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Irmi Wutscher

Gesellschaftspolitik und Gleichstellung. All Genders welcome.

11. 1. 2011 - 18:19

Adieu Plastiksackerl?

In Italien werden seit 1. Jänner Plastiksackerl aus den Geschäften verbannt. In Österreich denkt man darüber nicht nach, weil das der EU-Verpackungsrichtlinie widerspricht. Stofftaschen oder den guten alten Einkaufskorb verwenden ist trotzdem besser.

In Österreich werden im Jahr 350 Millionen Plastiksackerl an Einkaufende ausgegeben. Die Sackerl werden durchschnittlich eine halbe Stunde verwendet. Landen sie danach auf dem Müll, dauert es sie bis zu 400 Jahren, bis sie sich in kleine Kügelchen zersetzt haben. Ganz abbaubar ist Plastik nämlich nie, und landet so im Boden, im Wasser, im Meer.

Wohl aufgrund ähnlicher bzw. noch höherer Zahlen ist es in Italien seit dem 1.1.2011 verboten, Plastiksackerl zu verkaufen. Das ganze Land soll auf biologisch abbaubare Sackerln aus Stärke umsteigen. Wie sieht es diesbezüglich in Österreich aus? Ich habe mich bei Handelsketten, Umweltschutzorganisationen und dem zuständige Ministerium umgehört. Und unter anderem erfahren, dass die Alternative zum Plastik in Österreich ja gar nichts Neues ist.

AP

Alternativen im Angebot

Auch bei uns gibt es in fast allen großen Supermarkt- bzw. Drogeriemarktketten mittlerweile Alternativen zum herkömmlichen Plastiksackerl: Die Palette reicht von der Papiertüte über das Baumwollsackerl oder Mehrwegsackerl aus recyceltem Plastik bis zum Biosackerl aus Mais- oder Kartoffelstärke.

Am Angebot mangelt es also nicht. Trotzdem, sagt Nicole Berkmann, Sprecherin der Supermarktkette SPAR, entscheiden sich noch immer 45 Prozent der KundInnen an der Kassa für die Tragetasche aus Plastik. Immerhin ist dieser Prozentsatz vor ein paar Jahren noch bei 60 Prozent gelegen. Gerade die dem Plastik sehr ähnlich Biotragtasche hätte da schon einiges bewirkt. Zur Beliebtheit des Plastiks trägt unter anderem bei, dass es keine Flüssigkeiten durchlässt (im Gegensatz zu Papier), relativ gut haltbar ist und einfach billiger als die Mehrwegtaschen aus Baumwolle, die man vielleicht eh zuhause hat, nur halt eben vergessen. Deswegen, so meint Berkmann, müsse bei den KundInnen noch Überzeugungsarbeit geleistet werden, damit sie weniger zum Plastik greifen.

Verbot nicht möglich

Über ein generelles Verbot von Plastiksackerln, wie jetzt in Italien, denkt man im österreichischen Umweltministerium nicht nach. Dort heißt es: „Ein Verbot von Plastiksackerln ist laut EU-Vorgaben nicht möglich, unser Handlungsspielraum ist damit eingeschränkt. Klar ist aber, dass Abfallvermeidung unser oberstes Prinzip bleibt.“

Ob das Verbot in Italien bestehen bleibt, ist angeblich auch fraglich, denn das Plastiksackerl ist laut EU-Verpackungsrichtlinien ein recyclebares Gut. In Österreich gibt es mittlerweile immerhin ein Deponierungsverbot für Kunststofftragetaschen; Diese landen daher nicht auf der Müllhalde sondern werden zur Hälfte wiederverwertet und zur Hälfte zur Energiegewinnung verbrannt.

Letzterer Umstand macht Jens Karg von der Umweltorganisation Global 2000 allerdings nicht besonders glücklich: "Umweltminister Berlakovich hat gesagt, dass wir in Österreich kein Verbot bräuchten, weil die Sackerl bei uns zum Anheizen in den Müllverbrennungsanlage benutzt würden. Und das wäre damit ja eine sinnvolle Verwendung. Dem ist definitiv nicht so, weil die Plastiksackerl beim Verbrennen Formaldehyd oder je nach Zusammensetzung auch Phenole freisetzen und das sind toxische, also giftige Stoffe."

Mann mit Plastiksackerl

dpa

Weg vom Verpackungswahn

Biologisch abbaubare Einkaufstaschen findet Global 2000 OK, Jens Karg gibt aber zu bedenken, dass auch diese viel Energie und Wasser bei der Herstellung verbrauchen. Die beste Umweltbilanz haben noch immer Stoffsackerl oder der gute alte Einkaufskorb, einfach weil sie ungleich öfter verwendet werden können.

Insgesamt würde ein Verbot von Plastiksackerln das Müllproblem zwar nicht lösen, aber "Wenn wir sehen, dass es bis zu 350 Millionen Plastiksackerl sind, die in Österreich jährlich an die KonsumentInnen ausgegeben werden, dann ist das schon ein relevanter Faktor. Natürlich ist es so, dass mit dem Verbot von Plastiksackerln unser gesamtes Umweltproblem nicht gelöst wird."

Denn insgesamt gibt es im Handel viel zu viel Verpackungsmaterial: Das fängt bei Obst und Gemüse an und endet z.B. bei Süßigkeiten die oft mehrmals verpackt sind. "Wir müssen wegkommen von diesem Verpackungswahn" sagt Jens Karg. Und da könnten sich auch die KundInnen wehren: Zum Beispiel einfach mal die Plastikhülle von den Bananen im Supermarkt liegen lassen und sagen „Ich brauch das nicht“. Bananen sind ja eh schon von Natur aus super verpackt.