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Todor Ovtcharov

Der Low-Life Experte

1. 12. 2010 - 12:19

Back to the USSR

Lang lebe die bulgarisch-sowjetische Freundschaft!

"Dieses Kraftwerk ist ein Kind der bulgarisch-sowjetischen Freundschaft!" Das stand auf einem Kamin, unmittelbar in der Nähe meiner Volksschule in Sofia. Ich fragte meine Eltern, was das bedeutet. „Blödsinn“, antwortete mein Vater und schaute verärgert weg. Meine Neugier ließ nicht nach und ich fragte meine Klassenlehrerin, was die bulgarisch-sowjetische Freundschaft bedeutete. „Das ist alles Vergangenheit“, sagte sie. Zu dieser Zeit wollten die Bulgaren anscheinend ihre alten Freunde vergessen. Neue Freundschaften waren angesagt.

Es war nicht immer so. Im 19. Jahrhundert zum Beispiel hat ein Zar entschieden, dass Russland den Bosporus und die Dardanellen kontrollieren muss. Damit konnte die russische Flotte direkt ins Mittelmeer gelangen und die englische Meeresvorherrschaft in Frage stellen. Um dieses Ziel zu erreichen, führte Russland eine Serie von Kriegen gegen das osmanische Reich. Die slawische Bevölkerung der Balkanhalbinsel sollte die Russen als Brüder und Befreier betrachten. Inwiefern sich die Machthaber im Kreml wirklich für die Schicksäle der slawischen „Brüder“ interessierten und ob sie nicht aus rein imperialistischen Interessen handelten, ist bis heute fraglich.

Noch einmal in der Geschichte waren die Russen die Befreier Bulgariens. 1941 erreichte die deutsche Wehrmacht die rumänisch-bulgarische Grenze. Fünf Tage mit Widerstand, drei Tage ohne Widerstand, lautete die Botschaft der Deutschen, denn sie mussten unbedingt nach Griechenland. Die tapferen Bulgaren verzichteten auf den Widerstand. 1944 stand die rote Armee an der rumänisch-bulgarischen Grenze. Die Forderungen waren gleich. So wurde Bulgarien vom Faschismus befreit und die Bulgaren und die Russen wurden wieder beste Freunde. Diese Freundschaft wurde benutzt, um alle Phänomene der sozialistischen Gesellschaft zu erklären.

Meine Eltern haben mir von einer Propagandaaufschrift auf dem öffentliche Zirkusgebäude erzählt: "30 Jahre bulgarisch-sowjetische Freundschaft, 30 Jahre Zirkus!" Wie es bei so vielen Freundschaften passiert, ist auch aus dieser eine wirkliche Liebe geworden. Zwei Mal wurde im Zentralkomitee der bulgarischen Kommunistischen Partei diskutiert, dass sich Bulgarien der Sowjetunion als 16. Republik anschließt.

Mein Freund Anton ist - genau wie das Kraftwerk und der Zirkus - ein Kind dieser Liebe. Sein Vater ging als bulgarischer Ingenieur an die Wolga. Zurück kam er mit Olga. Anton studiert klassische Gitarre in Wien. Es fällt ihm nicht leicht, österreichische Mädchen anzusprechen. Sie haben anscheinend Angst vor seinem slawischen Akzent und meiden ihn. Neulich rauchte Anton eine Zigarette am Fenster seines Studentenwohnheimes. Auf der gegenüberliegenden Seite sah er ein wunderschönes Wesen, eine Fata Morgana, die ihm zuwinkte. Anton lernte Mascha kennen. Mit ihr kamen Ksiuscha, Lena und Natascha. Seit die bulgarisch-sowjetische Freundschaft in Österreich wieder aufgenommen wurde, haben Anton und andere Freunde von mir ein konstantes Lächeln im Gesicht. Anton spielt die Gitarre wie ein richtiges Kraftwerk. Lang lebe die bulgarisch-sowjetische Freundschaft!