Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Something For The Weekend"

Philipp L'heritier

Ocean of Sound: Rauschen im Rechner, konkrete Beats, Kraut- und Rübenfolk, von Computerwelt nach Funky Town.

5. 1. 2011 - 17:45

Something For The Weekend

Längstes Wochenende mit Bassdrum.

Bevor uns dann am Donnerstag die Myrrhe und der Weihrauch in die Wohnung getragen werden, können wir das Wochenende zum Beispiel diese Woche ausnahmsweise einmal auch schon an einem Mittwoch beginnen lassen.

Christopher Rau

Christopher Rau

Christopher Rau, am Mittwoch im MARKET, links hinten: Smallville-T-Shirt

Wie man ja in der aktuellen De:Bug nachlesen kann, tun sich vage Tendenzen auf, denenzufolge Wien jetzt bald mal "das neue Berlin" werden könnte. Das wollen wir nun nicht unbedingt mit allerhöchstem Nachdruck hoffen - andersrum wärs vielleicht doch interessanter - wenn das aber bedeuten soll, dass in der stets vor Lebensschmerz schnaufenden Hauptstadt die Clublandschaft mittlerweile dann doch recht ordentlich - also mitunter auch unordentlich und impro-mässig hingeschmissen - vibriert, dann wollen wir nicken, uns am Kinn kratzen und sagen: "Hmm, jaja, genau."
Will man jetzt also am Mittwoch Abend zur Tanzmusik gehen, muss man eine Entscheidung treffen. Kommt ja nicht so oft vor. Oder sehr gut im Zeitmanagement sein.

Verantwortlich dafür sind vornehmlich die zwei Clubs, die
das eh immer sind. Am Mittwoch findet im MARKET, die Veranstaltungsreihe Eter.nl statt: "’eter.nl’ means creating an eternal ether – a synergy of repetitive loops, a reduced structure, mental grooves, synchronised, sending out the space probe." kann man im Internet nachlesen - will heißen, dass hier unter der geschmackvollen Schirmherrschaft der zwei Boys Laminat und Moogle tendenziell weltoffen, im Kern dann aber schon der heilgen Bassdrum von deepem House und elegantem Techno verpflichtet edelste Beats verlegt werden.

Neben Alex Bayer von der WupWup-Crew hat man aus dem schönen Hamburg, wo die stilvollste House-Musik wohnt, einen der, wie es heißt, Durchstarter des vergangenen, vielmehr aber wohl noch des kommenden Jahres eingeflogen: Christopher Rau aus dem Umfeld des formidablen Labels/Plattenladen Smallville. Der Mann hat schon feine Musik bei der DIAL-Schwester Laid und Dérive veröffentlicht, vor allem aber sein gegen Ende 2010 bei eben Smallville erschienes Debüt-Album stellt einen späten Höhepunkt des Techno-Jahres dar: "Asper Clouds" ist tiefgründigster House, voll mit Wärme und hypnotischem Parfum. Melancholischer Seegang, kein falsches Geprotze. Ein sehr guter DJ ist Christopher Rau auch, und Menschen, denen das noch nicht genug der grellen Sensation ist, sei gesagt, dass der Mann, steht in der De:Bug, demnächst wohl den einen oder anderen Track bei DJ Kozes immer noch recht jungem Label Pampa Records veröffentlichen wird. Das dürfen nur die ganz Guten.

Marek Hemmann

Marek Hemmann

Marek Hemmann

Weil das aber nun Wien, der endgeilen Hipster-Metropole mit Zukunfts-Chance, noch nicht genug an Dancefloor-Potenzial ist, gibt es da noch die Pratersauna, die es dieses Jahr im Leserpoll der, na gut, De:Bug auf einen durchaus als sensationell zu bezeichnenden Platz 2 in der Liste der besten Clubs geschafft hat. Einzig hinter dem uneinnehmbaren alten Heizkraftwerk in Berlin, wo man draußen immer so lange warten muss.

So gilt es also ebenfalls am Mittwoch auch in der Pratersauna im Rahmen von Zuckerwatt einen sehr guten Produzenten und mittelziemlichen Star beim Plattendrehen zu erleben: Marek Hemmann aus Jena, dem neuen Berlin 2005. Sein Hit "Gemini" war 2009 in jeder Plattentasche, sein Album "In Between" eines der schönste Techno-Alben mit Experimentier-Willen ebenjenes Jahres. Das Label auf dem Marek Hemmann seine Platten veröffentlich ist Freude Am Tanzen. Genau so ist es.

Wenn man jetzt aber nicht gar so gut auf den 4/4-Takt dieser komischen Beat-Musik zu sprechen ist, könnte man am Mittwoch auch das Fluc besuchen, wo die netten Menschen vom Club D'Hommage vermutlich wieder einmal vormachen werden, wie schön und super das sein kann, quer durch den Gemüsegarten und ohne großen Willen zum Distinktionsgewinn Musik vorzuspielen. Immer komplett nah an der Grenze zu Geisteskrankheit, also sehr gut. Motto diesesmal: To Hell With Good Intentions. Auf der Bühne steht zudem die deutsche Band The Dope, die Gerüchten zufolge nach Indie-Rock mit Krach-Faktor klingt. Was sonst?

Außerdem, noch eine Empfehlung von Herzen, damn you Mittwoch, bester Ausgehtag: Der sehr supere Candy Club aus München - "queere, alternative-independent-electro Party" heißt die Losung - wird ab jetzt regelmäßige Gastspiele in Wien veranstalten, und zwar auf dem Badeschiff. Musikalisch geht da zwischen Indie, bestem Pop und glitzerndem akustischem Konfetti so Einiges, auch die Menschen, die da in Wien ihrer Finger im Spiel haben, sind sehr gute. Full Disclosure: Nina Hofer und Stefan Elsbacher of FM4-Fame sind beim Candy Club, ähm, mit an Bord.

Stimming

Stimming

Stimming: Freitag, Pratersauna

Der Donnerstag eignet sich dann dazu, die Erscheinung des Herrn zu feiern. Oder, mal was anderes, das Loft am Gürtel zu besuchen und der Digital-Konfusion-Mixshow-Party beizuwohen, die ziemlich bunt die Styles durcheinanderschmeißt.

Freitag heißt schon wieder Hamburg, House und Pratersauna. Und schon wieder absehbarer Höhepunkt.
Im Rahmen der Aufguss-Reihe darf man den tatsächlich sehr wunderbaren Herren Stimming sehen und hören, und zwar nicht dabei, wie er schwarze Scheiben auf Geräte legt, sondern LIVE. Live. Stimming baut zauberhaft verspielte wie verspulte Musik mit Pop-Appeal, Seele und Grazie. Auch hier: Das Debüt-Album, "Reflections", war 2009 eines der schöneren in der Abteilung "Elektronisches".

Am Samstag findet in ganz Österreich, na gut, fast, die allseits beliebte "2010 On 45"-Radio-Extravaganz ihre leibhaftige Umsetzung im Club mit echten Menschen. Postgarage Graz, Conrad Sohm Dornbirn, Flex Wien, man soll da natürlich auf jeden Fall hingehen, wenn die Kollegen Functionist, Makossa, Pulsinger, Davidek und viele mehr ihre Lieblings-Clubtracks 2010 in die Nacht schießen. Genaues Line-Up und einiges mehr dazu weiß Arthur Einöder, der auch in Zukunft und weiterhin hier an dieser Stelle der Hauptverantwortliche für hedonistische Lebensgestaltung sein wird. De:Bug, Sparte "Lebensaspekt" im Leserpoll, Platz 03: "Von Mutter Geadded." Alles wird gut.