Erstellt am: 10. 12. 2010 - 16:37 Uhr
Österreich auf dem Menschenrechts-Prüfstand
Am 10. Dezember 1948 wurde auf der UNO-Vollversammlung in Paris die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte beschlossen. 60 Jahre später haben die Vereinten Nationen damit begonnen zu prüfen, wie es um die Menschenrechtssituation in ihren Mitgliedsstaaten steht. Die Überprüfung der Einhaltung von Menschenrechten ist nicht neu, bis jetzt wurden aber immer spezielle Themen geprüft: Kinderrechte, Frauenrechte, Rassismus etc. Neu an der Universellen Menschenrechtsprüfung (UPR - Universal Periodic Review) ist, dass alle Menschenrechte auf einmal überprüft werden und dass die Überprüfung eine "Peer Review" ist, also von den anderen UN-Mitgliedern durchgeführt wird.

UN
Die Informationen für die Prüfung, die den UN-Staaten zur Verfügung gestellt werden, kommen aus drei Quellen:
- dem UN-Hochkommissariat für Menschenrechte
- der österreichischen Bundesregierung
- und sonstigen "glaubwürdigen und verlässlichen Informationen" relevanter DiskursteilnehmerInnen (etwa von NGOs).
Der nationale Bericht und die Berichte der NGOs liegen schon vor, und es verwundert wohl kaum, dass die Bewertung der Menschenrechtssituation in Österreich durchaus unterschiedlich ausfällt.
"Österreich weltweit bei den Besseren"
"Ich glaube jedes Land, dass sich auf seine Fahnen schreibt, Menschenrechte zu achten, und darauf zu schauen, dass Menschenrechte auch in anderen Teilen der Welt eingehalten werden, wird ernsthaft an eine derartige Prüfung herangehen und so sieht das Österreich selbstverständlich auch." meint Peter Launsky-Tieffenthal, der Sprecher des Ministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten, das den nationalen Bericht koordiniert hat.
Ernsthaft bedeutet in diesem Fall, dass Österreich ein Bekenntnis zu den Menschenrechten abgibt, seine historischen Leistungen bei der Umsetzung von Menschenrechten hervorstreicht, Institutionen, die die Wahrung der Menschenrechte kontrollieren, anführt und ein paar wenig ambitionierte Vorhaben zur Verbesserung der Menschenrechtssituation ankündigt.
Selten liest man selbstkritische Anmerkungen, etwa bei der faktischen Gleichstellung von Frauen und Männer oder bei der Diskriminierung von AusländerInnen, denn Österreich sieht sich selbst als Verfechter der Menschenrechte. Launsky-Tieffenthal betont auch, dass Österreich bei der Achtung der Menschenrechte weltweit zu "den Besseren" gehöre, obgleich man immer noch etwas verbessern könne.
Österreich kein Musterschüler

www.menschenrechte-jetzt.at
Laut Barbara Kussbach, der Koordinatorin der Initiative Menschenrechte jetzt, in der fast 300 NGOs vertreten sind, bestünde aber eine große Diskrepanz zwischen dem Ansehen Österreichs auf internationaler Ebene und der nationalen Menschenrechtssituation. Hierzulande gäbe es nämlich große Defizite im strukturellen und auch im inhaltlichen Bereich. Strukturell wird kritisiert, dass es etwa noch immer keine nationale Menschenrechtseinrichtung gäbe, die unabhängig über die Menschenrechte wacht, dass ein umfassender Grundrechtekatalog in der Verfassung fehle, da bisher nur gewisse Grundrechte garantiert wären und dass der Dialog mit der Zivilgesellschaft stark verbesserungswürdig sei.
Inhaltlich reiche ein Blick in die Medien, um Defizite hervorzustreichen: Rassismus in Gesellschaft, Medien und bei der Polizei, eine menschenrechtswidrige Asyl- und Migrationspolitik, Diskriminierung und Verstöße gegen die Gleichbehandlung.
Die Initiative Menschenrechte hat in ihrem Bericht an das UN-Hochkommissariat 62 Forderungen an die österreichische Bundesregierung gestellt, um die Missstände im Bereich Menschenrecht zu beheben, doch obwohl der Regierung der Bericht seit Juli bekannt ist, hat sie darauf kaum reagiert.
Die Universelle Menschenrechtsprüfung für Österreich wird übrigens auch per Livestream übertragen.
So bleibt es der Universellen Menschenrechtsprüfung am 26. Jänner 2011 überlassen, Österreich diese Forderungen näherzubringen. Barbara Kussbach hofft, dass sich Österreich von seinen internationalen Lippenbekenntnissen löst und auch national energisch die Menschenrechte vertritt.
2008 ist mit der Schweiz auch ein Land geprüft worden, das sich die Verbreitung der Menschenrechte auf seine Fahnen heftet. Die Schweiz ist mit 32 Empfehlungen aus der Universellen Menschenrechtsprüfung gekommen, unter anderem der Empfehlung, mehr gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus zu tun, das Asylgesetz mit den Menschenrechten abzugleichen oder die Entwicklungshilfe auszubauen. Auf Österreich könnten ähnliche Empfehlungen zukommen.