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Eva Umbauer

Popculture-Fan und FM4 Heartbeat-moderierende Musikjournalistin.

17. 1. 2011 - 11:17

The Boys Are Back In Town

Chikinki sind zurück mit neuem Album und spielen auch am FM4 Geburtstagsfest.

Guess who just got back today
Them wild-eyed boys that´d been away
Haven´t changed, had much to say
But man I still think them cats are crazy.

("The Boys Are Back In Town", Thin Lizzy, 1976)

Ein wild eyed boy ist Chikinki-Sänger Rupert Browne nach wie vor. Als Oldschool-Frontmann im Stil eines Bon Scott (AC/DC) oder gar Robert Plant (Zed Zeppelin) wird er gern beschrieben. Vielleicht fällt mir deshalb dieser alte Hit von Thin Lizzy ein, der Band eines anderen wild eyed Frontmanns, Phil Lynott, dem großen Rock-Sohn Irlands, dem die irische Hauptstadt eine Bronzestatue gewidmet hat. Weil Chinkinki aber ganz entzückende Boys sind, tu ich mir ein wenig schwer mit diesen direkten Vergleichen wirklich wilder Frontmänner des Rock.

Chikinki

Chikinki

Eigentlich sind Chikinki eine Band mit Traumbesetzung, die eine Firma wie Island Records nie fallenlassen sollen hätte: Da gibt es, wie gesagt, den Wilden (Rupert Browne), da gibt es den Flotten (Steve Bond, Drums), den Hübschen (Trevor Wensley, Keyboards/Synthis), den Verrückten (Boris Exton, Keyboards/Synthis) und da gibt es den Sensiblen (Ed East, Gitarre).

Das Trauma des von der großen Plattenindustrie Gestanzt-Werdens haben Chikinki selbstverständlich längst hinter sich gelassen, auch wenn Gitarrist Ed East nach wie vor viel nachdenkt, etwa in den Songtexten zum neuen Album. Es trägt den Titel "Bitten" und erscheint im Februar. "Bitten" ist zum Teil ein sehr nachdenkliches Album, etwa mit einem Song, der von der Wirtschaftskrise handelt ("Harry´s Last Hurrah"). Da ist aber auch das wunderschöne, an David Bowie erinnernde "Silver God", das vor ein paar Jahren von Drummer Steve Bond geschrieben wurde, aber nie den Weg auf ein Album fand.

Da heißt ein Song "Near Death Of A Salesman", in Anlehnung an Arthur Millers "Death Of A Salesman", und da gibt es in "Tram Love" Straßenbahngeräusche, mit einem Aufnahmegerät von den Chikinki Boys in Berlin eingefangen. Dieser Song enthält die großen Augen erwachsener Männer, die noch einmal Buben sind.

Alle von der Band waren hier, erzählt Ed East via Telefon in beinahe perfektem Deutsch, als wir das Album geschrieben und eingespielt haben. Ein Monat lang. Und die Boys, die verstreut in London, Bristol und sonst wo in England leben, liebten die Geräusche, die die Berliner Straßenbahn macht.

Britpop made in Berlin

Ed East begann vor ein paar Jahren, sich ein Studio in Berlin aufzubauen. Einen Teil seiner Kindheit hatte er in Hannover verbracht. Dort liegt also der Grundstein für seine Deutschkenntnisse. Der Vater von Ed East war bei der britischen Armee und die Familie zog oft um. Ich war meist nicht länger als fünf Jahre an ein und demselben Ort, sagt Ed East. Er sagt das einerseits mit einer gewissen Wehmut, andererseits mit diesem Gefühl von Freiheit, das unsereins nicht kennt. Der Workaholic ist so etwas wie das Rückgrat von Chikinki, auch wenn dieser bescheidene Mann das nie zugeben würde. In seinem Studio, das sich in jenem Gebäude befindet, das früher der DDR-Rundfunk war, feilte Ed East mit seinen Bandkollegen am Sound vom neuen Chikinki-Album. Da wurden nicht nur Straßenbahngeräusche mit Synthis vermählt, sondern da griff etwa Boris Exton auch zur Geige. Sehr schön. Insgesamt wollte die Band wieder eher zurück zum Studio-Sound ihres ersten Albums, "Lick Your Ticket", während ja der letzte Longplayer, "Brace Brace", eher ein gewisses Live-Gefühl hatte.

Chikinki

Chikinki

Friday night they´ll be dressed to kill
The drink will flow and blood will spill

(Thin Lizzy - "The Boys Are Back In Town")

Chikinki im Gras

Billie Temple

Chikinki spielen am 22.Jänner 2011 beim FM4-Geburtstagsfest in der Arena in Wien.

Sind Chikinki erwachsen geworden?
"Ja, klar sind wir physisch älter geworden und hoffentlich auch psychisch gereift, aber so groß ist der Unterschied zu unseren alten Liedern auch wieder nicht", meint Ed East.
Ganz vermissen wollen wir unsere Chikinki Boys, wie sie sozusagen leiben und leben, ja ohnehin nicht. "Bitte Bitte" ist jener neue Song, die neue Single, die genau dieses Chikinki Feeling wieder auf den Punkt bringt. Auch wenn Rupert Browne mit englischem Akzent bitte sagt, und das dann fast wie das Wort bitter klingt. Da kommt wieder ein wenig die neue Chikinki Nachdenklichkeit ins Spiel, aber nur kurz.Was trug sich da in Kreuzberg zu? I was cool as ice, but she said bitte bitte, winselt Rupert Browne ganz wunderbar im Chikinki Stil, um dann schließlich selbst der Bittende zu sein: I said bitte, bitte. Chikinki und das Plänkeln mit den Mädchen. Doch nicht erwachsen geworden. Gut so.

The nights are getting warmer
It won´t be long
Till summer comes
Now that the boys are here again.

"Bitten" von Chikinki erscheint am 18.Februar bei Urban Cow/Rough Trade.