Erstellt am: 13. 1. 2011 - 17:37 Uhr
Fußball-Journal '11-3.
Meisterschaft und Cup, das europäische Geschäft, das Nationalteam, der Nachwuchs und die vielen Irrsinnigkeiten im Umfeld: Das Fußball-Journal '11 begleitet nach dem Jahr 2010 auch das neue Jahr wieder ungeschönt und ohne Rücksichtnahme auf die vielen dümmlichen Skandalisierungen und die diversen Stillhalte-Abkommen, die den heimischen Fußball-Journalismus so verhabert und zahnlos machen.
Heute mit einem Blick auf den in Katar stattfindenden Asian-Cup, die kontinentalen Meisterschaften und warum sich Coaching-Notstandsgebiete wie Österreich genau dort umsehen müssten um etwas zu lernen.
Nicht dass ich mit dem allerbesten Beispiel vorangehen würde: die Spiele der seit letzten Freitag stattfindenden Asien-Meisterschaft sind zwar flächendeckend (Eurosport 2) in voller Länge zu verfolgen - ich hab trotzdem nur einen kleinen Teil davon gesehen.
Das hat seine Gründe in überkommenen Vorurteilen, die auch bei mir nur langsam verschwinden - denn dass asiatische Teams zu wenig können um ihre Beobachtung zu rechtfertigen, das widerlegen Japan oder Südkorea (und natürlich die im AFC beheimtateten Australier) seit Jahren.
Außerdem wäre es für alle, die die WM-Vergabe 2022 an Katar annörgeln (also praktisch alle; Umfragen ergeben einen Schnitt von 75 - 80% der Fußball-Freunde), doch eigentlich eine Verpflichtung nachzuchecken ob ihr Gebrabbel auf mehr als den Nährboden ihrer Kameltreiber-Vorurteile zurückgreifen kann. Das passiert natürlich nicht, eine Gesellschaft, die nicht nur ihr Handeln, sondern auch ihr Denken an die billigsten Schreier und gruseligsten Vorfertiger outsourct, entlarvt sich wieder einmal ganz von alleine.
Dazu kommt noch etwas, was vor allem Österreichs Fußball angeht. Und das hat der Philipp in einem Mail schön auf den Punkt gebracht: "Fällt auf, dass auch in Asien die Außenseiter mangelnde Klasse durch vermehrtes Hirnschmalz ausgleichen. Sollte einigen von unsrigen zu denken geben. Kann es übrigens sein, dass wir da die einzigen im deutschen Sprachraum sind, die sich näher mit dem Asiencup beschäftigen als durch blindes Abtippen von Agenturmeldungen?"
Kann sein. Ist sogar sicher so.
Ballverliebt
Apropos vorbildliche Berichterstattung jenseits der Liebdienerei und Anbiederung: wie die Fansite Sturm12 die durchaus komplexe Situation bei Sturm Graz und die gestrige Generalversammlung abgehandelt hat, ist aller Ehren wert und übertrifft diverse "Dossiers" diverser Profi-Medien um ein Weites.
Mit "wir" meint er die Fan/Taktik-Site Ballverliebt.eu und die nähere Beschäftigung sieht dann etwa so aus wie im Fall der Spiels von Jordanien gegen Japan wo sich der Underdog just mit der japanischen Strategie bei der WM, des Japanischen Fächers bediente - just im Spiel gegen den großen Favoriten.
Oder so wie anlässlich der erstaunlich schlechten Vorstellung von China die Ballverliebt als Resultat miesen Coachings analysiert.
Die zentrale Zeile in der ballverliebten Botschaft ist aber die mit den "unsrigen". Österreich, also die Nationalmannschaft, befindet sich in jeder EM- oder WM-Quali in genau der Situation wie alle Underdogs bei großen Turnieren: keine Chance spielerisch, technisch oder personell mitzuhalten - also braucht es Hirnschmalt, ein gut eingespieltes System, flexible Taktik und für jedes Match eine neue Strategie, einen Game-Plan. Dasselbe gilt im übrigen auch für die kleinen Teams in der Bundesliga, der 1. Liga, in jeder Liga: den Großen ist nur dann ein Bein zu stellen, wenn man sie mit Schläue überlistet; die strukturell auf gleicher Ebene agierenden sind nur dann zu überwinden, wenn man sie gut kennt. Same old Story: Teamsport ist Taktik-Sport.
Und genau das zeigt so ein Turnier in Reinkultur.
Weil sich, vor allem in den Vorrunden, ganz schnell Eigendynamiken entwickeln, Mannschaften aus dem Momentum über sich hinauswachsen können und auch schnell auf einen Gegner und eine Spielsituation abgestimmte Ideen und Taktiken etwas Großes und vielleicht sogar Bleibendes gebären können.
Sich schlaumachen statt Tratsch erfinden
Weil das, das Unerwartete, und nicht so sehr die Favoriten, die man schon auswendig kennt, die Spannung reinbringt, sind Turniere so sehenswert, immer.
Was eben nicht nur Zuschauern sondern auch Praktikern klar sein sollte - und wohl auch weltweit ist. In Österreich, mit seiner an die Hauspatschen-Wiener Blut-Daham statt beim Islam-Mentalität politischer Player erinnernde Nabelschau-Betreuer-Kultur, fehlt im Notstandsbereich Österreich selbst für die Denkmöglichkeit einer Auseinandersetzung jegliches Verständnis. Die Fußball-Profi-Akteure der heimischen Verantwortungsebene, die sich hier schlau machen, kann man (diese Wette biete ich an) an einer Hand abzählen.
Dass sich Mainstream-Media aktuell viel lieber auf Trainingslager-Berichte von der warmen Türkei-Küste (wo außer Tratsch und gezielt bestellten "Geschichten" nichts Substanzielles rauskommen kann) verlegen - im heimischen Medien-System des Eine-Hand-wäscht-die-andere vollkommen nachvollziehbar. Weshalb Seiten wie Ballverliebt dann auch eine Oase in der Wüste darstellen.
Ein Bild das im Fall des Asian Cup in Katar jetzt ein bissl blöd daherkommt. Egal.
Katar im Testlauf
Im übrigen, das nur an alle "Katar-WM-Oasch!"-Brüller, gibt es tatsächlich einige Probleme. Nicht die Hitze (Jänner/Feburar passt das Wetter) auch nicht die Infrastruktur in den Stadien; aber die Zuschauer. Das sind Ehrensalzburger, Schönwetter-Fans. Als es im Eröffnungsspiel der Kataris gegen Uzbekistan zur Halbzeit 0:0 stand, sind eine Menge Menschen rausgegangen; weil ihnen das Spiel nicht gut genug war. Menschlich nachvollziehbar, vom Standpunkt des Fußball-Fans aber (aus vielerlei Gründen) natürlich unglaublich blöd.
Dazu kommt, dass Mannschaften aus Ländern mit autoritären und anderen hochproblematischen Regimes (China, Nordkorea, Iran, Irak, Usbekistan...) und die Teams aus der mit zuviel schlecht eingesetztem Geld ausgeplusterten Golf-Region (Kuweit, Katar, Bahrein, VAE) einfach keine Fans mitbringen konnten/wollten. Auch weil Reisefreiheit und Unterstützungs-Lust (mit) ein Indikator für die Handlunsgfreiheit innerhalb einer politischen Kultur ist.
Dementsprechend verhalten ist die Stimmung. Nicht dass das bei der WM (die dann durch weltweite Fan-Karawanen ein anderes Flair bekommen würde) relevant wäre - aber es zeigt, dass die WM-Vergabe-Entscheidung auch im asiatischen oder arabischen Raum noch nicht so recht angekommen ist.
Eben hat Jordanien nach Japan den zweiten Favoriten geärgert und Saudi-Arabien 1:0 besiegt. Bald spielt Japan gegen Syrien. Und morgen um 14.15 steigt mit Australien - Südkorea der erste echte Gipfel.