Erstellt am: 14. 1. 2011 - 19:28 Uhr
Es muss was geben
Linz D.C. haben wir's genannt. Weil Washington D.C. für viele von uns das Hardcore-Mekka war, war D.C. eben der Ehrentitel, voller Respekt gegenüber der enormen Vitalität, die die Stahlstadt ausgestrahlt hat. Nicht, dass viele von uns dort gewesen wären, aber die Linzer waren bei uns, und man hörte so allerhand, was in der Stadt los war. Target of Demand und Stand to Fall, die zwei wichtigsten Bands der KAPU-Szene Ende der Achtziger, spielten regelmäßig in München, meist als Vorband von irgendeiner US-Hardcore oder (das Wort gab's damals noch gar nicht) Emocore Band.
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Wien dagegen war, von Hardcore-München aus, gar nicht auf der Landkarte. Und als die Punk- und Hardcore-Herrlichkeit im Grunge-Hype verglüht war, als Kruder, Dorfmeister und Konsorten Wien wieder auf die musikalische Landkarte zurückgebracht hatten, da haben dann Attwenger gezeigt, dass die KAPU nicht der einzige Ort in Linz war, wo musikalisch was passiert ist.
In Linz beginnt's
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Die Achtziger in Linz sind wie ein Fernsehapparat, wo du ständig auf einen weiteren Kanal schalten kannst und da ist ständig Programm. Und das ist für eine kleine Stadt schon faszinierend, wie viel Programm da eigentlich läuft. (Markus Binder)
Es ist immer wieder eine Frage, warum in einer Stadt Dinge passieren, die anderswo nicht passieren. Vor allem, wenn es in Provinzstädten passiert, und ein paar Jahre nach Linz stand Weilheim im Zentrum dieser Frage.
Das Warum ist aber nur ein Aspekt, die Antwort darauf bleibt rudimentär, vielleicht weil es gar nicht anders geht. Mehr dreht sich "Es muss was geben" um Was und Wie.
Oral History of Punk
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Martin Blumenau in einem Journal über das Buch "Es muss was geben", erschienen 2007 in der Bibliothek der Provinz.
Seit Ende der Neunziger Legs McNeil und Gillian McCain mit ihrem Buch "Please Kill Me" eine Oral History of Punk erzählt haben, ist das Zitatesammeln zur fast schon standardisierten Erzählform dieses Teils der Musikgeschichte geworden. Genau so funktioniert auch das Buch "Es muss was geben - die Anfänge der alternativen Musikszene in Linz" von Shy-Sänger Andreas "Kevin" Kump.
Und genau so funktioniert auch der Film: Eine Hand voll Hauptprotagonisten und knapp zwei Hände voll NebenprotagonistInnen erzählen, reflektieren, beschreiben – stilvoll in Szene gesetzt – ihre Geschichten, Ansichten, Rückblicke auf die Musikszene im Linz der Achtziger und frühen Neunziger Jahre.
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Die Interviews mit Willi Warma Bassist Peter Donke, Rainer Krispel, langjähriges Kapu-Mastermind und Sänger bei T.o.D. und Seven Sioux, Attwenger-Schlagzeuger Markus Binder, Filmfreak und Plattensammler Thomas Baua Hauer, Medienkünstler und Fuckhead Performer Dr. Dietmar alias Didi Bruckmayer, Harry Hurtig von The Rats und McGregorys und Wolfgang Fadi Dorninger von Monochrom Bleu und Wipe Out bilden das Gerüst des Films.
Der Film funktioniert
Das funktioniert erstaunlich gut, weil die sechs ganz unterschiedliche Erzählweisen einbringen und sich gut ergänzen. Es entsteht ein lebendiges Bild der Zeit, in der diese äußerst vitale Musikszene entstanden ist, und die im Rückblick teilweise skurril anmutet.
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Schade nur, dass die Filmemacher Oliver Stangl und Christian Tod die vorhandenen Zeitdokumente, die Musik, die Bilder und die (wahrscheinlich eh nur spärlichen) Videos aus der Zeit so selten einsetzen. Die wenigen Bilder sind nur für kurze Schwenks gut, die Musik, um die es eigentlich geht, kommt nur in kurzen Einsprengseln vor. Hier hätte ein bisschen mehr Abwechslung dem Film gut getan.
Und natürlich ist "Es muss was geben" auch kein ausgewogenes oder gar kritisches historisches Dokument. Das schadet ihm nicht, trotzdem vermisst man ein paar andere Perspektiven. In diesem Sinne ist es auch schade, dass nur zwei Frauen zu Wort kommen. Als gut erzählte Musik-Zeitgeschichte funktioniert "Es muss was geben" trotzdem.