ausbessern müssen. „Es gibt nichts Schlimmeres als einen Urlaub, wo man kein Internet hat und man dann eine Woche oder mehr nicht dazu kommt. Denn dann muss man danach eine relativ lange Liste abarbeiten.“
Warum man das alles macht? „Ich mag meine Artikel und überfliege sie auch gerne, alleine die Liste finde ich toll. Das ist wie eine persönliche Sammlung“, sagt er. „Und es ist natürlich super, wenn man Feedback bekommt. Es gibt nichts Schöneres, als wenn man jemanden dazu gebracht hat, stundenlang in ein Themengebiet vorzudringen, bei dem er vorher nicht einmal gewusst hat, um was es geht.“