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Klaus Brunner Mittelamerika

Palmen, Pathos, Politik

25. 11. 2010 - 16:19

Zack und weg: FM4 Draußen im Freifall

"Wie blöd bin ich eigentlich?" fragt sich Fallschirm-Schüler Wolfgang Lienbacher wenn der Höhenmesser an 2500 Metern kratzt. Das Adrenalin steigt Minute um Minute. Bei 4000 Metern geht die Luke auf: Exit!

von Klaus Brunner

Am Flugplatz von Zell am See wuselt es vor SpringerInnen und Schaulustigen. Es ist ein sonniger Herbstnachmittag und einer der letzten Tage der Fallschirm-Saison. Wolfgang Lienbacher steht kurz vor seinem Prüfungssprung, 26-mal ist er bis jetzt aus dem Flugzeug gehüpft. Er ist ziemlich ruhig, sagt er, denn nervös wird er immer erst im Flugzeug. Wolfgangs Ausbildner heißt Koudi, vor jedem Sprung checkt er die Ausrüstung und den Schirm der Schüler. Ganz besonders wichtig: das Trennsystem für den Reserverfallschirm.

Klaus Brunner berichtet für FM4 aus Salzburg

Wolfgang spricht vom ultimativen Kick, ein paar seiner Skydive-Kollegen sogar von einer Sucht. Eine gewisse Fitness - geistig wie körperlich - und etwas Kleingeld sind die Voraussetzungen für so ein Hobby. 2400 Euro kostet die Ausbildung, nach dem Theorieteil sind 28 Sprünge zu absolvieren. Bei den ersten paar Mal geht der Schirm noch automatisch auf, danach heißt es selber ziehen.

Luke im Boden eines Flugzeuges; Öffnung für Fallschirmspringer

Wolfgang Lienbacher

Der Lärmpegel auf dem Flugplatz steigt, eine monströse Maschine des Typs "Sky-Van" landet. Das Ungetüm erinnert tatsächlich an einen überdimensionierten VW-Bus mit Flügeln – im Stundentakt werden je 20 Skydiver nach oben kutschiert.

Es ist eng in der Maschine, an Bord sind die Tandem-Lehrer samt Schützlingen, ein Team von abgebrühten Profis mit Wing-Suits und Koudis Schüler. Irgendwann leuchtet eine rote Lampe auf: zwei Minuten bis zum Exit. Die Heckklappe geht auf, so ohrenbetäubend der Lärm, so kitschig ist das Panorama über dem glitzernden Zeller See. Die ersten Skydiver springen aus der Sky-Van - auch für Wolfgang gibt es kein Zurück mehr. Sein Prüfungssprung beginnt mit einem "instabilen Exit", das heißt "irgendwie" rauszuspringen und sich möglichst schnell wieder zu stabilisieren. Koudi fliegt mit und kontrolliert die Ausführung der Drehungen und Saltos, die Wolfgang vorzeigen muss. "Denn irgendwie runter plumpsen kann jeder", schreit der Prüfer gegen die Geräuschkulisse aus Wind und Propeller.

Fallschirmspringer mit geschlossene, Fallschirm

Wolfgang Lienbacher

Der Adrenalinspiegel ist am Maximum, Wolfgang verabschiedet sich mit Juchitzer und Rückwärtssalto aus der Maschine. Der Prüfling macht seine Sache gut, kontrolliert trickst er sich durch die Schwerelosigkeit. Erst bei 1200 Metern löst Wolfgang das "Hand-Deploy" aus, dazu schmeißt er einen Minifallschirm in die Luft, der wiederum den Hauptschirm aufmacht. Sollte das nicht funktionieren, müsste er sich auf seinen Reservefallschirm verlassen.

Alle Bilder und Video: Wolfgang Lienbacher, www.lienbacher.com

Berg- und Seenlandschaft aus der Luft; Teile eines Fallschirms sind zu sehen

Wolfgang Lienbacher

Doch alles läuft nach Plan: Druckausgleich, Segelflug, Landschaft genießen. Bei 100 Metern ist es für Wolfgang Zeit, den "Final Approach" einzuleiten. Auch das ist spektakulär anzusehen, da die Skydiver mit ziemlich viel Karacho auf die Landebahn zufliegen. Die Pros sliden elegant auf der Landefläche dahin bis sie zum Stehen kommen. Auch Wolfgang legt eine saubere Landung hin und ist somit stolzer Besitzer eines Fallschirm-Scheins. "Es ist ein unbeschreibliches Gefühl. Man lebt" sagt er mit einem dicken Grinser im Gesicht.

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