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Barbara Köppel

Durch den Dschungel auf die Bühne des Lebens.

5. 1. 2011 - 16:02

Kreisky - wer sonst?

Zum 100. Geburtstag von Bruno Kreisky widmet das Wiener Schauspielhaus dem einstigen "Sonnenkönig" eine Theaterserie in zehn Teilen.

Kein österreichischer Politiker hat so viele Widersprüche in sich vereint, ohne dafür ernsthaft an Popularität einzubüßen, wie Bruno Kreisky. Er war der Großbürgerssohn, der sich für die Arbeiterschaft stark machte, der Jude, der den Nazi-Ankläger Simon Wiesenthal als Faschisten bezeichnete und die FPÖ in die Regierung brachte, und der 24/7-Volksdiener, der seine MitarbeiterInnen ausbeutete, als gäbe es weder Gewerkschaft noch Kollektivvertrag.

  • Kreisky – wer sonst? ist bereits die vierte Theaterserie des Schauspielhauses. Die Themen der vergangenen Serien waren die Zehn Gebote, Sigmund Freud und "Die Strudlhofstiege".

Diesen Brüchen in Kreiskys Biographie fühlt das Schauspielhaus nun in einer zehnteiligen Theaterserie nach, deren Titel wie der SPÖ-Wahlslogan von 1975 lautet: "Kreisky - wer sonst?" Von Jänner bis Ende März bringen in diesem Regieprojekt acht RegisseurInnen und vier SchauspielerInnen fast wöchentlich eine Premiere auf die Bühne - bei drei Aufführungen pro Stück und jeweils sechs Tagen Probezeit eine schauspielerische Tour de Force.

Johannes Zeiler u.a. mit wehenden roten Fahnen in "Kreisky - wer sonst?"

Schauspielhaus Wien

Die Helden der Bühnenarbeit v.l.n.r.: Lisa Wildmann, Johannes Zeiler, Christoph Rothenbuchner, Marion Reiser

Der rote Prophet

  • Die erste Folge ist noch am 6., 7. und 8. Jänner jeweils um 20.30h zu sehen. Am 13. Jänner startet die zweite Folge. Die weiteren Termine findest du hier.

Die erste Folge der Serie "Der rote Prophet" schildert Kreiskys politische Sozialisation in den 1920er- und 30er-Jahren in den Wirren von Wirtschaftskrise, Ständestaat und Anschluss. Sein Engagement für die sozialistische Bewegung in dieser Zeit bringt ihn zwei Mal ins Gefängnis. Sowohl Austrofaschisten als auch Nazis verhaften ihn und sperren ihn für insgesamt fast zwei Jahre hinter Gitter. Später legt er großen Wert darauf festzuhalten, der erste wegen "Hochverrats" verurteilte Staatsmann gewesen zu sein, und nie den Versuch unternommen zu haben, "dieses Urteil tilgen zu lassen".

Regisseurin und Gesamtprojektleiterin Daniela Kranz inszeniert diese und andere Episoden fast wie eine Revue. Zwischen Sprechchören, Arbeiter- und Protestliedern schwenkt Kreisky-Darsteller Johannes Zeiler die rote Fahne und hält flammende politische Reden. Der weitere Werdegang des Sozialdemokraten wird aber nicht einfach chronologisch nachgespielt. Vom roten Propheten mutiert Kreisky nahtlos zum staatsmännischen Altkanzler, der im grauen Dreiteiler, mit dicker Brille auf der Nase, Falten auf der Stirn und vorgezogener Unterlippe selbst festlegt, wie seine Biographie zu lesen ist. Er diktiert, kommentiert und korrigiert sie - Daniela Kranz führt auf diese Weise vor, wie geschickt der Langzeitkanzler die "Marke Kreisky" zu etablieren und zu vermarkten wusste. "In seinen Memoiren und den anderen Biographien fällt auf, dass der Weg, den man mit ihm durch sein Leben gehen soll, ein sehr stark von ihm gefärbter, korrigierter, dramaturgisch geschickt zusammengeführter Weg ist. Es ist schwer, jenseits dieser Knotenpunkte seiner Biographie links und rechts auszuscheren."

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Genau das will die Theaterserie im Schauspielhaus aber in den nächsten Wochen versuchen - mit Sinn für den Menschen hinter dem Politiker, mit Humor, ein wenig Slapstick und homöopathischen Dosen ehrlichen Pathos.

Na dann: Freundschaft!