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Roland Gratzer

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29. 11. 2010 - 13:32

James T. Kirk 1.0

Der kanadische Schauspieler Leslie Nielsen starb gestern im Alter von 84 Jahren. Sein erster Film war die Geburtsstunde des feschen Raumschiff-Kapitäns auf Außenmission.

„Wir trauern um den beliebten Schauspieler Leslie Nielsen, vermutlich am besten bekannt als Lt. Frank Drebin in der Filmserie Die nackte Kanone“, schreibt sogar die Familie des gestern verstorbenen Schauspielers mit den anscheinend immer schon weißen Haaren. Die kontinuierlich schlechter werdende Trilogie mit ihrem unermesslichen Humorkapital für die Pausengespräche meiner Schulzeit wird wohl als einziges kulturelles Erbe im Massengedächtnis unserer Filmquiz-Runden zurückbleiben. Das ist gar nicht so wenig. Nielsens erste und in meiner subjektiven Wahrnehmung auch wichtigste Arbeit wird aber immer vergessen, obwohl sie die Film- und Fernsehlandschaft der folgenden Jahrzehnte maßgeblich prägte.

Alarm im Weltall

Die USA im Jahr 1956. Bezüglich Raumfahrt ist das Duell zwischen Militär und dem noch nicht so ganz vertrauenswürdigen deutschen Raketen-Ingenieur Wernher von Braun noch nicht entschieden, während die Sowjets bereits am ersten Sateliten arbeiten, der die westliche Welt ein Jahr später in den sogenannten "Sputnik-Schock versetzen wird.

MGM

Der fesche Leslie und die fesche Altaira kommen sich wider Erwarten schnell näher.

In den Kinos läuft der Film "Forbidden Planet" an, dessen deutscher Verleihtitel ("Alarm im Weltall") gut zum späteren Werk von Leslie Nielsen passt. Darin spielt er den haudegenhaften Raumschiffkommandanten Captain Adams, der auf der Suche nach dem verschollenen Kolonisten-Kreuzer Bellerophon ist. Als die Crew am Planeten Altair 4 landet, sind von den Kolonisten nur mehr der seltsame Dr. Morbius und seine Tochter Altaira übrig. Der restliche Plot kurz zusammengefasst: ehemalige Zivilisation - super intelligent - unterirdische Maschinen - durch böse Gedanken hervorgerufene Monster - ein anfangs freundlicher dann zwiespältiger Roboter namens "Robby" - und die unvermeidliche Liebesgeschichte zwischen Adams und Altaira.

Raumschiff

MGM

In Forbidden Planet flog ein Mensch zum ersten Mal in einer fliegenden Untertasse.
Roboter Robby

MGM

Robby der Roboter startete nach dem Film eine glanzvolle Karriere. Er wirkte in Love Boat und Columbo mit, hat einen Kurzauftritt in Lost in Space und ist sogar kurz in Star Wars - Episode 1 zu sehen. Seit 2004 ist er Mitglied der Robot Hall of Fame. Anne Francis hat es nicht so weit gebracht.

An den Kinokassen war der Film ein absolutes Desaster, unter anderem deswegen, weil die Kosten für die Special effects permanent nach oben gingen. Vieles aus "Forbidden Planet" ist uns in den folgenden Jahrzehnten allerdings erhalten geblieben. Gene Roddenberry hat (im Vergleich zu vielen anderen) zugegeben, dass er sich einiges abgeschaut hat: Auf Altair 4 wird Nahrung synthetisch hergestellt, außerdem gibt es Kommunikatoren, Strahlenwaffen und irgendein Konglomerat namens "Vereinigte Planeten". Die visuellen Ideen der Setdesigner finden sich außerdem im Lucas'schen Todesstern wieder und selbst der Schriftsatz des Trailers kommt irgendwie bekannt rüber.

Doch vor allem der Typ des locker lässigen Raumschiffkapitäns mit schmalzigem Scheitel, den Nielsen beeindruckend glaubwürdig rüberbringt, wirkt im Nachhinein wie der Prototyp jener Geisteshaltung, mit der uns William Shatner seit Jahrzehnten beglückt. Dazu noch ein russisch-stämmiges Crewmitglied und fertig ist die so oft gesehene und so redundante "Raumschiff landet - seltsame Viecher sind auch dort- Kirk schnappt sich das Mädchen und zerreißt sein T-Shirt"-Folge aus der Urzeit der Enterprise. Neben dem wunderbaren "Bingo"-Gag aus dem ersten Naked Gun Film ist diese Rolle wohl das wichtigste, das uns Leslie Nielsen hinterlassen hat.

"Nielsen ist wie die Karrikatur von jemandem, den man irgendwie kennt", hat Kollege Pieper richtigerweise gemeint. Dass sein erster großer Film als Blaupause eines ganzen Genres dient, sollten wir am Tag nach seinem Tod zumindest beiläufig erwähnen.