Erstellt am: 26. 12. 2010 - 17:34 Uhr
"Super Mario" ist 25
Ich wollte die Geschichte über den 25. Geburtstag von "Super Mario Bros." schon vor Wochen schreiben, habe es aber trotz eines ganz passablen Konzeptes immer wieder aufgeschoben. Das Konzept wäre gewesen: Verlinken von Videos, wo die originale "Super Mario"-Titelmelodie auf den absonderlichsten Gegenständen (Lineal, Glasflaschen, Teslaspulen) gespielt wird. Aber ich glaube, auch das kennt schon jeder. Und mit dem 3486. Text über das eigentlich kitschig-doofe Nintendo-Maskottchen, seinen stets bescheiden inszenierten Gründervater Shigeru Miyamoto und die ewigen Kindheitserinnerungen ans Prinzessinnen Befreien langweilt man die Leserschaft doch mittlerweile ebenso intensiv wie einen selbst.
Eines muss dann doch sein.
Du kaufst schon noch

Nintendo
"Super Mario All-Stars - 25 Jahre Jubiläumsedition" ist bei Nintendo für Wii bereits erscheinen und kostet rund 37 Euro.
Was mir in den letzten Monaten (in Wahrheit sind es natürlich Jahre) im Zusammenhang mit Marios ausnahmslosem Erfolg am interessantesten erscheint, ist die dreiste Überheblichkeit, die sich Nintendo leisten kann. Nicht nur die Wii orientiert sich optisch an den Geräten von Apple, die Firmenpolitik beider Konzerne nähert sich immer mehr aneinander an. Da und dort wird Design verkauft, das schon über Jahre hinweg herausragend ist und deshalb nicht mehr hinterfragt werden möchte. Die Produkte beider Unternehmen wurden zu quasi-religiösen Gütern stilisiert, die man nirgendwo anders kriegen kann. Es gibt eben nur ein echtes "MacBook", und "Super Mario"-Games spielt's authentisch ausschließlich auf Nintendo-Geräten.
Die zum 25. Geburtstag von "Super Mario Bros." kürzlich erschienene Jubliäumsbox ist nicht bloß inhaltlich dürftig, sondern in Bezug auf Preis und Inhalt eine bodenlose Frechheit. Die Uralt-Spiele wurden zum wiederholten Mal ohne Veränderungen neu aufgelegt. Als Highlight gibt es - festhalten - eine Audio-CD mit den ewig charmanten, aber trotzdem abgelutschen Titelsongs der bekanntesten Teile der Serie. Immerhin sind auch ein paar Soundeffekte als Bonus-Tracks mit dabei. Doch diese Chuzpe ist kein Thema - weil eben ein echter Mario drinnen ist.
Gut, das hier ist auch recht super.
Der ewige Verführer
In Wahrheit sind "Super Mario"-Geburtstage irrelevant. Eine visuell markante, aber inhaltlich leere Hülle mit der immer gleichen Gestik und Mimik ist perfekt als zeitlose Videospielfigur und als Merchandising-Objekt. Doch Ecken und Kanten passen ebenso wenig zum abenteuerlichen Märchen-Installateur wie zu Micky Maus oder Samus Aran (die Heldin der "Metroid"-Games). In beiden Fällen hat man im vergangenen Jahr erfolglos versucht, daran etwas zu ändern, und ist gescheitert. Mit Mario versucht man es erst gar nicht wirklich. Die Verführung des doof lachenden Knollnasenträgers mit der roten Mütze währt so oder so ewig, und du weißt, dass du genau jetzt gerne wieder den ersten Level des originalen "Super Mario Bros." spielen möchtest.
Ist dazwischen gerutscht. Aber warum nicht.
Mario Mashups
Verblüffend und erfreulich ist, dass Nintendos Großspurigkeit in den letzten zwei Jahren auch zu einer Art lockerem Umgang mit geistigem Eigentum geführt hat. Von Fan- und Freeware-Communities gestaltete "Super Mario"-Spiele, die genauso heißen und aussehen wie ihre Vorbilder, geistern fröhlich durchs Netz und scheinen den Obleuten im Kyotoer Hauptquartier nichts anzuhaben. Kein Wunder: Im Vergleich zu den Mario-Gesichtern, die einem aus dem Handel aus allen Ecken und Enden entgegenleuchten, sind ein paar selbsterstellte Spielchen aus dem Netz keine ernsthafte Konkurrenz - sondern eher ein noch weiteres Einzementieren des Legendenstatus.

Nintendo, Andrew Spinks
Im vergangenen Geburtstagsjahr war der Output an hochwertigen "Super Mario"-Fanspielen so groß wie nie zuvor. Wer immer schon mal mit anderen Nintendo-Stars das grellbunte Pilzkönigreich durchstreifen wollte, kann das seit April 2010 in "Super Mario Bros. Crossover" bequem im Browser tun. Seit dem letzten Sommer sind darüber hinaus die klassischen Mario-Jump'n'Run-Freuden im ultimativen Fan-Game "Super Mario Bros. X" zusammengeflossen: Es ist ein Mashup der alten, seitlich scrollenden Urversionen von 1985 bis 1990, inklusive Editor, neuen Figuren sowie Zwei-Spieler/innen- und Battle-Modus.
Wem weniger nach Spielen und mehr nach Multimedia und lexikalischen Informationen dürstet: Auf supermariobrothers.org sind neben einem Dutzend weiteren, inoffiziellen Mario-Spielen auch Musikstücke, Grafiken, Videos und ähnliches verlinkt. Im "Super Mario Wiki" gibt es bereits über 11.000 Artikel. Wer eine historisch wertvolle Datenbank sucht, ist beim treuen "The Mushroom Kingdom" gut aufgehoben, das bereits seit 1997 alle möglichen und unmöglichen Informationen zu Mario-Spielen bereitstellt.
Hätte ich fast vergessen.
Bei soviel Ehrerbietung können die Erfinder und Rechteinhaber ja nur noch erblassen. Doch solange wir von den japanischen Level-Design-Zauberern alle paar Jahre mit einem neuen, großen und grandiosen "Super Mario"-Spiel entschädigt werden, bleibt der Deal zwischen Entwicklern und Enthusiasten perfekt. Nur das Feiern sollte man lieber den Fans überlassen.