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Anna Masoner

Anna Masoner

Anna Masoner

Erkundet als digitale Migrantin Vorzüge und Abgründe der Informationsgesellschaft

6. 12. 2010 - 18:50

Online-Hetze unter Freunden

Der Web 2.0 Kraken Facebook steht nicht nur aufgrund des lockeren Umgangs mit der Privatsphäre ihrer Nutzer unter Beschuss. Facebook ist auch ein Tummelplatz für hetzerische Kommentare gegen Ausländer, Juden, Sinti, Roma oder Homosexuelle.

Dass sich soziale Netze hervorragend eignen um rechtsradikale Parolen in konkrete Aktionen umzuwandeln, zeigt das Beispiel der Gay Pride Parade 2010 in Belgrad. Mitte Oktober kam es am Rande der Parade zu massiven Protesten und Ausschreitungen von Rechtsextremen. Mehr als 5.000 Gegner verwandelten die Parade in eine Straßenschlacht. 120 Menschen wurden dabei verletzt, 150 Leute festgenommen. „Bereits Monate vor den Ereignissen waren auf Facebook Gruppen und Seiten entstanden, die gegen die Parade mobil machten und Leute aufforderten sich an den Protesten zu beteiligen“, sagt Igor Vejnovic vom Regional Center for Minorities in Serbien. „Öffentlichkeit bekommt man heute durch das Web 2.0 eben einfacher.“

Proteste bei der Gay Parade in Belgrad

EPA

Technische Lösungen kaum effektiv

„Auf unserer Plattform kann man über dieselben Dinge sprechen wie in einer Unterhaltung in einem Café,“ sagt Richard Allen. Er ist Policy Direktor von Facebook Europa und hat neben dem Datenschutz auch das Thema Hassreden auf seiner Agenda. „Drohungen, hetzerische oder diskriminierende Aussagen haben aber bei uns keinen Platz. In diesem Fall werden solche Kommentare, Gruppen oder Seiten gelöscht und die Nutzer aus Facebook verbannt.“ Facebook-User können deshalb über einen Button solche Äußerungen melden. Allerdings könne die Plattform aufgrund der vielen Meldungen oft erst Monate später reagieren. Technische Lösungen kommen für Richard Allen nur begrenzt in Frage. „Softwareagenten sind viel weniger effektiv, als wenn die Community unzulässigen Inhalt meldet.“ Das Problem am technischen Ansatz sei, dass die Software auf zu viele Schlagwörter reagieren würde, nicht aber auf den Kontext.

Facebook duldet Holocaust Leugnung

Wie viele Vorfälle bei Facebook jährlich gemeldet werden, will Richard Allen nicht sagen. Das sei nicht besonders aussagekräftig. Die Grenze zwischen zulässigen und strafbaren Äußerungen verschwimmt nämlich. Die Leugnung des Holocausts steht etwa in Österreich, Deutschland und vielen anderen europäischen Ländern unter Strafe, in den USA hingegen nicht. Facebook hält sich bisher an die amerikanische Gesetzeslage.

„Bei der Entscheidung was wir entfernen, versuchen wir auf die Intention des Sprechers herauszufiltern“, sagt Richard Allen. „Wir entfernen Inhalte nur, wenn es sich um hassgetriebene Äußerungen oder Hetze handelt, nicht aber wenn sie eine bestimmte Person oder ein bestimmtes Ereignis beinhalten.“

Nächstes Jahr will sich Richard Allen übrigens persönlich für einen reibungslosen Ablauf der Gay Pride Parade in Belgrad einsetzen. Indem er einschlägige Hetze auf Facebook im Vorfeld verhindert.