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Irmi Wutscher

Gesellschaftspolitik und Gleichstellung. All Genders welcome.

12. 1. 2011 - 18:15

Die "Crème de la Crème der Integrationsexperten"

"Ich bin gerne Integrationsministerin" - Innenministerin Maria Fekter hat heute ihr neues Beratungsgremium für Integration vorgestellt.

Der aus elf Personen bestehende Rat ist ein reines "Beratungsgremium" erklärt Fekter: "Der Expertenrat ist absolut unabhängig, hat weder Vorgaben von der Ministerin noch irgendwelche Einschränkungen oder Arbeitsaufträge."

Einzige Richtschnur ist der Nationale Aktionsplan Integration. Diesen hat der Nationalrat vor ziemlich genau einem Jahr beschlossen. Damit soll die österreichische Integrationspolitik einheitlich und zielorientierter werden. Er sieht Maßnahmen in sieben Bereichen vor, die von Sprache und Bildung über Gesundheit und Soziales bis hin zu Sport und Freizeit reichen. Ein Ergebnis dieses Plans war etwa die Anforderung, Deutsch vor dem Zuzug nach Österreich zu lernen. Bei der Umsetzung dieses Plans sollen nun die elf ExpertInnen helfen.

Maria Fekter und der ExpertInnenrat für Integration

BMI

v.l.n.r.: Peter Webinger, Ilan Knapp, Hans Winkler, Gudrun Biffl, Thomas Oliva, Maria Fekter, Rainer Rößlhuber, Heinz Fassmann und Kenan Güngör

Kritische Wissenschaft - ungewisse Auswirkungen

Geleitet wird der Rat vom Migrationsexperten Heinz Fassmann, der sich unter anderem für das Integrationsmonitoring verantwortlich zeichnet. Er schätzt seine Arbeit so ein: "Es gibt keine integrationspolitische Patentformel, die alles löst, was die Zugewanderten oder die Mehrheitsgesellschaft als Problem oder Herausforderung sehen. Deutschkenntnisse, Qualifikation, Erwerbstätigkeit, Anerkennung und das Heimischfühlen müssen erarbeitet werden. Lernprozesse auf beiden Seiten der Einwanderungsgesellschaft sind dafür notwendig."

Auch bekannte und durchaus kritische WissenschaftlerInnen, wie Sprachwissenschaftlerin Ruth Wodak oder Migrationsforscherin Gudrun Biffl, sind im Rat vertreten. Letztere findet bei der Vorstellung heute kritische Worte - auch in Richtung der Innenministerin. Biffl hält fest, dass es bei der Forschungstätigkeit des ExpertInnenrats auch ökonomische Analysen geben müsse. Etwa die Kosten der Integration auf lange Sicht im Vergleich zu den Kosten der Nicht-Integration. „Das ist sicherlich ein übergeordnetes Thema“, meint sie. „Aber ein extrem wichtiges, dass wir eventuell falsch kalkulieren, wenn wir uns nur die direkten Kosten der Integration ansehen.“

Wobei: Wirkliche Auswirkungen hat die Kritik der ExpertInnen nicht, denn sie beraten nur - Weisungen oder gar Gesetzesvorschläge können sie keine verabschieden. Dazu Fekter: "Es kann schon sein, dass ich nicht alle Vorschläge für gut befinde - oder für umsetzungsfähig halte. Aber ich habe kein Problem damit, wenn das publik wird, was die Experten mir hier anraten."

Ein weiteres Problem: Längst nicht alle so genannten Handlungsfelder, die der Rat bearbeitet, liegen in den Agenden des Innenministeriums. Alle Beteiligten werden nicht müde, bei der Pressekonferenz zu betonen, dass Integration eine Querschnittsmaterie sei. Trotzdem berichtet der Integrationsrat nur an die Innenministerin. Diese kann - und möchte - dann auch bei ihren KollegInnen mit den Vorschlägen vorstellig werden.

Neue Töne - Alte Strukturen

Interessante Töne im Innenministerium also: Die Ministerin will unter KollegInnen für Integration werben. Man scheint Integration - zumindest unter den ExpertInnen - als etwas zu verstehen das nicht nur von ZuwanderInnen sondern auch von der Mehrheitsgesellschaft zu leisten ist. Und Maria Fekter hat es nicht zuletzt geschafft, einige kritische Stimmen aus dem Integrationsdiskurs mit ins Boot zu holen. Aber so kritisch und neu das Ganze auch klingen mag: Handlungsanleitungen - weder für das Innenministerium noch für andere - entstehen daraus noch lange keine.

Strukturell fällt auf: Zum Großteil sind die ExpertInnen weiß, männlich und aus der Mehrheitsgesellschaft. Was den Eindruck erweckt, dass weiter über und nicht mit MigrantInnen gesprochen wird.

Apropos Strukturen: Ein eigenes Integrationsministerium ist derzeit nicht angedacht. Fekter sagte dazu: "Ich bin gerne Integrationsministerin. Und wenn Sie ein eigenes Ministerium schaffen, dann bin ich es auch dort gerne."