Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Weckergate"

Burstup

Physische Welt, virtuelle Realität. Politik und Kultur.

3. 1. 2011 - 15:17

Weckergate

Ich habe verschlafen - und dieselbe Ausrede wie Millionen andere User.

Mitte der achtziger Jahre haben Die Ärzte einen Song aufgenommen, der schwer nach Depeche Mode klingt. Er heißt: "Lass mich dein Sklave sein" und ich summe ihn immer dann, wenn irgendein Gerät nicht funktioniert.
Das kommt ja vor. Sechs PCs schnurren bei Bedarf in meiner Wohnung vor sich hin, dazu ein Nokia 770 Web-Pad, ein Apple iPad und diverse Smartphones. Letztere haben mich in den vergangenen Jahren zumindest immer brav geweckt, egal ob von HTC, Nokia oder Apple.

Apple

Den ersten Bug des iPhone-Weckers erfuhren User im Herbst des Vorjahres: Alle iPhone-Modelle ließen bei der Umstellung von der Sommer- auf die Normalzeit die Menschen um eine Stunde länger schlafen. Am 1. Jänner 2011 aber versagte der Wecker gleich komplett. Mir war das egal, am Neujahrstag wäre ich ohnehin nicht arbeiten gegangen. Ich nahm von dem Bug gelassen im Web Notiz. Apple empfahl, man solle den iPhone-Wecker auf Wiederholungs-Modus stellen, dann trete der Bug am 2. Jänner nicht auf. Ich folgte der Empfehlung und wurde am Sonntag sanft von meiner iPhone-Harfe geweckt.

Am 3. Jänner, so schrieb Apple, würde sich das Problem von selbst gelöst haben. Ich glaubte auch dies. Ein Fehler - am heutigen Montag fuhr ich mit Verspätung zum Sender. Nicht weiter schlimm, aber ich beobachte jetzt seit Stunden Twitter, Facebook und diverse IT-Websites: Der drei Tage alte Bug geht sprichwörtlich um die Welt. Allmählich kommt man auch in den USA - je nach Zeitzone - drauf, dass der Fehler heute noch immer existiert, in einigen Stunden dann wohl im Bundesstaat Hawaii. Mir tun vor allem jene Menschen leid, die Flüge versäumen. Oder Job-Interviews. Ein Mashable-User schreibt von einer versäumten 220-Dollar-Bootsfahrt, weil sein iPhone und das der Freundin nicht geläutet hätten.

Mysteriöserweise tritt der Fehler nicht immer auf. Robert Zikmund kommt ins FM4-Studio und sagt zu mir: "Mein iPhone hat heut schon geläutet", aber bei einem anschließenden Testlauf ist es genau umgekehrt: Der Bug läßt sich auf seinem Gerät reproduzieren, auf meinem hingegen nicht. Es gibt bis jetzt keine technische Erklärung, das Phänomen zeigt aber, wie ubiquitär das iPhone mittlerweile ist. Seine starke Präsenz am Smartphone-Markt erinnert mich an jene von Commodore-Homecomputern unter meinen Freunden in den achtziger Jahren.

Nach Antennagate füllen sich jetzt die IT-Websites wieder mit Spott und Häme. Ein User schreibt: "I presume Steve Jobs is on vacation, so he had the iPhone alarms turned off centrally." Mashable empfiehlt etwas ernster "Fünf Wecker-Apps, die wirklich funktionieren". Und auf Twitter wird #alarm gerade wieder zum populären Hashtag. Pressesprecher von Apple sind nicht zu erreichen - vielleicht schlafen die auch noch.