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Daniela Derntl

Diggin' Diversity

20. 12. 2010 - 18:35

Arbeit und Asyl

Finanzielle Selbsterhaltung ist eine notwendige Voraussetzung, um ein "Bleiberecht" in Österreich zu bekommen. Dennoch ist es für die AsylwerberInnen gesetzlich fast unmöglich legal zu arbeiten.

Während die meisten dem Schneechaos der letzten Tage mit gemischten Gefühlen gegenüber stehen, gibt es eine kleine Minderheit, die sich besonders über den Wintereinbruch freut, und zwar weil es für sie den langersehnten Arbeitseinsatz bedeutet. Es sind die AsylwerberInnen, die als Schneeräumer bei der Magistratsabteilung 48 der Stadt Wien beschäftigt sind. Bei der ersten Schneeflocke, beginnen ihre Augen zu leuchten. Endlich Arbeit!

Schneehaufen mit Schneearbeiter im Hintergrund

APA ROBERT JAEGER

Grundversorgung:
Aufgrund einer EU-Richtlinie hat Österreich das System der Grundversorgung eingeführt, das für mittellose AsylwerberInnen Unterstützung vorsieht, die auch eine Krankenversicherung enthält. Voraussetzung für den Erhalt der Grundversorgung ist, dass man sich im laufenden Asylverfahren befindet und in dem zugewiesenen Bundesland wohnhaft ist. Falls man das Bundesland verlässt, verliert man die Grundversorgung, genauso wie bei Disziplinären Verstößen. Wenn man aus der Grundversorgung fällt, ist auch keine Betreuungsinstanz mehr für den/die AsylwerberIn zuständig und die betroffene Person ist vollkommen auf sich gestellt.

Gemeinnützige Arbeit

AsylwerberInnen dürfen nur wenige Jobs ausüben. Gemeinnützige Hilfstätigkeiten etwa für Bund, Land und Gemeinde, also Schnee kehren, Landschaftspflege oder die Betreuung von Park- und Sportanlagen. Meistens werden sie für ihre Arbeit mit 5 Euro/Stunde entlohnt – und sie dürfen bis zur Geringfügigkeitsgrenze von 366 Euro dazu verdienen, ohne ihre Grundversorgung zu verlieren. Somit sind gemeinnützige Tätigkeiten das attraktivste Job-Angebot für AsylwerberInnen, denn in der Regel ist bei Erhalt der Grundversorgung nur ein maximaler Zuverdienst von 100 Euro im Monat gestattet. Gibt man an, mehr zu verdienen (z.B. 150 Euro), wird der Überhang (in diesem Fall 50 Euro) zum Abzug gebracht. Da diese Arbeit einen gesellschaftlichen Mehrwert darstellt, erhält man dafür auch leichter eine Beschäftigungsbewilligung.

Grundversorgung

Momentan besteht die Grundversorgung für Alleinstehende AsylwerberInnen aus 290 Euro (inkl. Miethilfe). Verglichen mit der Mindestsicherung von Inländern, die das Existenzminium in Österreich auf 752 Euro fest legt, wird deutlich, dass man davon kaum leben kann.

Arbeit als Selbstständige

Neben gemeinnütziger Arbeit bleibt AsylwerberInnen die Möglichkeit, als Selbstständige zu arbeiten, was sich allerdings als schwierig herausstellt, da die meisten die Voraussetzungen für den notwendigen Gewerbeschein nicht erfüllen. Deshalb bleibt für viele nur noch der Schritt in die "Neue Selbstständigkeit", was allerdings die Berufswahl weiter einschränkt. Eine Möglichkeit ist zum Beispiel als Zeitungszusteller zu arbeiten. Diese 1-Mann-Betriebe bewegen sich nicht nur während ihrer Arbeitszeit in der Morgendämmerung, sondern auch rechtlich in einer Grauzone – doch sie werden akzeptiert, meint Verena Roschger von der Deserteurs- und Flüchtlingsberatung (kurz Dessi genannt) im Gespräch. ZeitungskolporteurInnen gelten als selbstständige UnternehmerInnen mit Werkvertrag, die nach Route und Stückzahl bezahlt werden. Werden statt Zeitungen allerdings Pizzen zugestellt, nimmt die Polizei die AsylwerberInnen schon genauer unter die Lupe, denn hierbei könnte es sich bereits um eine Anstellung handeln.

Die Deserteurs- und Flüchtlingsberatung (Dessi) bietet seit 1992 Recht- und Sozialberatung für AsylwerberInnen an. Sie arbeitet unabhängig, d.h. ohne einen Auftraggeber außer den Klientinnen und sie finanzieren sich über Spenden und Benefizaktionen. Am 9. Dezember wurde die Dessi von der österreichischen Liga für Menschenrechte mit dem Menschenrechtspreis ausgezeichnet.

Prostitution

Bei weiblichen Asylsuchenden ist oft Prostitution eine der wenigen Nischen, in der sie arbeiten können, erzählt Veronika Stemberger, ebenfalls ehrenamtliche Dessi-Beraterin. Für Sexarbeit ist kein Gewerbeschein notwendig, und sie darf auf Grundlage der neuen Selbstständigkeit ausgeübt werden. Voraussetzung ist, dass sich die Frauen als Prostituierte registrieren und die grüne Karte, den umgangssprachlichen Deckel, vorweisen können.

Beschäftigungsbewilligung

Die Grundvoraussetzung, um unselbstständig arbeiten zu können ist eine Beschäftigungsbewilligung vom AMS. Doch in den meisten Fällen wird diese nicht erteilt, da die Quoten erfüllt sind und arbeitslose Österreicher bevorzugt genommen werden.

Arbeit als Unselbstständige

Deshalb kommt ein Arbeitsverhältnis als Unselbstständige kaum in Frage. Hierbei gibt es zwei zeitlich befristete Ausnahmen (6 Monate) und zwar die Möglichkeit, als Saisonnier in der Gastronomie oder als Erntehelfer in der Landwirtschaft zu arbeiten, wobei die letzte Möglichkeit zumindest in Wien kaum gegeben ist. Darüber hinaus können AsylwerberInnen in Bereichen arbeiten, für die sich kein Inländer findet, wie z.B. Arigona Zogajs Mutter Nurie, die einen Arbeitsplatz in einem Geflügelzuchtbetrieb gefunden hat.

Es wird Asylsuchenden in Österreich gesetzlich fast verunmöglicht, einer Arbeit nachzugehen, um sich selbst zu erhalten. Potenzielle Arbeitskräfte, die auch arbeiten wollen, sind gewissermaßen zum Nichtstun gezwungen. Einerseits verlangt man von ihnen Integration und finanziellen Selbsterhalt, der für das Bleiberecht notwendig ist, andererseits werden sie vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen.