Erstellt am: 7. 12. 2010 - 17:53 Uhr
Retro Mickey
Am 18. November ist einer der berühmtesten Comic-Helden der westlichen Welt 82 Jahre alt geworden. Wie bei gezeichneten Figuren üblich, ist auch Mickey Mouse seither optisch keinen Tag gealtert - wenngleich es im Laufe der Jahrzehnte immer wieder stilistische Änderungen gegeben hat. Ausgangspunkt von "Epic Mickey" sind dennoch die frühen Zeichnungen von Walt Disney - aus jener Zeit, als aus dem lustigen Hasen Oswald die schlaue Maus Mickey wurde.

Disney
Da sind wir auch schon beim grundlegenden Konflikt des aktuellen Games angekommen, das der Videospiel-Design-Star Warren Spector ("Deus Ex", "Thief") mit seinem Studio Junction Point betreut hat. Mickey landet in einem vom Bösen verzauberten Reich für vernachlässigte Disney-Figuren, die natürlich hoffnungslos eifersüchtig auf die erfolgreiche und neunmalkluge Maus sind. Gelandet ist Mickey dort wegen Selbstverschuldens, als er eines Nachts aus Tollpatschigkeit die dreidimensionale Malerei eines Zauberers versaut. Als die Maus in der Zauberwelt ankommt, ist Oswald alles andere als lustig drauf - vielmehr ist der Hase der rachsüchtige und hinterlistige Anführer dieser Welt.
Erinnerungen an Bär und Vogel
"Epic Mickey", das im deutschsprachigen Raum den eher seltsamen Namen "Micky Epic" trägt, ist ein 3D-Jump'n'Run der alten Schule, circa 1998. Zur Inspiration dafür haben Warren Spector und sein Team bestimmt viel "Banjo-Kazooie" gespielt. Zu sagen, dass Ästhetik, Spielmechanik und sogar Grafik und Soundtrack aus dem zwölf Jahre alten Nintendo-64-Game von Rare entlehnt sind, ist sogar noch höflich ausgedrückt. Es wirkt an manchen Stellen tatsächlich so, als ob man nur Charaktere und Dialoge ausgetauscht und neue Levels gebaut hätte.
Neben der etwas dreisten, aber soliden Abkupferung gibt es die Besonderheit des Zauberpinsels, den Micky immer bei sich trägt. Damit lassen sich Gegenstände, die Umgebung und auch Feinde wahlweise her- oder wegzaubern. Die meisten Rätsel, auf die man stößt, bauen direkt oder indirekt auf dieser Zauberpinselmechanik auf. Maschinen werden damit an- oder abgeschaltet, Plattformen fort- oder hingepinselt, Toon-Gegner mit Farbe befreundet oder mit Verdünner ausgelöscht. Streng genommen ist aber auch diese Idee nicht komplett neu - "Mario"-Fans erinnern sich in diesem Zusammenhang an den Hochstrahlreiniger aus "Super Mario Sunshine".

Disney
Spielerisch belanglos, aber sehr liebevoll in die Gesamtpräsentation eingebettet, sind die "Hey-ich-bin-im-Film!"-Passagen. Es erweckt schon kindliche Freude, wenn man als Mickey durch seine allerersten Abenteuer springt. "Steamboat Willie", eine der ersten Mickey-Mouse-Kurzanimationen aus den späten 1920er Jahren, ist nur eine von vielen interaktiven Zwischensequenzen von "Epic Mickey".
Versteckte Innovationen

Disney
"Epic Mickey" (deutsch: "Micky Epic") ist exklusiv für Wii bereits erschienen.
Abgesehen von zauberhafter Pinselei und dem Neuerleben alter Cartoons läuft alles in der gewohnten Manier eines knallbunten, leicht durchgeknallten Geschicklichkeitsspieles ab. Wir machen die üblichen Doppelsprünge und Wirbelattacken, erklimmen Plattformen, hüpfen auf Gegner und weichen scharfen Rotorblättern und wildgewordenen Turmuhren aus.
Geheimräume und das Sammeln von Medaillen lockern das Vorarbeiten von einem Mini-Auftrag zum nächsten etwas auf. Befreit man hilfsbewusste Kobolde (das waren in "Banjo-Kazooie" die "Jinjos"), nehmen die einem später die Arbeit ab. Sogar Endgegner kann man vermeiden, wenn man im Vorfeld lieb zu ihnen ist. Das war's dann aber auch schon mit der Spector'schen Entscheidungsfreiheit für dieses Mal. Aber wer weiß, wie anstrengend es war, mit der Firma Disney zusammenzuarbeiten ...

Disney
"Epic Mickey" ist als exklusives Wii-Game am ehesten mit "Super Mario Galaxy" zu vergleichen, kommt aber nicht annähernd an dessen Genialität heran. Als Spiel für Kinder ist es nur bedingt zu empfehlen, da die Steuerung - vorrangig die Kamerasteuerung - etwas gewöhnungsbedürftig ist und Micky Maus für heute 5-10-Jährige vermutlich nicht mehr so relevant ist wie noch vor 10 bis 20 Jahren. Was nach dem Hype bleibt, ist ein gutes, aber unaufregendes Jump'n'Run für zwischendurch.