Erstellt am: 17. 1. 2011 - 11:48 Uhr
Here, My Dear
Thomas Reitmayer ist kein Künstler. Thomas Reitmayer ist kein Fotograf. Er legt Wert darauf, diese "Berufsbezeichnungen" nicht zu benutzen. Fotograf alleine beschreibt ihn auch wirklich nicht. Thomas Reitmayer ist ein Mensch mit einem so hohen Maß an kreativen Output, es ist eher eine lange Liste weiterer Titel und Bezeichnungen, die zuträfen.
DIY Tausendsassa
Ausstellung
"Here, My Dear"
17.01.2011-19.02.2011
Yummy
Stumpergasse 31,
1060 Wien
Daniel Eberharter
Er besitzt zum Beispiel einen Platten- und Skateshop namens Yummy, verlegt sein eigenes Magazin namens GLW/DRK (ausgesprochen: Glow in the Dark) und hat auch schon mal ein eigenes Label betrieben. Er legt auf. Entwirft Poster. Er ist der archetyptische DIY-Tausendsassa, der mit Punk und Hardcore sozialisiert wurde und diesen Lebensstil, dieses Mindset, nicht einfach abgelegt hat, ablegen kann, ablegen will. Ich kenne niemanden, der im Alleingang mehr produziert und anfertigt. Grafiker ist er obendrein auch noch; unter anderem hat er das Cover für "Tauwetter" von Mieze Medusa & Tenderboy entworfen. Für das deutsche Audiolith-Label ist er ebenfalls tätig.
Und nun setzt er eine Foto-Ausstellung oben auf. Er mag sich vielleicht nicht Fotograf nennen wollen, aber jemand der regelmäßig fotografiert und das mit einer Qualität und einem Auge, der ist für mich nun mal Fotograf. Seit Mitte der Neunziger Jahre geht er ohne Kamera nicht aus dem Haus. Er knipste hauptsächlich bei Konzerten - Punk und Hardcore. Sein erstes besuchtes Konzert überhaupt war Hüsker Dü gemeinsam mit Napalm Death, "1987 muss das gewesen sein", vermutet er. Eine Kamera hatte er damals leider, leider noch nicht.
Thomas Reitmayer
Untergrundkulturverständnis
Reitmayer fotografiert ausschließlich analog, in den letzten Jahren meistens in schwarz-weiß. 2007 brachte er ein kleines Fotobuch namens "Listen To Your Heart" heraus, eine Art Portfolio, in dem ausschließlich Konzerfotos aus dem Untergrund zu sehen sind. Zu sehen sind Against Me!, Ted Leo, Converge, aber auch Texta, Dälek und Client. Der Untergrund ist vielschichtig und muss nicht immer Gitarren umhängen haben. Ich denke, dies ist eines seiner wichtigsten Eigenschaften; jenes Verständnis um die Vielfalt. Kein Versteifen auf eine Musikart. Musik, besser Kultur ist alles, was mit einer aufrichtigen, erdigen Aussage zu einem spricht. Listen To Your Heart eben.
Thomas Reitmayer
Here, My Dear - Das persönlichste seiner Projekte
"Here, My Dear" ist aber keine Ausstellung über Musikfotografie. Zwar sind einige Bilder dieser Art zu sehen, freilich, aber "Here, My Dear" gestaltet sich wie ein Bilderbuch aus seinen letzten zwei Jahren. Mit allem, was da passierte und das war mehr als Konzerte. Wir sehen Porträts von Fremden und Freunden, von Beton und vom Stadtleben, von Stimmungen und Augenblicken. "Here, My Dear" ist sein bis dato persönlichstes Projekt und sicherlich kein leichtes.
Als Ausstellungsort wählte er seinen Shop, das "Yummy" in der Stumpergasse. Das mögen zynische Menschen vielleicht als praktische Zwecklösung sehen, doch für Reitmayer ist es wichtig, dass seine persönlichsten Fotos an einem für ihn in gleichen Maßen persönlichen Ort hängen.
"Here, My Dear" ist wie ein Fenster in zwei Jahre im Leben eines Menschen mit viel Gefühl und Soul. Seine Fotografie vermittelt das schon seit Jahren und die Ausstellung zeigt dies an einem Fleck. Selten sind Ausstellung so stimmig.
Thomas Reitmayer
Die Eröffnung ist am Montag, 17.01.2011 von Mittag bis Abend und alle sind eingeladen. "Here, My Dear" läuft bis 19.02.2011. Ein begleitendes Zine in limitierter Stückzahl ist ebenfalls erhältlich.